tag:blogger.com,1999:blog-1053317088399394362024-03-14T04:00:33.931-07:00Das TextprojektSchreibwerkstatt in Hamburg - Literarische Projekte - Privates Lektorat und Coaching - Einführungsreden und Katalogtexte zu zeitgenössischer KunstZettelhttp://www.blogger.com/profile/05972592629624420813noreply@blogger.comBlogger229125tag:blogger.com,1999:blog-105331708839939436.post-13637023968149999052024-03-14T03:59:00.000-07:002024-03-14T03:59:48.519-07:00Neuer Kurs der Schreibwerkstatt ab dem 8. April 2024<p>Liebe Literaturfreunde*innen!<br /><br />Am 8. April 2024 beginnt ein neuer Kursabschnitt 1 der Schreibwerkstatt "Das Textprojekt".<br /><br />Der Kursabschnitt 1 "Von der Idee zum ersten Entwurf" wendet sich vor allem an Schreibanfänger*innen, aber auch an Schreibende, die ihre handwerklichen Fertigkeiten verbessern wollen.<br /><br />Inhaltlich werden wir uns mit literarischen Grundkonflikten beschäftigen, mit der Gestaltung lebendiger Charaktere, dem Entwurf überzeugender und packender Handlungsverläufe und deren Struktur sowie allgemeinen dramaturgischen und handwerklichen Problemen.<br /><br />Die Unterrichtseinheiten werden begleitet von Hausaufgaben, in denen die Teilnehmer*innen die erlernten Techniken ausprobieren können - gerne auch im Rahmen eigener, bereits vorhandener Projekte. Die so entstandenen Texte werden in der Gruppe besprochen. Alles darf, nichts muss...<br /><br />ANMELDUNG per E-Mail: thomas.piesbergen (at) gmx.de<br /><br />Die Themen im Einzelnen:<br /><br />• Schreibmotivationen<br />• Authentizität und Fiktion<br />• Schreibmethoden<br />• Literarische Reduktion: Themen und Prämissen<br />• Konflikte und Transformation<br />• Charaktere: Protagonist und Antagonist<br />• Charaktere: Nebenfiguren und Dritte Kraft<br />• Charaktertiefe<br />• Charakterisierung<br />• A-, B- und C-Story<br />• Konflikte und ihre Entwicklung<br />• Akute Konfrontationen und verdeckte Konflikte<br />• Entwurf des Handlungsverlaufs: „Schicksalskurven“<br />• Gliederungsschemata: Dreiakter, Heldenreise, Regeldrama u.a.<br />• Struktur: Szenen, Schwellen, Spiegelungen, Motive<br />• Mechanismen der Eskalation<br />• Plot und Gegenplot<br />• Spannung erzeugen<br />• Das Setting<br />• Schauplätze<br />• Schreibhemmungen<br /><br /><br />Ort: Atelierhaus Breite Straße 70<br />Kursdauer: 2 Monate (8 x 2 Stunden)<br />Teilnahmegebühr: 200,- € / ermäßigt 160,- €<br />Zeit: Montags 19:30 - 21:30<br /><br /><br /></p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjxuRKZibpo6bAjcdfKILXtzFSLX1sEr_r-_7lfMyv11M5DHC8xqlBr48RmizeR7uny-1dTahUjYtQYjcy8KreVIQ8ij2Yaoe_HFHN6FUPVNYVm0NRFCzG5RAU8xCRaHFVyM_QaOHUjotTCALRnMvLJEme7pegtxDy14f_WrxSEP6KiPqLXE8JfmNlGuWOs/s10525/TXT%201%20Aushang%20neue%20Version%202024.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="10525" data-original-width="7437" height="609" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjxuRKZibpo6bAjcdfKILXtzFSLX1sEr_r-_7lfMyv11M5DHC8xqlBr48RmizeR7uny-1dTahUjYtQYjcy8KreVIQ8ij2Yaoe_HFHN6FUPVNYVm0NRFCzG5RAU8xCRaHFVyM_QaOHUjotTCALRnMvLJEme7pegtxDy14f_WrxSEP6KiPqLXE8JfmNlGuWOs/w430-h609/TXT%201%20Aushang%20neue%20Version%202024.jpg" width="430" /></a></div><br />Zettelhttp://www.blogger.com/profile/05972592629624420813noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-105331708839939436.post-69293527780582099272024-01-28T04:15:00.000-08:002024-01-28T04:15:22.020-08:00Heute, 28. Januar 2024 in Hamburg<p> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjrX9qB92VtrRCEbDzvdo7_UJOm-BsxdtKS4Ls76lF1rjHY92rsXsJohYP9CVV1ttfwBEJr6pQf4brZASTuCbultkjikvAEoPoi7xGtqBLLp8ijltLddhPyB-Ecbhn5_VxMyKkoXdpewlKgCBSiQ1M1CnwUBbHqeG4zpxRxF6tePBs9g4z4GFkvh8CkUKpz/s1080/zusammenhalt.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1080" data-original-width="1080" height="320" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjrX9qB92VtrRCEbDzvdo7_UJOm-BsxdtKS4Ls76lF1rjHY92rsXsJohYP9CVV1ttfwBEJr6pQf4brZASTuCbultkjikvAEoPoi7xGtqBLLp8ijltLddhPyB-Ecbhn5_VxMyKkoXdpewlKgCBSiQ1M1CnwUBbHqeG4zpxRxF6tePBs9g4z4GFkvh8CkUKpz/s320/zusammenhalt.png" width="320" /></a></div><br /><p></p>Zettelhttp://www.blogger.com/profile/05972592629624420813noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-105331708839939436.post-22613482752057463642024-01-22T01:10:00.000-08:002024-02-12T08:36:45.130-08:00Die Verflechtungen des Noch-Nicht-Gewordenen - Einführung in die Jahresaustellung "Andere Verhältnisse" des BBK Hamburg von Dr. Thomas Piesbergen<p></p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhgWjqBdUXAj6idg2SuazIYyZhURUhnzc5i-PIvNvt3Vp_FPN3PsRATZSqd5NrHVH7uMFpUSSUUmYb0j6kew2OgYQFjQNno_P9ZfscW7F7-WeUX09ntZ00iSkm3Q1iIn0ik95t2OYJwjGkzcyF4aXaKKY9Ris5H2RoFsh5HnaRSda6c2BOHkKPTahtx4q3m/s598/andereverhaeltn-1.jpeg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="598" data-original-width="480" height="397" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhgWjqBdUXAj6idg2SuazIYyZhURUhnzc5i-PIvNvt3Vp_FPN3PsRATZSqd5NrHVH7uMFpUSSUUmYb0j6kew2OgYQFjQNno_P9ZfscW7F7-WeUX09ntZ00iSkm3Q1iIn0ik95t2OYJwjGkzcyF4aXaKKY9Ris5H2RoFsh5HnaRSda6c2BOHkKPTahtx4q3m/w319-h397/andereverhaeltn-1.jpeg" width="319" /></a></div><br /> <p></p><p style="text-align: justify;">Für die diesjährige Ausstellung des BBK unter dem Titel „Andere Verhältnisse“ haben sich die Kurator*innen, angesichts einer Welt, die zusehends aus den Fugen gerät und erfüllt ist von dystopischen Narrationen, von dem Philosophen Ernst Bloch und seinem Begriff der Utopie inspirieren lassen.<br /><br />Nach Bloch ist der Mensch ausgestattet mit einem Überschuss an nicht realisierten Möglichkeiten, die ihn als „Bedeutungshof“ umgeben. Er selbst befindet sich hingegen in dem „Noch-Nicht-Gewordenen“, das er als Mangel empfindet. <br />Das Empfinden dieses Mangels im Kontrast zu dem utopischen „Bedeutungshof“ des Möglichen bringt den Menschen jedoch, in Blochs Worten, „auf den Weg“. Diesen Weg bezeichnet er als „Tertium“, als ein Drittes Element zwischen dem Nicht-Mehr-Sein und dem Noch-Nicht-Sein. Das Tertium kann also nur verstanden werden als ein Prozess, der für Bloch, ausgehend von seinem marxistischen Hintergrund, immer mit der Idee des Fortschritts verbunden ist. <br />Mensch und Gesellschaft sind also „noch nicht bei sich angekommen“ und bewegen sich unentwegt auf einen Möglichkeitsraum zu, der sich in verschiedenen utopischen Gesellschaftsentwürfen, in der Musik, der Kunst und den Tagträumen abbildet. Diese antizipierten Möglichkeiten, die in Handlung überführen, nennt Bloch „konkrete Utopien“, die sich schließlich in einem „breiten, elastischen, völlig dynamischen Multiversum“ realisieren sollen.<br /><br />Doch wenn Bloch dieses Tertium als einen Prozess des Werdens bezeichnet, ist es notwendig, sich mit der Bedingtheit und der Natur gesellschaftlicher Entwicklungsprozesse eingehender zu beschäftigen. <br /><br />Das hat vor allem der Soziologe Norbert Elias mit seinem Werk „Der Prozess der Zivilisation“ getan. Nach ihm verlaufen alle Bewegungen der menschlichen Kultur in Form sogenannter „Figurationen“. Darunter versteht er komplexe, prozessuale Geflechte von Beziehungen und Abhängigkeiten, die kulturelle Erscheinungen in einem Kontinuum von der individuellen Psychologie bis hin zu Staatsgefügen formieren. Die gesellschaftlichen Manifestationen können niemals unabhängig vom Individuum gedacht werden, noch als statische Erscheinungen, sondern sie gehen hervor aus der Summe der Handlungen voneinander abhängiger Individuen. Weder ist es nach Elias möglich, sich Institutionen oder Staaten als eigenständige Strukturen, noch Individuen als isolierte Entitäten zu denken, denn der Einzelne, unabhängig von seinen Beziehungen zu anderen Individuen, ist für Norbert Elias nicht denkbar. Die Individuen konstituieren sich einzig und allein durch ihre dynamischen Beziehungen zueinander, ihre sog. Interdependenzen, und bilden so vernetzte Ensembles aus Selbstwahrnehmung und Menschenbild, Verhaltensregeln, Zeitgeist, Religionen, Hierarchien und sozio-ökonomischen Organisationsformen.Thomas Mann schrieb dazu in seinen Betrachtungen eines Unpolitischen: „Die Persönlichkeit, nicht die Masse, ist die eigentliche Trägerin des Allgemeinen.“<br /><br />So wie gesellschaftliche Institutionen formierend auf das individuelle Handeln wirken, ist der gesellschaftliche Kontext auch immer an dem originären individuellen Handeln ablesbar.<br />Dementsprechend bilden sich Figurationen sowohl auf der kulturellen Mikro- wie auf der Makro-Ebene ab, sowohl in der individuellen Psychologie und den gesellschaftlichen Gepflogenheiten als auch in der Staatsform und können auf all diesen Ebenen beobachtet werden.<br /><br />Hier offenbart sich nun die zeitgenössische Kunst als ideales Mittel, um sich den Figurationen unserer Gesellschaft und den darin verlaufenden, dynamischen Prozessen zu nähern. Denn die Kunst hat schon lange aufgehört bloß abbildend zu sein. Schon lange reflektiert sie das ganze Spektrum von ihren formalen und materiellen Bedingungen, ihrer eigenen Medialität und ihrem gesellschaftlichen Kontext, den Prozessen ihrer Aneignung und Verwertung, bis hin zu dem individual-psychologischen Blinden Fleck der Künstler*innen, der ihr Ausgangspunkt ist. All dies überführt sie in konkrete Handlung<br />So ist sie nicht nur ein idealer Spiegel gesellschaftlicher Verhältnisse, sondern auch das, was Ernst Bloch als „Heimat“ bezeichnet, denn für ihn ist Heimat kein Ort ist, sondern eine Perspektive, die Zielrichtung der Hoffnung. „Nicht nur wir, sondern die Welt selber ist noch nicht zu Hause.“. <br /><br />Vor diesem theoretischen Hintergrund möchte ich nun die einzelnen künstlerischen Positionen dieser Ausstellung kurz beleuchten.</p><p style="text-align: justify;"> </p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgl7qvRIt_ZvIc-vzshzJmueq2eZPLPthLjjODEd5zB1lB2Z9JQT5iikn09LvGPWLqa48YgxwT6zZ4zlOAhFHZJ-xJoe0SxZPBGG4v2pfpdKovtMUldcnRIdDn57L9H4yCfsrKqRF7i7RkwGB3tJQ7rI1kpha3-6EdO4aMbcFGbmNfbh9XSRpnL-IvafTQU/s2362/bild1159.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="1968" data-original-width="2362" height="267" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgl7qvRIt_ZvIc-vzshzJmueq2eZPLPthLjjODEd5zB1lB2Z9JQT5iikn09LvGPWLqa48YgxwT6zZ4zlOAhFHZJ-xJoe0SxZPBGG4v2pfpdKovtMUldcnRIdDn57L9H4yCfsrKqRF7i7RkwGB3tJQ7rI1kpha3-6EdO4aMbcFGbmNfbh9XSRpnL-IvafTQU/s320/bild1159.jpg" width="320" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Jadranko Rebec, "Painted Puzzle"<br /></td></tr></tbody></table><p style="text-align: justify;">Mit seiner Arbeit „Painted Puzzle“ verwirft <b>Jadranko Rebec</b> gleich mehrere der traditionellen Vorstellungen, was Kunst sei. Zunächst kehrt er sich ab von der Vorstellung des vollendeten Kunstwerks. Das „Painted Puzzle“ befindet sich seit 2019 in einem kontinuierlichen Entwicklungsprozess, es ist ein Stück Work-in-Progress und die Interaktion von Künstler und Werk kann präzise mit dem Nicht-Mehr-Sein und dem Noch-Nicht-Sein der Bloch’schen Terminologie bezeichnet werden. Doch es ist nicht nur auf dieser Ebene unvollendet. Das Noch-Nicht-Gewordenen setzt sich fort auf der Ebene der Rezeption, denn durch die Möglichkeit, die einzelnen Bildelemente zu bewegen, ist das Werk nicht nur für den Künstler stets unvollendet, sondern auch für die Rezipient*innen, die selbst die Beziehungen der einzelnen Bildelemente ändern können - und sollen. Erst wenn die unbegrenzten Möglichkeiten der Anordnung des Painted Puzzles aktiv erforscht werden, tritt das Werk in einem stetigen Formierungsprozess ganz zutage.<br />Diese Beziehung zwischen Betrachter*innen und Werk stellen zugleich die grundlegenden Figurationen kulturellen Konsums und dessen Hierarchie in Frage. Die Betrachter*innen, denen üblicherweise verboten ist, Ausstellungsstücke zu berühren, werden hier konkret dazu aufgefordert, und überwinden dadurch ihre hierarchische Position als bloße Konsument*innen. Sie selbst werden schöpferisch aktiv und vervollständigen das Werk durch ihre Beteiligung. Dadurch relativieren sie die hierarchiegenerierende Urheberschaft des Künstlers. Wir erleben eine utopische Demokratisierung der Kunst.</p><p style="text-align: justify;"><br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjw1jDjvH4uGSAkNsGBDPRifuF5OY-oJEQWPqtEyKTAdbF7EejdOr4-TTcxhaFyiGs_zpFDfBPLppLDz4hojbtrQB0Yc_6dPCOTJzQ2mGq-c5uLis7QyNIbiLeY5GZjmwtce6DBl0mJ27yFuinyfD6-JDEHE8FfmY3pugXUp_94BXkmSFabDOboZx4ZIoHx/s640/a%20bbk%20doku%204%20LTD3797%20Kopie.jpeg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="640" data-original-width="474" height="541" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjw1jDjvH4uGSAkNsGBDPRifuF5OY-oJEQWPqtEyKTAdbF7EejdOr4-TTcxhaFyiGs_zpFDfBPLppLDz4hojbtrQB0Yc_6dPCOTJzQ2mGq-c5uLis7QyNIbiLeY5GZjmwtce6DBl0mJ27yFuinyfD6-JDEHE8FfmY3pugXUp_94BXkmSFabDOboZx4ZIoHx/w401-h541/a%20bbk%20doku%204%20LTD3797%20Kopie.jpeg" width="401" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Jaques Sehy, "Alles Banane"<br /></td></tr></tbody></table><br /><p style="text-align: justify;">Auch <b>Jaques Sehy</b> bricht mit seiner Arbeit „Alles Banane“ aus dem traditionellen Bezugsrahmen der Kunst aus, in dem er alte Bananenschalen als Material nutzt. Dabei entstehen Kompositionen, die an Kalligrafien oder abstrakte Tuschzeichnungen erinnern. <br />In dem er den Bezugsrahmen ändert, führt er eine kulturelle Umdeutung herbei. Etwas, das sonst lediglich als Abfall wahrgenommen wird, wird einzig und alleine durch den Umstand der Ausstellung zu einem Kunstwerk. In der Bloch’schen Terminologie könnte man sagen, dass Sehy durch die Präsentation der Bananenschalen deren sonst unsichtbaren Bedeutungshof konkretisiert und sichtbar gemacht hat, sowie den Prozess, der dazu notwendig war.</p><p style="text-align: justify;"><br /></p><p style="text-align: justify;"></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjcMOPTGOOW8kacvw4obaG3-y-KUEhUwc0OMtyUmoWnSYnk6_EvNmUpM6tDKlfxcOCYO6CPHuYFqCCOD-NJiFQw2ov_-UaNlng2h6ixvOERXEVWjZIkvzdGzHkHHY3777MhHMnoIDnTa8m6S0J9BRlwUGkIzmBbq96oZAytWvQIpO0tmkLIPSWVqm6Hzj2a/s2792/Martin%20Conrad%20IMG_6057_2.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="2792" data-original-width="2160" height="513" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjcMOPTGOOW8kacvw4obaG3-y-KUEhUwc0OMtyUmoWnSYnk6_EvNmUpM6tDKlfxcOCYO6CPHuYFqCCOD-NJiFQw2ov_-UaNlng2h6ixvOERXEVWjZIkvzdGzHkHHY3777MhHMnoIDnTa8m6S0J9BRlwUGkIzmBbq96oZAytWvQIpO0tmkLIPSWVqm6Hzj2a/w398-h513/Martin%20Conrad%20IMG_6057_2.jpg" width="398" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Martin Conrad, "Wie sie die offene Ebene / Der schlafende Apoll"<br /></td></tr></tbody></table><br /><p style="text-align: justify;">Für <b>Martin Conrad</b> wiederum steht der intuitive Werkprozess, in dem sich die konkrete Utopie offenbart, im Vordergrund. Er lässt sich nach einem ersten, vom Unbewussten ausgelösten Gestaltungsimpuls leiten, von den Leerstellen zwischen den Bildelementen, und entwickelt seine Arbeiten in einem ergebnisoffenen Prozess von Konstruktion und Dekonstruktion. Für die Arbeit „Wie sie die offene Ebene / Der schlafende Apoll“ ließ er sich inspirieren von dem Bild „Der schlafende Apoll“ des Renaissancemalers Lorenzo Lotto. Während der Gott im Wald träumt, tanzen die nackten Musen auf einer Wiese im Hintergrund. Zu seinen Füßen sind deren farbige Kleider ausgebreitet.<br />Im Sinne Blochs, der auch den Tagtraum zu den konkreten Utopien zählt, können wir die umgedrehte Leinwand, die das Zentrum der Arbeit bildet, als den von Apoll herbeigeträumten Möglichkeitsraum lesen, aus dem die Arbeit suksessive hervorgegangen ist und der sich auch in der Vorstellung der Betrachter*innen öffnet, die sich fragen mögen, was sich auf der Vorderseite der Leinwand verbirgt.</p><p style="text-align: justify;"><br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEicxyBjmpWzR6NclN4RR5TiDoE7dhRu0nUMNLSjlR5APYxQheCaJPbO-rCiJrSuIWXnxL9MwljgxJwvzyXgPINUsk8ft9OvjU6njfoMHKr2EtQnujbeGzzmWKvIh_hYe680p6rnJLzHC0MyloA0u9wK745qnCiXbsMNmAZBgszN1xXHT2xBLGGZHL8hAd2U/s1122/01_Oehmsen_Winterlandschaft_in_Berlin_niedrige_Aufloseung.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="800" data-original-width="1122" height="349" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEicxyBjmpWzR6NclN4RR5TiDoE7dhRu0nUMNLSjlR5APYxQheCaJPbO-rCiJrSuIWXnxL9MwljgxJwvzyXgPINUsk8ft9OvjU6njfoMHKr2EtQnujbeGzzmWKvIh_hYe680p6rnJLzHC0MyloA0u9wK745qnCiXbsMNmAZBgszN1xXHT2xBLGGZHL8hAd2U/w490-h349/01_Oehmsen_Winterlandschaft_in_Berlin_niedrige_Aufloseung.jpg" width="490" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Lena Oehmsen, "Winterlandschaft"<br /></td></tr></tbody></table><br /><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgOp9h4sWLXeKRyk3ZEexLCtUobW8rJMY_s9nViUpmUpGk_SxNyKR4omcksuzKAWHZWL1shQzpL8z3uQ6g6ceWpMYJHxwv9pFrVkia-hvG1WK7alrdzRBE1EsUZlxNpXJm1FT1v_gkpmZJKKjmKfJafUTwC5ldgr_iZpmH-TUqJA9_TnO70Wb6IT92Okk7a/s1122/02_Oehmsen_Waldlandschaft_mit_See_niedrige_Aufloesung.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="800" data-original-width="1122" height="348" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgOp9h4sWLXeKRyk3ZEexLCtUobW8rJMY_s9nViUpmUpGk_SxNyKR4omcksuzKAWHZWL1shQzpL8z3uQ6g6ceWpMYJHxwv9pFrVkia-hvG1WK7alrdzRBE1EsUZlxNpXJm1FT1v_gkpmZJKKjmKfJafUTwC5ldgr_iZpmH-TUqJA9_TnO70Wb6IT92Okk7a/w487-h348/02_Oehmsen_Waldlandschaft_mit_See_niedrige_Aufloesung.jpg" width="487" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Lena Oehmsen, "Waldlandschaft mit See"<br /></td></tr></tbody></table><br /><p style="text-align: justify;"><br /><b>Lena Oehmsen</b> hingegen setzt sich ganz konkret mit den Interdependenzen ihrer persönlichen Lebenssituation und den Gepflogenheiten des Kunstbetriebs auseinander, sie weist auf einen faktischen Mangel hin, also auf etwas Noch-Nicht-Gewordenes, und setzt die daraus erwachsende konkrete Utopie in ihrem künstlerischen Prozess um, mit dem sie schließlich durch Sichtbarmachung des Mangels dazu beitragen will, denselben in einem möglichen künftigen, untopischen Szenario zu überwinden. Nach der Geburt ihres ersten Sohnes musste sie mit der Tatsache umgehen, dass, wie Larissa Kikol schrieb, einem alkoholkranken Künstler immer noch mehr zugetraut wird, als einer gesunden Künstlerin mit Kind.<br />Anstatt, wie oft üblich, ihre Elternschaft möglichst unsichtbar zu machen, rückt sie sie ins Zentrum ihres Kunstschaffens. So basieren die Graphen ihrer „Winterlandschaft in Berlin“ auf den Fieberkurven ihres Sohnes im Verlauf eines Winters. <br />Die „Waldlandschaft mit See“ wiederum entstand aus der Aufzeichnung ihrer nun dramatisch fragmentierten Arbeitszeiten. Für diesen isolierten Werkzusammenhang scheint die Verwirklichung der konkreten Utopie geglückt, doch für die Figuration des noch immer patriarchalisch geprägten Kunstbetriebes, in den das künstlerische Konzept hinein wirken soll, muß leider nach wie vor gelten, dass er vorwiegend im Noch-Nicht-Gewordenen steckt.<br /><br />Während Ernst Bloch die Realisierung der konkreten Utopien immer als einen zielgerichteten Fortschritt begreift, lehnt Norbert Elias diese Idee ab, ebenso wie der von ihm beeinflusste Soziologe Anthony Giddens. Beide gehen vielmehr davon aus, dass die Handlungen der Vielen auf einer höheren gesellschaftlichen Ebene Interdependenzgeflechte und damit kulturelle Erscheinungen und Strukturen hervorbringen, die nichts mit den Absichten der Individuen zu tun haben müssen. In diesem Sinne kann man die „Erfindungen für eine bessere Welt“ von <b>Stefan Oppermann</b> lesen. <br />Auf seinen Zeichnungen sehen verschiedene Figuren, die durch ihre schematische Darstellung als über-persönlich verstanden werden können. Sie sind jeweils mit irritierenden, fremdartigen Objekten verstrickt, deren Funktion, Sinn und Unsinn obskur bleibt. Deutlich wird nur: Die hinter ihnen stehende Absicht, mit ihnen eine bessere Welt zu gestalten, ist offenkundig gescheitert. Mittels einer hochkomplexen Technik wurden hier Dinge erschaffen, die sich vollständig von den eigentlichen menschlichen Bedürfnissen gelöst haben, den Menschen aber dennoch in ihre Strukturen zwängen. Sie stehen für die gut gemeinte Utopie, die sich durch Entfremdung vom Menschen in eine höchst unbequeme Dystopie gewandelt hat.</p><p style="text-align: justify;"> </p><p style="text-align: justify;"></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgHKEC7TarsWyovxS-SnGUISOJ2aA1dC8d884vi8b9K8iuLDnPPLHSAzng__hxWp6YiyqdlBVAw7LzRzNSQLsgib_TdbbpVL2VEUA-GLI5lSKKbPHEPxOTckENUcBwIm8Lmtli7LsiJPvtxOESN3nJ-ICKrTksVWk-O0uUVU37DdypTOGd5-SUWqQb__iW9/s1500/a%20Diffusionisten-Ausstellungsansicht-Andere-Verha%CC%88ltnisse-3.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="1500" data-original-width="1001" height="634" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgHKEC7TarsWyovxS-SnGUISOJ2aA1dC8d884vi8b9K8iuLDnPPLHSAzng__hxWp6YiyqdlBVAw7LzRzNSQLsgib_TdbbpVL2VEUA-GLI5lSKKbPHEPxOTckENUcBwIm8Lmtli7LsiJPvtxOESN3nJ-ICKrTksVWk-O0uUVU37DdypTOGd5-SUWqQb__iW9/w424-h634/a%20Diffusionisten-Ausstellungsansicht-Andere-Verha%CC%88ltnisse-3.jpg" width="424" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Kai Brüninghaus, "Diffusionisten: A time capsule beyond reality"<br /></td></tr></tbody></table><br /><p style="text-align: justify;">Das Projekt „Diffusionisten: A time capsule beyond reality“ von <b>Kai Brüninghaus</b> greift ein derzeit virulentes Thema auf: das Generieren von Bildern mit KI. Im Internet frei zugängliche Bildgeneratoren vermitteln zahllosen Menschen erstmals das Gefühl, ihren visuellen Möglichkeitsraum aktiv erkunden zu können, Noch-Nicht-Gewordenes werden zu lassen und die Utopie künstlerischen Schaffens realisieren zu können. Zugleich wird die dystopische Seite dieser Entwicklung aufgezeigt, in dem die KI-generierten Bilder des Künstlers vermeintlich authentische Fotografien von technischen Errungenschaften in einer alternativen Vergangenheit zeigen. Die mediale Selbstreferenz wird unterstrichen durch die Präsentation der Bilder in einem altmodischen Fotoalbum. In diesem Zusammenhang erscheint die bildgenerierende KI selbst wie eine „Erfindung für eine bessere Welt“, die nicht nur eine Demokratisierung der Bildproduktion hervorbringt, sondern die zugleich tiefe Löcher in unser Verhältnis zu Bild und Wirklichkeit reissen wird.</p><p style="text-align: justify;"><br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEj1TJ9dP-1kqDpVU6akxQ5bGmwbtJwPrJTliqJmUP1iztpmEYg9H9tLWaR_A9BbjtUFD_6TcTSRoyK-5jQyIom5ck5TOIxPWUII-lUqLDfvDGOx6M7nYkzBjPlFRXSCMnmRTCx7FWRxjRu58xw7F5-BUcvTpX3ymPXDGqan7FFucuyLc-YGy96Uv7CQCPuF/s4032/a%20IMG_8757.JPG" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="4032" data-original-width="3024" height="320" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEj1TJ9dP-1kqDpVU6akxQ5bGmwbtJwPrJTliqJmUP1iztpmEYg9H9tLWaR_A9BbjtUFD_6TcTSRoyK-5jQyIom5ck5TOIxPWUII-lUqLDfvDGOx6M7nYkzBjPlFRXSCMnmRTCx7FWRxjRu58xw7F5-BUcvTpX3ymPXDGqan7FFucuyLc-YGy96Uv7CQCPuF/s320/a%20IMG_8757.JPG" width="240" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Ursula Steuler, Hatun Demir, "Suche: Weises bettuch"<br /></td></tr></tbody></table><p style="text-align: justify;"><br />In der Arbeit „Suche: Weises bettuch“ von <b>Ursula Steuler</b>, die sie in Kooperation mit der Kurdin <b>Hatun Demir</b> erstellt hat, wird eine ganz konkrete Figuration behandelt, die Norbert Elias die Figuration von Etablierten und Aussenseitern nennt. Hatun Demir fertigt schon seit Jahren Näh- und Stickarbeiten für Ursula Steuler aus. Die traditionelle Handarbeit, die zudem weiblich konnotiert ist, wird ganz nach der Logik der genannten Figuration der Aussenseiter, von ihr selbst aber als minderwertig angesehen und im Privaten verborgen, da sie nicht aus dem Kontext der deutschen Kultur entstammt, an den sie sich anpassen möchte. Zugleich ist die Rolle der Aussenseiterin nicht frei gewählt. Dieser Ist-Zustand der Selbstabwertung, des Bloch’schen Noch-nicht-bei-sichAngekommenen“, nutzt Ursula Steuler, um mit dem mehrdeutigen Satzfragment „Ich würde“ die Frage nach einer individuellen Utopie zu stellen und damit den Möglichkeitsraum dessen, der den Satz vervollständigt, Gestalt annehmen zu lassen. Damit korreliert auch die formale Ebene. Etwas, das zuvor privat und unsichtbar war, nämlich eine abgewertete Handarbeit, wird öffentlich und findet zu einer Stimme.<br /><br />Denselben Weg schlägt auch <b>Bojana Fuzinato</b> mit der Arbeit „Privat und /oder öffentlich“ ein. Bei ihr übertritt ein Stück Stoff, das ihre Großmutter gewebt hat, die Schwelle vom Privaten zum Öffentlichen. Hier betont die Wahl des Materials aber noch einen anderen Bedeutungsraum. Webarbeit ist traditionell eine häusliche, und deshalb in den meisten Kulturen eine weibliche Tätigkeit. Noch in Kontexten, in denen wir die progressiven Bestrebungen der Moderne beheimatet sehen, wie z.B. im Bauhaus, wurden Künstlerinnen wie Anni Albers, Gunta Stölzl oder Otti Berger in die sog. „Frauenklasse“ verbannt, in der uasschließlich gewebt wurde. Die Ergebnisse wurden nicht als Kunst betrachtet, sondern als dekorative Vorlage für die industrielle Produktion.<br />Indem Bojana Fuzinato Fetzen des als weiblich und privat gewerteten Materials mit Kunstharz fixiert und so zum Objekt werden lässt, behauptet sie dessen Wertigkeit als Kunstwerk und macht, durch den eingestickten Verweis auf ihre Großmutter, auf die Verhältnisse aufmerksam, die dem weiblichen Kunstschaffen die gerechtfertigte Anerkennung generell verweigern und dadurch Figurationen schafen, in denen die Frauen selbst die Bedeutung ihrer Arbeit oft nicht wertzuschätzen wissen.<br /><br /><b>Anna Bochkova</b> richtet ihre künstlerische Befragung an das Verhältnis zwischen Mensch und Raum, das sich, in der Terminologie Pierre Bordieus als „strukturierende Struktur“ manifestiert, als ein rückgekoppelter Prozess, in dem der Mensch seine Umwelt gestaltet und von ihre gestaltet wird. Werkinhärent wählt sie für ihre Arbeit „Alien Commitment“ dabei nicht den Blick Blochs auf das Individuum, das Veränderungen herbeiführt, in dem es seine persönliche konkrete Utopie ausagiert, sondern sie bricht den gleichförmigen kulturellen Reproduktionsprozess, in dem sie Modelle eines spekulativen Raums schafft, der den Menschen dazu nötigt, andere, noch-nicht-gewordene Handlungsroutinen und Beziehungsgeflechte zu entwickeln. Da der Raum auch immer ein Teil non-verbaler Kommunikation ist und Beziehungen und damit die Figurationen der erlebten Wirklichkeit nur in der Kommunikationn in Erscheinung treten, erwirkt ein neuer räumlicher und materieller Kontext auch immer eine Veränderung der menschlichen Verhältnisse. Doch ob diese Verhältnisse schließlich utopischen oder dystopischen Charakter haben werden, lässt Anna Bochkova durch die Fremdartigkeit der Modelle ihres spekulativen Raums bewusst offen.</p><p style="text-align: justify;"><br /></p><p style="text-align: justify;"></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhOmoQNT7dISg6Q1v7sG668AwAeQMqOink84vs29glgNdYlk_EOz5_WtTThOo5wvSBiMA_SRuUbgGWw8GnohNkmCKeRB7IoKIEYUFrJnASa44qRlYO_XUSS_EIN09ZMQYBMvvIQvT1NCNwgBy14hyphenhyphenBxal2chsOxTZDPLqMo7t1yjoZX-FSa7jJRyC75uibV/s1260/aIMG_20240123_131212_218.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="1260" data-original-width="1260" height="445" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhOmoQNT7dISg6Q1v7sG668AwAeQMqOink84vs29glgNdYlk_EOz5_WtTThOo5wvSBiMA_SRuUbgGWw8GnohNkmCKeRB7IoKIEYUFrJnASa44qRlYO_XUSS_EIN09ZMQYBMvvIQvT1NCNwgBy14hyphenhyphenBxal2chsOxTZDPLqMo7t1yjoZX-FSa7jJRyC75uibV/w445-h445/aIMG_20240123_131212_218.jpg" width="445" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Anna Goldmund, „Homo absconditus" </td></tr></tbody></table><br /><p style="text-align: justify;">Auch <b>Anna Goldmund</b> beschäftigt sich mit der Interdependenz von Mensch und Raum, wobei der Raum sowohl konkreter Handlungsanlass wie auch Metapher ist. Der Titel der Arbeit „Homo absconditus“, ist der Terminologie des Philosophen Helmuth Plessners entlehnt und bedeutet „der unergründliche“ oder „der verborgene Mensch“. Sie besteht aus einem hellen, perforierten Stoffkubus, der sowohl die Anmutung eines Kokons hat, als auch, seiner provisorischen Bauart wegen, an Notunterkünfte in Flüchtlingscamps denken lässt. Performativ bespielt durch die Künstlerin wird er zu einem Ort des Transits und der Transformation. Dabei kommt der Heimatbegriff Ernst Blochs ins Spiel, für den Heimat kein Ort ist, sondern die Zielrichtung der Hoffnung. „Nicht nur wir, sondern die Welt selber ist noch nicht zu Hause.“<br />Der Kubus wird zum ephemeren, durchlässigen Gehäuse des auf die utopische Heimat zudenkenden Menschen, der sich zugleich, stets im Werden befindlich, allen Fremdzuweisungen und statischen Definitionen entzieht.</p><p style="text-align: justify;"><br /></p><p style="text-align: justify;"></p><p style="text-align: justify;"></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg6Yp7D4FF1RErAnI-erZPpZXhqB8BwsP2JxVE2n7v1JvUNOaqBCre5h3qwzb-ORuEXcDV04s77jezZnzeKsrmNPqyrCX0nx17G1W5n48LFjf01zkUXPZ2etQzLBkDkxGIHtdK4s1C7n8wlJTEHYCoKIwisqFps0KRqMrjFz3-lfzdBi145HWXa-jjaUYgG/s4500/JanineGerber_II_gro%C3%9F.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="3000" data-original-width="4500" height="318" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg6Yp7D4FF1RErAnI-erZPpZXhqB8BwsP2JxVE2n7v1JvUNOaqBCre5h3qwzb-ORuEXcDV04s77jezZnzeKsrmNPqyrCX0nx17G1W5n48LFjf01zkUXPZ2etQzLBkDkxGIHtdK4s1C7n8wlJTEHYCoKIwisqFps0KRqMrjFz3-lfzdBi145HWXa-jjaUYgG/w479-h318/JanineGerber_II_gro%C3%9F.jpg" width="479" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Janine Gerber, "Papier Raumkörper"<br /></td></tr></tbody></table><br /><p style="text-align: justify;">Mit der Performance „Papier Raumkörper“ setzt <b>Janine Gerber </b>den Prozess zwischen Nicht-Mehr- und Noch-Nicht-Sein ganz konkret in Szene. Indem sie eine große Papierbahn entrollt, sich mit ihr bewegt und dadurch einen sich stetig wandelnden Raumkörper schafft, der im Sinne einer strukturierenden Struktur wieder auf ihren Körper und die gestaltenden Bewegungsabläufe zurückwirkt, entwirft sie nicht nur ein Bild des Menschen, der den eigenen Möglichkeitsraum erforscht. Sie veranschaulicht auch den Umstand, dass das handelnde Individuum in diesem Prozess zwar im Rahmen seiner Verhältnisse einer konkreten Utopie folgen kann und die Verhältnisse dadurch zu Nicht-Mehr-Seienden und Noch-Nicht-Gewordenen wandelt, dennoch aber in größerem Zusammenhang Erscheinungen und Strukturen hervorbringt, die von den ursprünglichen Absichten des Individuums entkoppelt sein können, wie Norbert Elias und Anthony Giddens es beschreiben. So vollzieht ihr Körper im subjektiven Erfahrungsraum gestische Abläufe im unmittelbar erlebten Raumkörper aus Papier; die Gesamtheit des Prozesses und dessen Ergebnis bleiben ihr aber, solange sie sich im performativen Vollzug befindet, verborgen. So entsteht ein Ganzes, das jenseits ihrer individuellen Absicht liegt.<br /><br />Eine ganz ähnliche Bewegung dokumentiert die Arbeit „on-and-on“ von <b>Anne Dingkuhn</b>. Ihre Medien jedoch sind nicht Körper und Papier, sondern das nach Orientierung suchende Bewusstsein und die es umgebenden Zeichen- und Symbolsysteme, die Norbert Elias als das „Sozio-Symbolische Universum“ bezeichnet, das als fünfte Dimension die vier Dimensionen der Raumzeit ergänzt. Bei der Erkundung des Möglichkeitsraums dieser Sphäre geht Anne Dingkuhn nicht rational-analytisch vor, sondern fängt die Symbolströme in der intuitiven Zone des Tagtraums ein, in der sich nach Bloch ebenfalls die konkreten Utopien abbilden. Mit der Installation zwei sich stetig drehender Erlenäste, die auf neurale Dendriten anspielen, erleben wir, wie sich diverse Zeichen aus dem sozio-symbolischen Universum in immer neuen, zufälligen Konstellationen anordnen und sich vielleicht zu bedeutsamen Mustern verbinden, die neue Perspektiven öffnen können und vielleicht auch jenseits des subjektiven Denkraums in die konkrete Aushandlung einer neuen Utopie führen können.</p><p style="text-align: justify;"><br /></p><p style="text-align: justify;"></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg8Tl5z-Q53z3XU2fKQkvyP9yGN2JSAHSEkV-2JQlVoeXdzMZBHf12YVY19utQTA5s3eWC6OA9sUvHU_BsY8EaC_o6fnLr6l8956oKH06msy7QaaIGs4WhRsNVLnfBqEwrYld6bKqAVg8Ahg0ybFKX41Fi7UwBeSv4gRcRPKcfMFRK6MGtqLuMhRPN7wQxM/s3354/aIMG_0753.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="3354" data-original-width="2810" height="466" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg8Tl5z-Q53z3XU2fKQkvyP9yGN2JSAHSEkV-2JQlVoeXdzMZBHf12YVY19utQTA5s3eWC6OA9sUvHU_BsY8EaC_o6fnLr6l8956oKH06msy7QaaIGs4WhRsNVLnfBqEwrYld6bKqAVg8Ahg0ybFKX41Fi7UwBeSv4gRcRPKcfMFRK6MGtqLuMhRPN7wQxM/w390-h466/aIMG_0753.jpg" width="390" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Vivi Linnemann, "Seeing Green"<br /></td></tr></tbody></table><br /><p style="text-align: justify;"><b>Vivi Linnemann</b> wiederum beschäftigt sich in ihrer Arbeit „Thinking Green“ mit dem Phänomen der Formierung utopischer Denk- und Handlungsmuster auf gesellschaftlicher Ebene. Einerseits sind viele Handlungsweisen, die noch vor 40 oder 50 Jahren als utopisch galten, wie die Anerkennung queerer Identität oder umweltbewusstes Handeln, inzwischen von vielen Menschen informalisiert worden, also jenseits eines Reglements erfolgreich in die Sphäre persönlicher Verantwortlichkeit übertragen worden, oder, um in Blochs Terminologie zu bleiben, zu einer Heimat im Sinne einer zielgerichteten Hoffnung geworden; andererseits zeitigen diese Veränderungen auch eine Instrumentalisierung dieser neuen Mindsets. Unternehmen spiegeln vor, verantwortlich zu handeln und dem Individuum einen Teil der Verantwortungslast abzunehmen, wie z.B. bei der Praxis des Greenwashings. Trotz dieser gezielten Täuschung tragen auch sie dazu bei, unserer Sicht auf die Welt einen neuen Rahmen zu geben, auch wenn unsere Handlungsweisen oft noch in Kontexten verstrickt sind, die wir bereits als obsolet erkannt haben. <br />So bietet uns auch Vivi Linnemann einen Rahmen an: Er ist Grün wie die Hoffnung, dennoch stammt er offenkundig aus einer Welt, in der Plastik allgegenwärtig ist. Aber immerhin ist es recyceltes Plastik, das uns ein Fenster zu dem Noch-Nicht-Gewordenen öffnen möchte.<br /><br />Nach der Prozesstheorie Elias’ korreliert ein Wandel der Verhältnisse auch immer mit einem Wandel des Individuums, da sich beide gegenseitig konstituieren. Folgerichtig werden Fragen zu der Rolle des Individuums in sich wandelnden Verhältnissen aufgeworfen: Wie weit kann der Mensch sich ändern? Ist diese Wandlungsfähigkeit Schwäche oder Stärke? Wann deuten wir die menschliche Anpassung als Sieg, wann als Niederlage? Kann sie Ergebnis des freien Willens sein, oder ist sie immer ein Sich-Fügen unter Zwang? <b>Jared Bartz </b>stellt dazu ein Ready-Made aus, einen Ast, der in einem unnatürlich anmutenden Winkel von nahezu 90° seine Wachstumsrichtung geändert hat. Und natürlich fragen wir uns: Welche Umstände haben zu diesem Wachstum geführt? Sehen wir vor uns ein Opfer dieser Umstände oder ein Zeichen der Hoffnung, dass ein Richtungswechsel ohne Verlust der eigenen Stärke möglich ist?<br /><br />In den Graphitzeichnungen der Serie „Zwischenleben“ von <b>Christiane Brey </b>zeigt sich der diffuse Zustand menschlichen Selbstverständnisses auf der Suche nach einer neuen, utopischen und ganzheitlichen Beziehung zur Welt. Denn das Individuum versucht nicht nur sich in seinen persönlichen Beziehungen, seinen ökonomischen oder politischen Verhältnissen zu manifestieren, sondern es sucht auch nach einer ganzheitlichen und unmittelbaren Verbindung mit dem Sein, mit der Welt. So sehen wir ihre Figuren, durchdrungen von Himmel und Wolken, sich mal in das eigentlich Unerreichbare recken, mal von der Erdanziehungskraft gebeugt. Wir sehen die Füße fest auf dem Boden ruhen. Die Körper, selbst wenn sie sich im Ephemeren aufzulösen scheinen, sind von einer überraschenden Massigkeit. Diese Polarität gemahnt an das Menschenbild des Thomas von Aquin, der uns Menschen als im Wandel befindliche Wesen begreift, die sich, auf dem Weg zur christlichen Utopie des Paradieses, auf einer Stufe zwischen Tier und Engel befinden.</p><p style="text-align: justify;"> </p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhEbtrw5SCyx6stn1k4v0KZRM4WUiOlrLbF6ueR4S_6iSZ95-Qal3e49OXgymPaPGAPLNuQymwQCD7pUyRDqjqangZHU3g_L3QLbsSXQ1HaolIvxdQPjbt-RPXmUwybr2BdOSjsCsW343ri15Jt3_TE_0I8yw-tRAOcpTXQhgjYQkff8YwnD9_lC4Q1sJ8z/s800/a%20KL_Miriam_Breig_ohne_Titel_2021_Oel_auf_Leinwand_70x90.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="614" data-original-width="800" height="246" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhEbtrw5SCyx6stn1k4v0KZRM4WUiOlrLbF6ueR4S_6iSZ95-Qal3e49OXgymPaPGAPLNuQymwQCD7pUyRDqjqangZHU3g_L3QLbsSXQ1HaolIvxdQPjbt-RPXmUwybr2BdOSjsCsW343ri15Jt3_TE_0I8yw-tRAOcpTXQhgjYQkff8YwnD9_lC4Q1sJ8z/s320/a%20KL_Miriam_Breig_ohne_Titel_2021_Oel_auf_Leinwand_70x90.jpg" width="320" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Miriam Breig, o.T. <br /></td></tr></tbody></table><p style="text-align: justify;">Auch <b>Miriam Breig</b> wendet sich auf ihren „Tableaus des Anderen“ der Unsicherheit zu, die hervorgerufen wird durch ein wachsendes Bewusstsein für die nahezu unüberschaubaren Interdependenzen, in die wir verstrickt sind. Die Illusion der Kontrolle unserer Verhältnisse scheint schon zu scheitern an der Übermacht des Unterbewussten, das unseren Alltag mit seinen Bildern überformt und, wenn schon nicht dem Verstand, so doch dem Gefühl vermittelt, das Mensch und Welt ein Noch-Nicht-Gewordenes, ein Noch-Nicht-Bei-Sich-Angekommenes sind.<br /><br />Während Ernst Bloch dem Menschen einen „Bedeutungshof“ der Möglichkeiten zuschreibt, geht der tschechische Literaturtheoretiker Lubomír Doležel, von dem sich Simone Kesting hat inspirieren lassen, von der Vorstellung aus, nicht nur wir, sondern unsere ganze Welt sei von unendlich vielen möglichen Welten umgeben. <br /><b>Simone Kesting</b> erforscht diese alternativen Welten zunächst zeichnerisch und sucht nach Spezies, die sich dort entwickelt haben könnten. Wären auch menschenartige Wesen die beherrschende Spezies, oder wären es Hohltiere, Stachelhäuter, Gliederfüßer oder Kolonien von Mehrzellern? Die Ergebnisse ihrer gezeichneten alternativen Evolution werden in Skulpturen umgesetzt, die bewusst mit irritierender Materialität spielen, um ihre Andersartigkeit zu betonen. Sie treten in den Rahmen der Ausstellung wie Botschafter aus einer Parallelwelt, die uns durch ihre bloße Anwesenheit verkünden: eine andere Welt ist möglich.<br /><br />© Dr. Thomas Piesbergen / VG Wort, Hamburg, Januar, 2024<br /></p><p style="text-align: center;"><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /></p><br />Zettelhttp://www.blogger.com/profile/05972592629624420813noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-105331708839939436.post-83783644938612623792024-01-19T04:27:00.000-08:002024-01-19T04:27:55.007-08:00Für eine freie, pluralistische Gesellschaft!<p></p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgwMPUg5REQwx0p5qvVFoYAKzMeAl0K43QvnD_k-ftvd2xb1aDJlBi7WKrzUED1cFjo97-iFMvZ908ErGByunE62EfySlq13pDalCjaClTckMYLpd-Qv75PwdP7L8RJjrtYoPdEVZF2ohLYYU0gd2zjWzBBQcYuFFGHbnQG-imaIjYrEMF1QXanpnK3uoBV/s474/Nazis%20Raus!.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="474" data-original-width="474" height="395" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgwMPUg5REQwx0p5qvVFoYAKzMeAl0K43QvnD_k-ftvd2xb1aDJlBi7WKrzUED1cFjo97-iFMvZ908ErGByunE62EfySlq13pDalCjaClTckMYLpd-Qv75PwdP7L8RJjrtYoPdEVZF2ohLYYU0gd2zjWzBBQcYuFFGHbnQG-imaIjYrEMF1QXanpnK3uoBV/w395-h395/Nazis%20Raus!.jpg" width="395" /></a></div><br /> <p></p>Zettelhttp://www.blogger.com/profile/05972592629624420813noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-105331708839939436.post-39407729467538751172023-10-15T05:24:00.001-07:002023-10-15T05:25:15.288-07:00Verhüllt von Licht und der Dunkelheit - Gedanken zu Adriane Steckhans Ausstellung „Velato“<p><span style="font-size: small;">Die Ausstellung "<i>velato</i>" wird bis zum 23. Oktober in der Galerie Morgenland in Hamburg-Eimsbüttel gezeigt. Ein virtue</span><span style="font-size: small;">ller Rundgang ist in der Kunstmatrix möglich <a href="https://artspaces.kunstmatrix.com/de/exhibition/12317699/velato" target="_blank">(KLICK)</a>, in der die Skulpturen leider nicht wieder gegeben werden können.</span></p><p></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgkStkhJSDbgDzpSgXBH_MOgmpf9uJw3t4p8ho-PnnaEHYXNo8PkaE1iaHLTMCf7Sq7Frwf1NizJos01NMF3PAxRnFnB1NeWzCTPupP9rbbZH_9blVkM_o5neAGtPArqghRe8T3_lV1SWdARudvClZqVbBzVjgq9cO4teqI-CKW6f5uVmtvrI9HTkimuprZ/s1280/velato%20fragment.jpeg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="948" data-original-width="1280" height="333" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgkStkhJSDbgDzpSgXBH_MOgmpf9uJw3t4p8ho-PnnaEHYXNo8PkaE1iaHLTMCf7Sq7Frwf1NizJos01NMF3PAxRnFnB1NeWzCTPupP9rbbZH_9blVkM_o5neAGtPArqghRe8T3_lV1SWdARudvClZqVbBzVjgq9cO4teqI-CKW6f5uVmtvrI9HTkimuprZ/w450-h333/velato%20fragment.jpeg" width="450" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Adriane Steckhan, velato_fragment_01<br /></td></tr></tbody></table><p><br />In seinem Roman „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“ schrieb der tschechische Romancier Milan Kundera über Licht und Schatten: </p>„<i>Das grelle, blendende Licht und das absolute Dunkel (...) markieren Grenzen, hinter denen das Leben zu Ende geht.</i>“ <p>Er spielt damit auf zwei metaphorische Zusammenhänge an, die schon seit langer Zeit mit dem Tod assoziiert sind. <br />Von der sumerischen Unterwelt heißt es im Gilgamesh-Mythos: „<i>...Haus des Dunklen, Sitz der Irkalla, ... dessen Bewohner beraubt sind des Lichtes, ... sie dürfen das Licht nicht schauen, denn sie sitzen im Finstern... Über das Haus des Staubes ist Totenstille gegossen.</i>“ <br />Im antiken Griechenland gab es das Bild vom Reich der Schatten als Wohnort der Toten. Auch das germanische Helheim, Domäne der Totengöttin Hel, wird als dunkler, nebliger Ort beschrieben. Das Unterirdische Totenreich der Maya, Xibalba, dessen Name „Ort der Angst“ bedeutet, lag in der unterirdischen Nacht der Höhlen verborgen. Und die hinduistische Totengöttin Kali ist selbst nachtschwarz. Man könnte diese Reihe von Beispielen beliebig fortsetzen. </p><p>Die Verknüpfung von Tod und Dunkelheit scheint also universell. Und so wie der Tod das ursächliche Faktum Tremendum ist, die furchteinflößende Tatsache schlechthin, so ist auch die Dunkelheit fast immer angstbehaftet. </p><p>Folgt man den Gedankengängen von Bruce Chatwin zu den Mechanismen von Angst und Aggression, die er in seinem Buch „Traumpfade“ entwickelt, liegt der Ursprung dieser Verbindung in der Vorzeit des Menschen begründet, denn in der Dunkelheit lauerte der Tod in Form wilder Tiere. Um sich vor der drohenden Gefahr zu schützen, mußten die Vormenschen imstande sein, mögliche Gefahren in der Dunkelheit zu ahnen, also Dinge in das Unsichtbare zu projizieren. So lauerte die Gefahr nicht nur faktisch in der Dunkelheit, sondern die Dunkelheit wurde in der Vorstellung schlechthin zur Wohnstätte des Bösen und Todbringenden. Als die Vormenschen lernten, das Feuer zu beherrschen, wurde dessen Licht wiederum zu einem Schutz vor Dunkelheit und Tod. <br />Auch wenn man dieser Herleitung nicht folgen mag, bleibt unbestritten, dass einerseits der Topos der positiv belegten Dunkelheit sehr viel seltener ist, als die allgegenwärtige und konkrete Angst vor der Dunkelheit, und dass andererseits die Dunkelheit ein wirksamer Auslöser für aufsteigende, oft beunruhigende Bilder ist. </p><p>Doch in dem wir ins Dunkle spähen und Dinge ins Dunkle projizieren, geschieht auch immer ein Transfer unseres Selbst in die Zonen, in die weder das Licht noch unser Auge dringt. Entsprechend steht in der Archetypenlehre von C.G. Jung der Schatten für verdrängte Anteile unserer Persönlichkeit, für Aspekte, die wir als böse oder sündhaft markiert haben, für Aspekte, die wir nicht wahrhaben und nicht sehen wollen. <br />Für den italienische Psychohistoriker Luigi de Marchi ist es, im Gegensatz zu Jung, vor allem die Tatsache des Todes, die wir nicht ertragen können und deshalb verdrängen, womit die enge Verbindung von Dunkelheit und Tod ein weiteres mal belegt ist. Nach seiner Theorie des menschlichen Urschocks dienen nahezu alle kulturellen Vorstellungen und Hervorbringungen des Menschen in erster Linie der Todesabwehr, also der Verdrängung des Wissens um unsere eigene Sterblichkeit. In der Dunkelheit, die wir in uns selbst durch Verdrängung geschaffen haben, lauert also, allem anderen voran, unsere Todesangst. <br />Diese Anschauung korrespondiert mit der Haltung Blaise Pascals, der in seinen Pensées schrieb: "<i>Wir rennen unbekümmert in den Abgrund, nachdem wir irgendetwas vor uns hingestellt haben, das uns daran hindern soll, ihn zu sehen.</i>" </p><p></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiC1ecNBcT-SZBZ9OH2aYbKnLDuuhaEguqLsdzsLAHc2shcH4R-Xgedw_crLjIYDT5TyE1ma3PiyZNuF5IZ96nB4Sg_be0DL8PpczD3MnyDzaGrN0189Q6TynXHWSfUWTWmG5S6YL_jF2tQkdkuIaI5T0vM-eO6hJvMFUwHejYofYzQtYwlGSguTz55T4tv/s962/Erdenrest%20fragment%2002.jpeg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="962" data-original-width="961" height="378" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiC1ecNBcT-SZBZ9OH2aYbKnLDuuhaEguqLsdzsLAHc2shcH4R-Xgedw_crLjIYDT5TyE1ma3PiyZNuF5IZ96nB4Sg_be0DL8PpczD3MnyDzaGrN0189Q6TynXHWSfUWTWmG5S6YL_jF2tQkdkuIaI5T0vM-eO6hJvMFUwHejYofYzQtYwlGSguTz55T4tv/w378-h378/Erdenrest%20fragment%2002.jpeg" width="378" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Adriane Steckhan, Erdenrest_Fragment_02<br /></td></tr></tbody></table><br /><p></p><p>Die Dunkelheit ist also nicht nur der Ort, den wir fürchten, weil wir darin Dinge ahnen, die uns den Tod bringen könnten, sondern sie ist auch der Ort, an dem wir furchteinflößende Aspekte der conditio humana vor uns selbst und in uns selbst verbergen. <br />Wenden wir uns nun dem Licht zu und folgen zunächst einem verstorbenen Alten Ägypter:
Das ägyptische Totenreich, das Duat, war in zwei Bereiche eingeteilt. Zuerst betrat man die Zone der Dunkelheit, einen unterirdischen Versammlungsort der Toten, an dem sie zahlreiche Prüfungen und schließlich das Totengericht bestehen mussten. Erst dann durften sie die andere Seite des Duat betreten, das Sechet-iaru, die blaue Ur-Flamme und ihr Licht, das dem irdischen Auge unsichtbar ist, um schließlich am Rande der Welt, wo sich Himmel und Erde treffen, als reine Lichtwesen in den Himmel der Götter aufzusteigen. <br />Für die europäische Überlieferung ist vor allem das Höhlengleichnis von Platon mit seiner Lichtmetapher bedeutsam. Dort finden wir das blendende Licht als Bild der letzten großen Erkenntnis. Die Neoplatoniker begriffen das Licht des Höhlengleichnisses als einen Aspekt Gottes. Beeinflusst von dieser Tradition ist für Thomas von Aquin das Licht gleichbedeutend mit der Erkenntnis Gottes beim Betreten des Paradieses nach dem Tod. <br />Mit dieser Vorstellung korrespondieren nahezu alle Beschreibungen von Nahtoderfahrungen, bei denen der Übergang vom Leben zum Tod als das Eintreten in ein überirdisches Licht visualisiert wird. Bereits Hieronymus Bosch malte die allgemeingültige Darstellung dieser Vision in seinem „Aufstieg der Seligen“. </p><p>Das Licht ist also, ebenso wie die Dunkelheit, eine kulturell und psychologisch tief verwurzelte Metapher des Todes. <br />Doch was jenseits dieses Lichtes liegen mag, bleibt verborgen. Denn, wie schon bei Platon beschrieben, bleibt es ein blendendes Licht und erfüllt damit im Wesentlichen die gleiche Funktion, wie der Schatten.
Es verbirgt. </p><p>Natürlich kennen wir das Licht auch in einem ganz anderen Zusammenhang: als das Licht der Erleuchtung oder das Licht der Vernunft, das Licht des Verstandes. Es durchdringt und macht sichtbar. Es löst die Dunkelheit und damit die Angst auf. Doch wenn wir dem Gedanken einer vollständigen Erleuchtung, oder besser Durchleuchtung, der Welt folgen, werden sehr bald Effekte deutlich, die das Gegenteil des Beabsichtigten bewirken. <br />In seiner ästhetischen Schrift „Lob des Schattens“ wies Tanizaki Jun’ichirō darauf hin, wie vulgär und oberflächlich eine vollständige Ausleuchtung mache, wie die Dinge ihr Geheimnis und damit ihre Schönheit verlören, wenn man sie ganz dem Licht aussetze. <br />Diesen Gedanken greift Byun Chul Han gut 80 Jahre später wieder auf in seinem Essay „Transparenzgesellschaft“. In dem sich die Gesellschaft einem Transparenz- Wahn unterordnet und glaubt, alles sichtbar machen zu müssen, findet eine Pornographisierung der Bildwelten statt. Denn mit der Vorstellung, alles müsse sichtbar gemacht werden, geht der Glaube einher, alles sei auch sichtbar zu machen. <br />Andererseits werden die Bilder durch die quantisierte Messbarkeit des Erfolgs ihrer Zurschaustellung zunehmend nur noch anhand ihres Ausstellungswertes beurteilt. Bildproduzent*innen stehen also unter dem gesellschaftlichen und zunehmend internalisierten Druck, soviel Dinge wie möglich so erfolgreich wie möglich zur Schau zu stellen. Dergestalt durchdringt die Logik der Transparenz unseren Alltag und schließlich unsere Lebensführung. <br />Einerseits werden die Bilder durch ihre reine Masse bedeutungslos, andererseits verlieren sie durch die Annahme der vollständigen Abbildbarkeit der Wirklichkeit ihre Tiefe und Bedeutung. Sie werden auf ihre Oberfläche reduziert und verlieren, wie Tanizaki es ausdrückte, ihr Geheimnis und ihre Schönheit, die sich beide aus dem Ungezeigten und Ungesehenen nähren. </p><p>Je mehr wir unsere Welt durchleuchten, je inflationärer wir Bilder produzieren und konsumieren, vor allem Fotografien mit ihrem Anspruch auf dokumentarische Authentizität, desto weniger sind wir also imstande, durch die so geschaffenen Oberflächen hindurch zu sehen und dem individuellen Bild eine tiefere Bedeutung zu geben. Noch während des Vietnamkrieges konnte eine einzige Fotografie zu einer gesellschaftsverändernden Ikone werden. Heute werden wir derart mit Bildern faktischen und fiktiven Grauens überflutet und können auf unendlich vielen Medienkanälen Gewalt und Elend, sowohl real als auch fiktiv, konsumieren, dass wir uns daran gewöhnt haben, die Gefühle, die wir eigentlich angesichts der erschütternden Bilder empfinden sollten, zu verdrängen. Die Bilder bleiben, aber die Reaktionen, die sie auslösen, finden unterhalb der Oberfläche unseres Bewußtseins statt. So wird also durch das penetrante Sichtbarmachen schließlich doch verhüllt.<br />Um diese Verdrängungsleistung überhaupt erbringen zu können und unsere Empathie- fähigkeit soweit herabzusetzen, dass uns Bilder von fremdem Leid nicht mehr zutiefst erschüttern, ist es notwendig, unsere Gefühle abzuspalten. Das wiederum geht einher mit dem Verlust unserer Selbstwahrnehmung. Denn nach dem derzeitigen Stand der Neurowissenschaften bestehen Gefühle aus der Wahrnehmung von Prozessen im Körper. Spiegelneuronen wiederum ermöglichen es uns, Gefühle einer anderen Person, die wir beobachten, im eigenen Leib nachzuvollziehen. Diese Funktionen müssen aber, angesichts der inflationären Zurschaustellung des Leids, unterdrückt werden <br />Durch unsere Routine der permanenten Abbildung aller nur möglich abbildbaren Dinge, verhüllen wir demzufolge schließlich die körperliche Welt der Empfindungen und Gefühle mit einer körperlosen, perfekt ausgeleuchteten Oberfläche. Wir blenden uns selbst und verdrängen mit der Inflation der Bilder die bedrohlichen Aspekte der Wirklichkeit und unsere dunkle Seite dazu. Der Psychoanalytiker Arno Grün nannte diesen Vorgang den „Verrat am Selbst“ und den „Verlust der Autonomie“. </p><p>Mit ihrem aktuellen Werkkomplex „velato“ greift Adriane Steckhan präzise in diese komplexen Rezeptions-, Verdrängungs- und Konstruktionsprozesse ein. <br />Setzen wir uns mit den Arbeiten auseinander, begegnen wir zuerst einer lebendig strukturierten Oberfläche, einer Haut, die unverwechselbare Spuren von Bewegung zeigt und durch ihre Körperlichkeit dazu verlockt, sie zu berühren. Doch trotz des Pinselduktus’ der deutlich erkennbar ist, haben wir keine Malereien vor uns, sondern Fotografien, die sich sonst dadurch auszeichnen, unabhängig von einer individuellen Oberfläche zu sein und zu wirken. Sie sollen üblicherweise nichts anderes sein, als ein Fenster zu einem konkreten, authentischen Augenblick, dessen Licht eingefangen und reproduziert worden ist. <br />Die Reproduzierbarkeit des Fotos, die den sinnlichen Körper und die Einzigartigkeit des Abzugs negiert, wird durch die Materialität und die Individualität der Acrylpolymerhäute, die als Bildträger dienen, aufgehoben. Statt dessen haben wir singuläre und völlig gegenwärtige Bildwerke vor uns, die nicht dokumentarisch auf vergangene Ereignisse verweisen, sondern die selbst das Ereignis sind. <br />Die Art, mit der die Motive abgelichtet sind, widersetzt sich ebenfalls der Idee von Authentizität und Dokumentation. Aufgrund der Bewegungsunschärfen, die durch Langzeitbelichtungen entstanden sind, werden nicht die konkreten Dinge abgelichtet, sondern es werden mit ihren Lichtspuren eigenständige Farbräume, Tiefen und Bewegungen geschaffen, die eine ganz eigentümliche Ebene der Abstraktion öffnen, die das eigentlich Abgelichtete verhüllt. </p><p></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi-h0_rtDi-oIMK8Vq2dZod2iB91hkazEQC9iIv93h2BNSP_MImI1FU4PYmJUoFSwYFO7FxP2D90eZm2o31_D2ew1RCfSqi-5NV0fMiY0S4-Qh7ItE7qmsJ1OVSWqdCV7MS_zdY21oUC4f2LjCbQt9saPz0g6WhBi-QliR-uJ4yiFE2DN2XDRXxwUa1Wdbt/s1280/Bewehrung%20fragment%2002.jpeg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="960" data-original-width="1280" height="240" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi-h0_rtDi-oIMK8Vq2dZod2iB91hkazEQC9iIv93h2BNSP_MImI1FU4PYmJUoFSwYFO7FxP2D90eZm2o31_D2ew1RCfSqi-5NV0fMiY0S4-Qh7ItE7qmsJ1OVSWqdCV7MS_zdY21oUC4f2LjCbQt9saPz0g6WhBi-QliR-uJ4yiFE2DN2XDRXxwUa1Wdbt/s320/Bewehrung%20fragment%2002.jpeg" width="320" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Adriane Steckhan, Bewehrung_Fragment_02<br /></td></tr></tbody></table><p> Gleichzeitig werden die Bildereignisse durch Dunkelheit oder Helligkeit, Oberflächeneffekte und Transparenz aus der Kernzone des Wahrnehmbaren gedrängt. Derart irritiert versuchen wir, die wir es gewöhnt sind, in einer Welt des penetrant Sichtbar-Gemachten zu leben, die Motive, die sich im Licht und in der Dunkelheit verbergen, mittels unserer Vorstellungskraft wieder daraus hervor zu holen zu. Tatsächlich aber lassen wir Bilder entstehen, die in den Bereichen unterhalb der Oberfläche unseres Bewußtseins schlummern. Dieser schöpferische Prozess, zu dem wir genötigt werden, ohne es zu bemerken, ist wiederum angewiesen auf das Grundmomentum der Kreativität, nämlich die intuitive und emotionale Verknüpfung von geistigen Inhalten. Um aus den Ahnungen, die sich in der Bildtiefe verbergen, etwas Fassbares erstehen zu lassen, müssen wir also auf das emotionale Gedächtnis zurückgreifen, das aus einem unauflöslichen Gewebe von geistigen Inhalten und Körpererinnerung besteht. Wir müssen also auf das im Alltag abgespaltene, körperliche, emotionale Selbst zurück greifen. Und das, was wir aus dem Licht oder der Dunkelheit mittels unserer Vorstellungskraft bergen, sind genau die Inhalte, die wir sonst gewohnt sind, zu verdrängen. </p><p>Genau diesen Effekt nutzte auch der Spätbarock-Bildhauer Guiseppe Sanmartino für seine Skulptur „Cristo velato“, von der Adriane Steckhan den Namen für eine neue Werkreihe und diese Ausstellung entliehen hat. Es handelt sich dabei um eine Darstellung des Leichnams Christi, der vollständig von einem dünnen Schleier bedeckt ist, wodurch der leichenhafte Eindruck der Figur drastisch verstärkt wird. Die Wirkung dieser Sichtbarmachung durch Verhüllung war damals so frappierend, dass unter Zeitgenoss*innen Sanmartios das Gerücht ging, er hätte einen echten Leichnam „marmorifiziert“. <br />Mit einer gewöhnlichen Darstellung des nackten, aufgebahrten Jesus’ hätte Sanmartino vielleicht Bewunderung für sein meisterliches Kunsthandwerk erregt, aber durch die Verhüllung nötigte er die Betrachter*innen zu einem imaginativen Akt, der wiederum eine emotionale Reaktion zeitigte, die weitaus tiefer ging. </p><p>Nachdem Adriane Steckhan nun schon viele Jahre die genannten Mechanismen der Sichtbarmachung durch Verhüllung auf formaler Ebene erforscht hat, also die genannten Effekte von Licht, Dunkelheit, Oberfläche, Transparenz und Unschärfe, während sie auf der Motivebene vor allem Abrisslandschaften als Metaphern für Erinnerung und Verlust erkundete, wendet sie sich in jüngster Zeit auch der buchstäblichen Verhüllung als Motiv zu. <br />Ich möchte mich dabei auf drei konkrete Arbeiten beziehen. </p><p></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjSsA7ybmDXeGzv7BMoT_Ueaf3kBs7R2p33mmGFm_tugSeM_hWrMvG3pSFTt4wybJu0LtUcCyTAfGJNUKdxL4WPkSZHvZcLu6l11To_DOgKr-SghByRYfdNyFT10zXPC3l8Y4ZQ3RrgOhg4s6nqECnhJvO1DSlkoHO0zOAD34YyBnK_7QrRtQ1iER7CImsR/s1115/velato%2003.jpeg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="960" data-original-width="1115" height="433" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjSsA7ybmDXeGzv7BMoT_Ueaf3kBs7R2p33mmGFm_tugSeM_hWrMvG3pSFTt4wybJu0LtUcCyTAfGJNUKdxL4WPkSZHvZcLu6l11To_DOgKr-SghByRYfdNyFT10zXPC3l8Y4ZQ3RrgOhg4s6nqECnhJvO1DSlkoHO0zOAD34YyBnK_7QrRtQ1iER7CImsR/w502-h433/velato%2003.jpeg" width="502" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Adriane Steckhan, velato_03<br /></td></tr></tbody></table> <p></p><p>„velato_03“ zeigt einen amorphen Schemen, der sich mit matter Helligkeit in einer undefinierbaren, braunschwarzen Finsternis zu manifestieren scheint. Er wirkt wie ein Spukgebilde, das durch seine Unfasslichkeit ein gewisses Unbehagen auslöst. Dabei handelt es sich um einen aufgebahrten Schädel aus der Goldenen Kammer der St.Ursula Basilika in Köln. Für restauratorische Zwecke wurde der Schädel in Plastikfolie eingewickelt. <br />Diese zusätzliche Information verleiht dem Bild vielleicht die Konnotation des Makabren, doch die beunruhigende Wirkung, die körperliche Präsenz der materiellen Aspekte des Bildes, die Verhüllung, die einem zunächst undefinierbaren Gegenstand eine immaterielle Anmutung verleiht und uns den Eindruck von etwas Jenseitigem, etwas Moribundem vermittelt, wirken unabhängig von dem Wissen um das konkrete Motiv. <br />Denn das Ereignis der Visualisierung und Kontextierung spielt sich in unserer emotional gesteuerten Vorstellungskraft, in unserem Körper ab. Das Bild wird von uns nicht nur rezipiert, sondern wir selbst müssen uns in die verschlingende Dunkelheit vorwagen und das Bild daraus hervor holen, es selbst vollenden. </p><p></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjLwE4fSSy_p1BanQ32mgQjE9-tfGrpVMPo8vh8YtYZv41rFcGmfTn3k7oAvI-sXpvPNw9FQtbPCr8hf4jvfz1m_wFW5DN4n3HSeXBkU0xpegwziRV2icWwuGD20vwjzgizhD59hqSpPZhNbx8-jxv3emQ6HHwAQ343ndZ_hkxKtR-VPXDh4I7w_WyTVEzo/s1280/A.Steckhan_Velato_2%20Kopie.jpeg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="477" data-original-width="1280" height="193" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjLwE4fSSy_p1BanQ32mgQjE9-tfGrpVMPo8vh8YtYZv41rFcGmfTn3k7oAvI-sXpvPNw9FQtbPCr8hf4jvfz1m_wFW5DN4n3HSeXBkU0xpegwziRV2icWwuGD20vwjzgizhD59hqSpPZhNbx8-jxv3emQ6HHwAQ343ndZ_hkxKtR-VPXDh4I7w_WyTVEzo/w520-h193/A.Steckhan_Velato_2%20Kopie.jpeg" width="520" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Adriane Steckhan, velato_02<br /></td></tr></tbody></table> <p></p><p>Auch auf „velato_02“ sehen wir in der diesmal fast transparenten, geleeartigen Acrylpolymerhaut eine verhüllte Form. Die Überbelichtung löst ihre Umrisse im oberen Bereich auf und lässt die Form mit dem ausgelöschten Hintergrund verschmelzen. Das Licht scheint das Objekt tatsächlich zu Nichts zergehen zu lassen. Die Größe des abgebildeten Objekts entspricht den Maßen eines menschlichen Körpers, die Form und Größe des Bildträgers erinnert an die eines gläsernen Sarges. Das kollektive Bildgedächtnis ist dazu verleitet, das Motiv als einen verhüllten Toten zu deuten oder, kulturhistorisch chiffriert, als Darstellung Christi, wie sie uns von Heilig-Grab-Darstellungen oder der Grablegung bekannt ist, wie eben der Cristo Velato von Sanmartino. <br />Das umfassende und unspezifische Unbehagen, das uns angesichts der Verhüllung von „velato_03“ angefasst hat, wird hier von unserer Vorstellungskraft also zu etwas sehr viel Konkreterem ergänzt. <br />Tatsächlich handelt es sich um das Foto eines schlafenden Obdachlosen auf dem Vorplatz eines französischen Bahnhofs - ein Bild also, das man heutzutage so in nahezu jeder europäischen Stadt hätte aufnehmen können; ein Bild von der Sorte, die sich in unserem Alltag mehr und mehr aufdrängt und dabei immer mehr Verdrängungsaufwand erfordert, um sie nicht zu sehen. <br />Doch in dem wir selbst aktiv werden, um das Bild aus seiner Auflösung empor zu heben, wird etwas, das wir in der äußeren Welt bestenfalls an den Rand unserer Wahrnehmung oder sogar darüber hinaus drängen, zu einem Bild, das in unserem Inneren aufersteht, das wir im Fokus unserer Wahrnehmung mit dem Körper erfahrenen. <br />Zudem nutzt Adriane Steckhan ganz bewußt die kulturell eingeschriebenen Verhaltensspuren der christlichen Symbolik. Die im sakralen Zusammenhang erlernte Hinwendung zum geschundenen Leichnam Christi, wird durch die Adaption christlicher Darstellungsmuster umgeleitet auf den im Diesseits leidenden menschlichen Körper, der sich selbst versucht den Blicken zu entziehen und den wir gewöhnlich aus unserem Alltagsbewußtsein zu verdrängen versuchen. </p><p></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEj2Lvojplfpnzy6a5dlbAhFSgVHlSAg4zxNX34se8Kd8WxPuqA6vrIHpkh2D_CaI_xGBB4o5Qwz5BE_Y_rF4-3txps8TYYbWlmJvY-vtNOWkEhhuI77Ez2s141V2vw8VvVWo1LP7h6Q9rWP221kK97y00BaEs3jpCvXAGxZyo7qHtJR6ytayv-tUTpZU6at/s1280/A.Steckhan_velato%20skulptur%2001.jpeg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="816" data-original-width="1280" height="317" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEj2Lvojplfpnzy6a5dlbAhFSgVHlSAg4zxNX34se8Kd8WxPuqA6vrIHpkh2D_CaI_xGBB4o5Qwz5BE_Y_rF4-3txps8TYYbWlmJvY-vtNOWkEhhuI77Ez2s141V2vw8VvVWo1LP7h6Q9rWP221kK97y00BaEs3jpCvXAGxZyo7qHtJR6ytayv-tUTpZU6at/w498-h317/A.Steckhan_velato%20skulptur%2001.jpeg" width="498" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Adriane Steckhan, velato_skulptur_01<br /></td></tr></tbody></table> <p></p><p>Mit „velato_skulptur_01“ wird ein weiteres Mal das Motiv des verhüllten Schädels ins Spiel gebracht. Ein Klumpen, dessen Größe und Form an ein menschliches Gehirn erinnern, ist eingewickelt in eine Acrylpolymerhaut, die durch warme orange und braune Farbtöne ein ledriges, ausgesprochen organisches Aussehen verleiht. An manchen Stellen wird die Haut von rostigen und verbogenen Bewehrungsstangen durchstoßen. Darunter verborgen ist ein Betonbrocken, ein Stück geborgenen Bauschutts von dem Abriss eines ehemaligen Kunstortes in Altona. <br />Die fotografische Vorlage stammt von einem Bild des Torsos der Künstlerin. In die Haut aus Acrylpolymer wurde also ein Bild einer tatsächlichen Haut übertragen. <br />Es ist schwer möglich, eine deutlichere Bildmetapher dafür zu finden, wie wir die Zerstörungen, die sich in der äußeren Welt unablässig ereignen, in uns selbst, in unserem Unterbewußten verkapseln. Gleichzeitig wird deutlich wie das, was im Inneren verborgen ist, die äußere Gestalt formt. Wir können all das, was wir fürchten, vor uns selbst und der Welt zu verbergen versuchen, aber die Oberfläche, die wir darüber legen, wird immer von den verborgenen Inhalten geformt. <br />Ein weiteres mal werden also die in uns verborgenen und verdrängten Tatsachen des Lebens spürbar und durch Verhüllung dem inneren Auge erst sichtbar gemacht. </p><p>So gelingt es Adriane Steckhan uns mit ihren hochkomplexen und formal vielschichtigen Arbeiten an die blendenden und finsteren Grenzen zu führen, hinter denen das Leben zu Ende geht. Jenseits der Verhüllung durch Dunkelheit, Licht und Oberfläche lässt sie uns das Beunruhigende, das Abgespaltene, Verdrängte erahnen, auf das wir angewiesen sind, um unserem Leben Tiefe, Schönheit und Bedeutung zu verleihen. </p><p><br />© Dr. Thomas Piesbergen / VG Wort, Oktober 2023 <br /><br /></p>Zettelhttp://www.blogger.com/profile/05972592629624420813noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-105331708839939436.post-44911252947972948022023-10-02T13:21:00.003-07:002023-10-02T13:21:55.489-07:0023.10.2023: Neuer Kurs der Schreibwerkstatt "Das Textprojekt" in Hamburg, Altona<p> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhCUeYDkETk34nfMANS4neNgcSYefx1_v0Cf3yCB9iDtpPa8panM2pa4j76ipkq9VYqrbaT-br54Zw7-Aqzp_RlkAvAzDyJE_t4gzdx318H_koP5CXcCUNuiirOlb0FvC8Mgy5ilxkCjO22U4aRM0GGPcObdRFsKOV1l-YmT_gbRVaqEfSF5WMkiPgCLt9e/s3505/TXT%201%20Aushang%20neue%20Version%202023%20Kopie.pages%2000001.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="3505" data-original-width="2476" height="466" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhCUeYDkETk34nfMANS4neNgcSYefx1_v0Cf3yCB9iDtpPa8panM2pa4j76ipkq9VYqrbaT-br54Zw7-Aqzp_RlkAvAzDyJE_t4gzdx318H_koP5CXcCUNuiirOlb0FvC8Mgy5ilxkCjO22U4aRM0GGPcObdRFsKOV1l-YmT_gbRVaqEfSF5WMkiPgCLt9e/w329-h466/TXT%201%20Aushang%20neue%20Version%202023%20Kopie.pages%2000001.jpg" width="329" /></a></div><br /><p></p><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 16px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">Liebe Literaturfreunde*innen!</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 16px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; min-height: 19px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;"><br class="" /></div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 16px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">Am Montag, den 23. Oktober 2023, beginnt ein neuer Kursabschnitt 1 der Schreibwerkstatt "Das Textprojekt".</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 16px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; min-height: 19px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;"><br class="" /></div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 16px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">Der Kursabschnitt 1 "<i class="">Von der Idee zum ersten Entwurf</i>" wendet sich vor allem an Schreibanfänger, aber auch an Schreibende, die ihre handwerklichen Fertigkeiten verbessern wollen.</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 16px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; min-height: 19px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;"><br class="" /></div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 16px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: justify; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">Inhaltlich werden wir uns mit literarischen Grundkonflikten beschäftigen, mit der Gestaltung lebendiger Charaktere und dem Entwurf überzeugender und packender Handlungsverläufe und deren Struktur sowie allgemeinen dramaturgischen und handwerklichen Problemen.</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 16px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; min-height: 19px; orphans: auto; text-align: justify; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;"><br class="" /></div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 16px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">Die Unterrichtseinheiten werden begleitet von Hausaufgaben, in denen die Teilnehmer die erlernten Techniken ausprobieren können - gerne auch im Rahmen eigener, bereits bestehender Projekte. Die so entstandenen Texte werden in der Gruppe besprochen. Alles darf, nichts muss...</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 16px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; min-height: 19px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;"><br class="" /></div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 16px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">Ich freue mich auf Ihre Rückmeldungen!</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 16px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; min-height: 19px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;"><br class="" /></div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 16px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">Mit herzlichen Grüßen,</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 16px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">Thomas Piesbergen</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 16px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; min-height: 19px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;"><br class="" /></div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; min-height: 14px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;"><br class="" /></div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; min-height: 14px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;"><br class="" /></div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">Die Themen im Einzelnen:</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; min-height: 14px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;"><br class="" /></div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">• Schreibmotivationen</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">• Authentizität und Fiktion</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">• Schreibmethoden</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">• Literarische Reduktion: Themen und Prämissen</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">• Konflikte und Transformation</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">• Charaktere: Protagonist und Antagonist</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">• Charaktere: Nebenfiguren und Dritte Kraft</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">• Charaktertiefe</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">• Charakterisierung</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">• Konflikte und ihre Entwicklung</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">• Akute Konfrontationen und verdeckte Konflikte</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">• Entwurf des Handlungsverlaufs: „Schicksalskurven“</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">• Gliederungsschemata: Dreiakter, Heldenreise, Regeldrama u.a.</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">• Struktur: Szenen, Schwellen, Spiegelungen, Motive</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">• Mechanismen der Eskalation</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">• Plot und Gegenplot</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">• Spannung erzeugen</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">• Das Setting</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">• Schauplätze</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">• Schreibhemmungen</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; min-height: 14px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;"><br class="" /></div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">Ort: Atelierhaus Breite Straße 70</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">Kursdauer: 2 Monate (8 x 2 Stunden)</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">Teilnahmegebühr: 200,- € / ermäßigt 160,- €</div><div class="" style="-webkit-text-size-adjust: auto; -webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 12px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">Zeit: Montags 19:30 - 21:30</div><br class="Apple-interchange-newline" /><br />Zettelhttp://www.blogger.com/profile/05972592629624420813noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-105331708839939436.post-91371925625867086852023-08-02T06:33:00.003-07:002023-08-02T06:33:32.361-07:00Schreibwerkstatt: Neues Kursmodul 3 ab dem 28. August 2023<div style="-webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 18px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">Am <b>28. August 2023 </b>beginnt ein neuer Kurs der Schreibwerkstatt "Das Textprojekt":</div><div style="-webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 18px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; min-height: 19px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;"><br /></div><div style="-webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 18px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;"><b>Abschnitt 3 - Die Überarbeitung</b></div><div style="-webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 18px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; min-height: 19px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;"><br /></div><div style="-webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 18px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">Der dritte Abschnitt wendet sich vor allem an Schreibende, die bereits Erfahrung mit dem literarischen Schreiben haben und bestenfalls einen abgeschlossenen Text, dem sie den letzten Schliff geben wollen. Letzteres ist aber keine Voraussetzung! </div><div style="-webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 18px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; min-height: 19px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;"><br /></div><div style="-webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 18px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">Im Kurs beschäftigen wir uns mit der Ausarbeitung und Präzisierung der Kernaussagen literarischer Texte und der Erarbeitung einer geschlossenen stilistischen Gestalt.</div><div style="-webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 18px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; min-height: 19px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;"><br /></div><div style="-webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 18px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">Wir lernen unter anderem</div><div style="-webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 18px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">- wie die charakterliche Kontinuität von Figuren aufrecht erhalten wird</div><div style="-webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 18px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">- wie man die Repräsentation von Konflikten auf den Punkt bringt</div><div style="-webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 18px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">- wie man Sätze, Absätze und Szenen so effektiv wie möglich herausarbeitet</div><div style="-webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 18px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">- wie Dialogketten funktionieren</div><div style="-webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 18px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">- wie man in Schichten schreibt</div><div style="-webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 18px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">- wie verunglückte Szenen wieder eingerenkt werden können</div><div style="-webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 18px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">- wie man sinnvoll und effektiv kürzt</div><div style="-webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 18px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">- wie man Texten ein rhythmisches Gefüge und Melodie verleiht</div><div style="-webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 18px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">- wie man typische Stilmacken vermeidet</div><div style="-webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 18px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">- wie man perspektivische Fehler erkennt und korrigiert</div><div style="-webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 18px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">- und wie man Texte mit farbigen Metaphern, präzisen Vergleichen und intensiven Sinneseindrücken lebendig gestaltet.</div><div style="-webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 18px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; min-height: 19px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;"><br /></div><div style="-webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 18px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">Es sollten bestenfalls Texte vorhanden sein, die überarbeitet werden können. Eine Teilnahme ist aber genauso gut ohne umfangreiches eigenes Textmaterial möglich. </div><div style="-webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 18px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; min-height: 19px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;"><br /></div><div style="-webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 18px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">Über eine <i>baldige Anmeldung</i> würde ich mich sehr freuen!</div><div style="-webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 18px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; min-height: 19px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;"><br /></div><div style="-webkit-text-stroke-width: 0px; caret-color: rgb(0, 0, 0); color: black; font-family: Times; font-size: 18px; font-stretch: normal; font-style: normal; font-variant-caps: normal; font-weight: 400; letter-spacing: normal; line-height: normal; margin: 0px; orphans: auto; text-align: start; text-decoration: none; text-indent: 0px; text-transform: none; white-space: normal; widows: auto; word-spacing: 0px;">Ein neuer<b> Abschnitt 1 </b>beginnt am<b> 23. Oktober 2018</b></div><p></p>Zettelhttp://www.blogger.com/profile/05972592629624420813noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-105331708839939436.post-32970081717368343782023-05-31T07:43:00.000-07:002023-05-31T07:43:47.648-07:00Neue Veröffentlichung: "Zwischen Licht und Schatten", ein Essay zum Werk von Elke Suhr<p>2021 zeigte das Künstlerhaus Sootbörn eine umfassenden Werkschau der Künstlerin und Galeristin Elke Suhr. Der nun erschienene Katalog "Overcoming the embrasure" wird begleitet von einem umfassenden Essay von Dr. Thomas Piesbergen.</p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"></div><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"></div><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjb9-zHjyv_SsaYdFXHlSQVkZQzSFVQOTEVCBbh43UG2C2ERs3fNQzCY5okCgkZ-htBvPH-wJ3Gu2I6htLi4_0nxoXgLb_l-EXEelkJwd_asIIAkzmB-YKe4ZJJinQyxPekOPjYZLZ8tSl2qmuP8uHdnpdfHokAENdgxHoIjZgq6Wm2Gg27-2gNc1KYDg/s568/318_Overcoming%20the%20embrasure.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="401" data-original-width="568" height="335" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjb9-zHjyv_SsaYdFXHlSQVkZQzSFVQOTEVCBbh43UG2C2ERs3fNQzCY5okCgkZ-htBvPH-wJ3Gu2I6htLi4_0nxoXgLb_l-EXEelkJwd_asIIAkzmB-YKe4ZJJinQyxPekOPjYZLZ8tSl2qmuP8uHdnpdfHokAENdgxHoIjZgq6Wm2Gg27-2gNc1KYDg/w475-h335/318_Overcoming%20the%20embrasure.jpg" width="475" /></a></div><br /><div style="text-align: center;">Elke Suhr "Overcoming the embrasure", Hyperzine Verlag, Hamburg, 2023</div><div style="text-align: center;">Kleinauflage ohne ISBN</div><div style="text-align: center;"><a href="http://www.hyperzine.de/files/index.php?seite=5&folge=a0" target="_blank">LINK (klick) </a><br /></div><div style="text-align: center;"><br /></div><p><br /></p>Zettelhttp://www.blogger.com/profile/05972592629624420813noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-105331708839939436.post-11291449398449858152023-05-07T05:27:00.003-07:002023-05-07T05:27:21.546-07:00Schreibwerkstatt: Neuer Kurs ab dem 22. Mai 2023<p style="text-align: left;"> <span style="font-size: medium;">Am
Montag, den 22. Mai 2023, startet die Schreibwerkstatt "Das
Textprojekt" mit einem neuen Kursabschnitt: „<b>Modul 2 - Die Textarbeit:
Eine Geschichte wird lebendig</b>“. <br />Neueinsteiger und Schreibanfänger sind ausdrücklich willkommen!
</span></p><p style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">Die inhaltlichen Schwerpunkte des Kurses sind <br /></span></p><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">- die Strukturierung von Texten</span><span style="font-size: medium;"> </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">- der richtige Einsatz der unterschiedlichen Textarten </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;"> </span><span style="font-size: medium;">(Beschreibung, akute Handlung, narrative Zusammenfassung, </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;"> narrative Schilderung, Innenschau, Dialoge),</span><span style="font-size: medium;"> </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">- Szenendramaturgie</span><span style="font-size: medium;"> </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">- der richtige Umgang mit verschiedenen Perspektiven </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;"> (1. Person, 2. Person, Personal, Auktorial, Neutral)</span><span style="font-size: medium;"> </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">- Rückblenden</span><span style="font-size: medium;"> </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">- Varianten der narrativen Chronologie</span><span style="font-size: medium;"> </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">- Zeitstufen des Erzählens</span><span style="font-size: medium;"> </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">- Erzähltempo</span><span style="font-size: medium;"> </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">- Überleitungen</span><span style="font-size: medium;"> </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">- Resonanz</span><span style="font-size: medium;"> </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">- metaphorische Ebenen</span><span style="font-size: medium;"> </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">- sinnliche Elemente </span><br /></div><p style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">und andere Mittel und Handgriffe, um eine Geschichte zu einem lebendigen Leseerlebnis zu machen.
</span></p><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">Leitung: Dr. Thomas Piesbergen
</span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">Kursdauer: 2 Monate (8 Doppelstunden)</span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">Termin: Montag 19:30 - 21:30</span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">
Teilnahmegebühr: 200,- / 160,- € ermäßigt
</span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">Teilnehmerzahl: max. 10</span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">
Atelierhaus Breite Straße 70
(Hamburg - Altona, oberhalb des Fischmarkts)
</span></div><div style="text-align: left;"><b><span style="font-size: medium;">Anmeldung: thomas.piesbergen (at) gmx.de</span></b></div><div style="text-align: left;"><b><span style="font-size: medium;"> </span></b></div><div style="text-align: left;"><b><span style="font-size: medium;"> </span></b></div><div style="text-align: left;"><b><span style="font-size: medium;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiikSSguH2Ews2bzfyED57L_Nt5G1sfdiVlvQupADuu_rjarnZKR6TbZpzH2YZQgI03k62HBBjb7uklOoMJL0kDji1osFj_mqx4UYSjjT8Q1EEoWtPBjon6AndBIRNYHh2aJBVjSlEPISRybeGRcwnYUI96LQOlqgIP-xW3AAq-RpmuAGwzkZcEglrwPg/s3242/Aushang%202,%202023.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="3242" data-original-width="2326" height="609" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiikSSguH2Ews2bzfyED57L_Nt5G1sfdiVlvQupADuu_rjarnZKR6TbZpzH2YZQgI03k62HBBjb7uklOoMJL0kDji1osFj_mqx4UYSjjT8Q1EEoWtPBjon6AndBIRNYHh2aJBVjSlEPISRybeGRcwnYUI96LQOlqgIP-xW3AAq-RpmuAGwzkZcEglrwPg/w438-h609/Aushang%202,%202023.jpg" width="438" /></a></div><br /> </span></b></div>Zettelhttp://www.blogger.com/profile/05972592629624420813noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-105331708839939436.post-84843172213399523852023-05-02T04:04:00.007-07:002023-05-15T03:58:00.478-07:00Vom Krieg gegen den Körper - Das dualistische Denken als Werkzeug patriarchaler Unterdrückung - Dr. Thomas Piesbergen über die kulturhistorische Bedingtheit des Textes „Das Zimmer des Dichters“ von Hilka Nordhausen, 1987<p>Anläßlich einer Ausstellung in der Berliner Hotel-Pension Nürnberger Eck und offenbar inspiriert von dem Zimmer, in dem sie dort untergebracht war, schrieb Hilka Nordhausen 1987 eine kurze Geschichte mit dem Titel „Das Zimmer des Dichters“.<br />Man kann den Text wohl am besten als eine Skizze bezeichnen, eine rasch hingeworfene, nachlässig formulierte Zusammenfassung mit szenischen Elementen; eine surreale Collage von Motiven aus trivialen Agenten-Thrillern und dystopischer Science-Fiction. </p><p></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi3-BYNPVF2N0eMS2yLRinPA-VR_4i-R_HZdLZ9xa7MkRnnIEJh6ojdUF7VhJ0ay2Ia9LDOlh-fT_uL_i6X-xxzPjhlnN3u4ns8PJpIxA5gu_GNrEG8EZJweiALdtNJomuwh2wA5lQlCsfig9sI0UdnXufC1DhvULqZCjpLB-FQgYJi1hGOXYYKkbGQHw/s384/Das%20Zimmer%20des%20Dichters.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="270" data-original-width="384" height="297" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi3-BYNPVF2N0eMS2yLRinPA-VR_4i-R_HZdLZ9xa7MkRnnIEJh6ojdUF7VhJ0ay2Ia9LDOlh-fT_uL_i6X-xxzPjhlnN3u4ns8PJpIxA5gu_GNrEG8EZJweiALdtNJomuwh2wA5lQlCsfig9sI0UdnXufC1DhvULqZCjpLB-FQgYJi1hGOXYYKkbGQHw/w422-h297/Das%20Zimmer%20des%20Dichters.jpg" width="422" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Hilka Nordhausen, Illustration zu "Das Zimmer des Dichters", 1987<br /></td></tr></tbody></table><p><br />In der rasanten, ins Groteske überzeichneten Handlung tummeln sich Figuren wie Dr. Mabuse und der Ölprinz und betreiben kubanische Soldaten Geheimlabore in der Mongolei. Die zwei Protagonisten kommen einer internationalen Verschwörung auf die Spur, die versucht, den Halley’schen Kometen umzulenken, um die Welt ins Chaos zu stürzen und die Herrschaft an sich zu reissen. Im Zentrum der Handlung steht ein Kontrollgerät, das die Protagonisten entwendet haben, und das die verschiedenen beteiligten Parteien versuchen an sich zu bringen. <br />Schließlich laufen die Ereignisse ins Leere. Der Tonfall, vorher schludrig-umgangssprachlich, entwickelt eine karg poetische Anmutung. Während die Welt im Chaos versink, vegetiert die Erzählerin, davon unberührt, in Berlin unter falscher Identität vor sich hin. Sie wirkt betäubt, hilflos, abgeschnitten von der Welt. Nur noch ein paar lose Farbimpressionen scheinen von Bedeutung zu sein.<br />Illustriert sind die wenigen Seiten mit herausgerissenen Zeitungsannoncen, Fotos und zusammenhangslosen Skizzen, z.B. von einer Eidechse oder einer Anleitung, wie man einen Haschklumpen ohne Tabak, Blättchen oder Pfeife rauchen kann.</p><p><br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiVv29qbHnlf3VzDhyD3oP7nFJxobHLqTZ_6ih1HxktYpNhlL7r3yd4nnq0UO4PvSJhjhQJ4Xfd1Wfy36kYinnod8wAUgLkUq2Tgyr79ZtcKBBDC93PMUV1oTG05bEFgUgVuHQ3ebxvO9uXkJaiZWJIzD8RdpUqM9MEVspjAtuRXJPoYor-4dHJMbarFQ/s822/Das%20Zimmer%20des%20Dichters.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="822" data-original-width="429" height="726" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiVv29qbHnlf3VzDhyD3oP7nFJxobHLqTZ_6ih1HxktYpNhlL7r3yd4nnq0UO4PvSJhjhQJ4Xfd1Wfy36kYinnod8wAUgLkUq2Tgyr79ZtcKBBDC93PMUV1oTG05bEFgUgVuHQ3ebxvO9uXkJaiZWJIzD8RdpUqM9MEVspjAtuRXJPoYor-4dHJMbarFQ/w379-h726/Das%20Zimmer%20des%20Dichters.jpg" width="379" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Hilka Nordhausen, Illustration zu "Das Zimmer des Dichters", 1987</td></tr></tbody></table><p><br />Thematisch behandelt der Text vor allem Macht- und Kontrollwahn, Gier, Täuschung und Kontrollverlust - und schließlich Apathie. Alle Figuren der Handlung, bis auf das nicht definierte erzählende Ich, sind männlich, und bis auf den Begleiter dieses Ichs sind alle Figuren antagonistisch. Die Welt wird dargestellt als das Schlachtfeld kapitalistischer, männlicher Allmachtsphantasien. <br /><br />Formal findet eine Zerstörung der meisten Konventionen des Erzählens und der Dramaturgie statt, auch läßt die Erzählung jeden stilistischen Anspruch vermissen. Man kann darin die Einflüsse der amerikanischen Underground- oder „Anti-Literatur“ vermuten, die sich meist grober Umgangssprache bedient und z.T. bewußt Genres ausschlachtet, die in der Regel als „Schundliteratur“ verfemt werden(1), (2). <br />Viele Leserinnen und Leser werden dem Text deshalb kaum zubilligen, er sei ein Stück Literatur, aber gerade deshalb fordert er uns mit seiner ungeschliffenen Radikalität als ein kulturelles Symptom heraus.<br /><br />In welchem Millieu entsteht so ein Text? Und welche großen kulturellen Bewegungen sind dafür verantwortlich? Um den Antworten auf diese Fragen näher zu kommen, möchte ich einen großen kulturhistorischen Bogen schlagen und mich zunächst dem Problem sozialer Differenzierung und Kontrolle zuwenden. Dabei möchte ich mein Augenmerk vor allem auf das Spannungsverhältnis zwischen den Geschlechtern richten. <br />Ich möchte mich an dieser Stelle entschuldigen, daß ich mich dabei des hetero-normativen, binären Konzepts von Geschlechtlichkeit bediene, doch andere Geschlechtsidentitäten sind für die Epochen, die ich dafür zunächst heranziehe, kaum oder gar nicht fassbar.<br />Ebenso möchte ich um Verständnis dafür bitten, aufgrund der Komplexität des Themas viele seiner Aspekte nur streifen zu können. Aber es ergibt sich bestimmt die Möglichkeit, das eine oder andere in anschließenden Gesprächen zu vertiefen.<br /><br />Wo beginnt also das Phänomen sozialer Ungleichheit und Kontrolle? Und wie kann man sich diesem Aspekt der menschlichen Geschichte überhaupt nähern?<br /><br />Vor allem für die Frühzeit des Menschen sind soziale Strukturen und geschlechtsspezifische Differenzierungen extrem schwer zu fassen und die meisten Rekonstruktionen fußen lediglich auf Annahmen, denen entweder Vergleiche aus der Ethnographie zugrunde liegen, oder die unseren unbewußt projizierten Konventionen entspringen - unserem kulturellen blinden Fleck.<br /><br />Ein Komplex des menschlichen Lebens jedoch bildet hier eine Ausnahme: die Mythologie. Hier kann die Urgeschichtsforschung nicht nur auf eine breite Basis primärer Quellen zurückgreifen; als methodisches Werkzeug kann neben dem ethnographischen Vergleich zudem die systematische Retrodiktion als effektives Werkzeug genutzt werden.<br /><br />Tatsächlich stellt die Mythologie eine ausgesprochen aussagekräftige Quelle für die Rekonstruktion gesellschaftlicher Verhältnisse dar. Denn über weite Strecken der Menschheitsgeschichte wurden alle Strukturen des menschlichen Miteinanders auf mythische Strukturen zurückgeführt. Die Ereignisse im menschlichen Leben galten als korrelierende Repräsentationen mythischer Vorgänge. Alles Handeln hatte seine Entsprechung im Mythos und wurde von ihm terminiert. So fanden auch alle Formen von Hierarchie, Ungleichheit und Kontrolle ihre Entsprechungen in mythischen und religiösen Ordnungen. <br /><br />Gerade heutzutage tritt diese Verknüpfung wieder überdeutlich zutage, wenn in einigen Regionen der Welt unter Berufung auf religiöse Vorstellungen ganze Bevölkerungsgruppen nur aufgrund des Geschlechts entmündigt und unterdrückt werden. Doch selbst unsere säkulären politischen Systeme und Vorstellungen haben schließlich einen religiösen Hintergrund oder mythologische Strukturmerkmale. <br />So ist der Wirtschaftsliberalismus nicht denkbar ohne sein calvinistisches Menschen- und Gottesbild und der Kommunismus nicht ohne sein eschatologisches Geschichtsverständnis, das mit einem Goldenen Zeitalter beginnt und mit dem irdischen Paradies endet.<br /><br />Wo liegt also der Ursprung der gesellschaftspolitischen Situation unserer spätkapitalistischen, und leider noch immer misogynen Welt verborgen? Wo begann die Entwicklung, die zu dem derzeitigen Status Quo geführt hat? <br /><br />Wenden wir uns zunächst den Quellen zu, die Rückschlüsse auf die älteste fassbare ökonomische Ordnung zulassen: <br />Ging man ehemals noch davon aus, daß die Männer der Vorgeschichte jagten, während die Frauen sammelten und sich um die Kinder kümmerten, legen moderne Analysen von Knochenbau und DNA (3) sowie Analysen der Grabbefunde (4) nahe, daß in der Altsteinzeit weder geschlechtsspezifische Arbeitsteilung noch ein sozio-ökonomisches Ungleichgewicht zwischen einzelnen Gruppenmitgliedern oder den Geschlechtern bestanden hat.<br />Die Quellen zum ideellen Komplex hingegen lassen andere Schlüsse zu. Vor allem für die jüngere Altsteinzeit mit ihrer Explosion künstlerischer Gestaltung, die uns besonders in Form der Höhlenmalereien bekannt ist, liegt reichlich Material vor.<br />In der sog. Plakettenkunst des Magdalenien (ca. 18.000-12.000 v. Chr.) werden auf kleinen, realistischen, manchmal karikaturesken Kratzzeichnungen sowohl Männer als auch Frauen in der gleichen Stellung gezeigt, die als Adorantenhaltung bezeichnet wird, also in einer anbetenden Stellung (5). Beide Geschlechter werden nackt dargestellt. Hier begegnet uns womöglich erstmals der Topos der rituellen Nacktheit, die uns vor allem aus dem Antiken Griechenland bekannt ist. <br /><br />In ihrer Rolle als Akteur*innen im Vollzug ritueller Handlungen erscheinen beide Geschlechter also zunächst als gleichwertig. Die Kleinplastiken des Jungpaläolithikums zeigen aber ein weit weniger ausgewogenes Bild. Hier dominieren die Abbildungen von Frauen mit stark betonten Geschlechtsteilen und deutlichen Kennzeichen der Schwangerschaft. Es ist sehr wahrscheinlich, daß es sich bei diesen Figurinen um die ersten Darstellungen einer universellen Muttergottheit handelt, um das Prinzip der Fruchtbarkeit, die nicht nur das Fortbestehen der Menschen sichern sollte, sondern das Fortbestehen des Lebens schlechthin (6). <br /></p><br /><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEinG7DrUPdGROEOY--AVpKKTvyxsbfh9KFrUmSVbRvCGcEe67SF2BKYgkl48S5JzbGGlTBu--FELCyV5zcBJsan9HVJF6SvfxBQ6x5bmlXLH4LSBRp5qdJqaPs63Hfw1-I47bJI9kWGTrHs7vBrAI7PSh0M91hFVwOfIi25ZDhRxT8zzKxBF2oNgKWcoA/s3177/Willendorf-Venus-Don%20Hitchcock,%20open%20source.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="3177" data-original-width="2001" height="638" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEinG7DrUPdGROEOY--AVpKKTvyxsbfh9KFrUmSVbRvCGcEe67SF2BKYgkl48S5JzbGGlTBu--FELCyV5zcBJsan9HVJF6SvfxBQ6x5bmlXLH4LSBRp5qdJqaPs63Hfw1-I47bJI9kWGTrHs7vBrAI7PSh0M91hFVwOfIi25ZDhRxT8zzKxBF2oNgKWcoA/w403-h638/Willendorf-Venus-Don%20Hitchcock,%20open%20source.jpg" width="403" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Venus von Willendoorf (open source)<br /></td></tr></tbody></table><p>Diese Muttergottheit beherrscht zehntausende von Jahren weltweit das religiöse Denken und sie reicht bis an den Rand unseres historischen Horizonts. <br />Im jungsteinzeitlichen Catal Hüyük in Anatolien begegnet sie uns als die große Herrin der Tiere, die die Wildnis gezähmt hat und den Mondstier zur Welt bringt. Die Architektur- und Grabfunde aus Catal Hüyük deuten zudem auf eine gesellschaftlich deutlich privilegierte Stellung der Frau. Deshalb wird oft davon ausgegangen, daß der neolithische Komplex Vorderasiens matriarchalisch geprägt ist (7).<br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgDbzJnqJrJ8CcMtFgm3p7eTOpfWUH_CtHPWxY-gDey2-_nsoZm42t_QWz4TtZTBFz7zvvN-v0lfkuXA9lcUJH3bjTHmSzvipW4_BhRbFDyiCCO6XbpnTNheqTKH7iXrrTvJgyyCZomV4rkDnLU2XhU8fT9TP_RgvqlIPdchO77mMyRJQHDInS1E99Jcg/s970/Kreta,%20Schlangengo%CC%88ttin.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="970" data-original-width="640" height="558" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgDbzJnqJrJ8CcMtFgm3p7eTOpfWUH_CtHPWxY-gDey2-_nsoZm42t_QWz4TtZTBFz7zvvN-v0lfkuXA9lcUJH3bjTHmSzvipW4_BhRbFDyiCCO6XbpnTNheqTKH7iXrrTvJgyyCZomV4rkDnLU2XhU8fT9TP_RgvqlIPdchO77mMyRJQHDInS1E99Jcg/w368-h558/Kreta,%20Schlangengo%CC%88ttin.jpg" width="368" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Minoische Schlangengöttin, Kreta (open source)<br /></td></tr></tbody></table><p><br />Ein Symbol, das der Muttergottheit im weiteren Verlauf zugeordnet wird, ist die Schlange als Symbol der Wiedergeburt und des ewigen Lebens. In dieser Kombination tritt die große Göttin vor allem im Nahen Osten und im Mittelmeerraum auf. Sie begegnet uns als Ereškigal in Sumer, als Arescha in Ugarit, als das weibliche, schlangenförmige Ur-Meer Tiamat in Mesopotamien, und sie ist die Schlangengöttin des minoischen Kreta, die mit großer Wahrscheinlichkeit identisch ist mit der pelasgischen Ur-Göttin Eurynome. Im Alten Ägypten erscheint sie als Qadesch, die Göttin der Heilung und der sexuellen Extase. <br />Sie ist die hellenistische Demeter und die römische Ceres, die nicht nur mit Getreideähren sondern ebenfalls häufig mit Schlangen abgebildet wurden. <br />Außerhalb Europas begegnen uns Göttin und Schlange als hinduistische Devi, die Gemahlin des Shiva mit ihrem Avatar der Kundalini-Schlange. In China erscheint sie als Nuwa, Schwester und Gemahlin des Urkaisers Fu Xi. Bei den Maya war sie bekannt unter dem Namen Ixchel, die Göttin von Mond, Fruchtbarkeit und Wasser. Bei den Inuit schließlich ist sie Sedna, die Urmutter tief unten im Meer.</p><br /><p></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiNQMHskiKAGMzBkx6pbcLYUOaDbzsdo_IfN3K-8CSy1vDHBDwB_il31RRuSqMyXn59yS4Dl3fBnPzqI4ULlNbuewc_pG99UeBSj_rjxRdAGck-W7oF4nM7TCfKomUurXIqDx6KEA8Evs9u4cWyzuUyV4fCz47Z4wQiKw1XdKoO6Yg4Y5zFUDUNhr-Lvw/s1080/virgo%20-%20demeter.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="773" data-original-width="1080" height="321" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiNQMHskiKAGMzBkx6pbcLYUOaDbzsdo_IfN3K-8CSy1vDHBDwB_il31RRuSqMyXn59yS4Dl3fBnPzqI4ULlNbuewc_pG99UeBSj_rjxRdAGck-W7oF4nM7TCfKomUurXIqDx6KEA8Evs9u4cWyzuUyV4fCz47Z4wQiKw1XdKoO6Yg4Y5zFUDUNhr-Lvw/w448-h321/virgo%20-%20demeter.jpg" width="448" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Virgo Ceres, röm. Relief (photograph by Jyotrmoy Barman)<br /></td></tr></tbody></table><p><br />Neben der Schlange ist die explizite Zurschaustellung der Brüste ein weiteres wichtiges Merkmal der Göttin. Sie ist besonders auffällig bei den paläolithischen Figuren und später den minoischen Darstellungen. Für die minoischen Frauen ist die Selbstentblößung ganz offenbar Teil ihres Alltags gewesen, denn auf allen bekannten Darstellungen sind ihre sonst langen Kleider nur für diesen Zweck bis zur Gürtellinie ausgeschnitten. <br /><br />Für den Mittelmeerraum kann als sehr wahrscheinlich angenommen werden, daß die Frauen im Rahmen dieser Traditionslinie bis in die frühe Bronzezeit eine mindestens gleichberechtigte sozio-politische Rolle gespielt haben, wenn sie nicht sogar das gesellschaftliche und religiöse Leben dominierten. Zudem gibt es keinerlei Hinweise darauf, daß die Schöpfer der genannten Darstellungen Männer gewesen sein müssen. <br />Die Entscheidung, den weiblichen Körper zu entblößen und abzubilden, wird also mit der größten Wahrscheinlichkeit von Frauen gefällt worden sein, ebenso wie der Blick auf den weiblichen Körper ein weiblicher gewesen sein wird. <br />Die Selbstentblößung kann entsprechend gelesen werden als ein religiös legitimierter Akt, in dem sich Selbstsicherheit und Stolz auf die eigene Geschlechtlichkeit und deren soziopolitische Machtfülle ausdrücken. Zeigte im minoischen Kreta oder im frühen Mykene eine Frau ihre Brüste, präsentierte sie selbstbewußt das, was ihre unantastbare gesellschaftliche Stellung legitimierte.<br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiKf8Y_KC8_iDjlxtcejXR29jAuQE_jEIJUJ5s6l_Dk1gC8Td-pfTBkrOnJODEofXfS6zZmcGEZA4w4gDe7rmd83GTx4W_ruZlYIb9aoGRC0HPIEgE5ebt39g5KKG_-oLqhu9b69Y9UV6Y1IxmYdqARwFy8obtIPABlDeICwaScrSdNXTvH_Aky1r2M_Q/s1279/Minoische%20Frauen.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="797" data-original-width="1279" height="332" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiKf8Y_KC8_iDjlxtcejXR29jAuQE_jEIJUJ5s6l_Dk1gC8Td-pfTBkrOnJODEofXfS6zZmcGEZA4w4gDe7rmd83GTx4W_ruZlYIb9aoGRC0HPIEgE5ebt39g5KKG_-oLqhu9b69Y9UV6Y1IxmYdqARwFy8obtIPABlDeICwaScrSdNXTvH_Aky1r2M_Q/w534-h332/Minoische%20Frauen.jpg" width="534" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Minoisches Fresko, Kreta (open souce)<br /></td></tr></tbody></table><p><br />Die mythologische Entwicklungslinie der Großen Göttin wurde schließlich durch den indoeuropäischen Einfluß aus Zentralasien langsam aber erbarmungslos zurück gedrängt (8). Im mykenischen Griechenland konnte die Frau ihre gesellschaftliche Rolle noch eine zeitlang mit Rückgriff auf die minoische Kultur und Tracht bewahren, doch die politische und ökonomische Macht ging mehr und mehr in die Hände der Männer über (9), während die Frauen Hüter der heiligen Riten blieben; ein Prozess, der sich Jahrhunderte später wahrscheinlich bei den römischen Vestalinnen wiederholte. <br />Die Darstellungen von Priesterinnen und Göttinnen wurden langsam von männlichen Figuren ersetzt, so z.B. von Zeus, der in der mykenischen Frühzeit noch eine unbedeutende Nebengottheit war (10).<br /><br />Im klassischen patriarchalen Athen schließlich war die Macht gänzlich in die Hände der Männer übergegangen. Die öffentliche, rituelle Nacktheit war nur noch Männern vorbehalten, während sie für Frauen jetzt als anstößig galt. Tatsächlich wurde der Frau nicht nur vorgeschrieben, ihren Körper verhüllt zu halten, sondern ihr ganzes Leben sollte sich bestenfalls in den Mauern des Hauses abspielen, das sie nur zu rituellen Festen und in Begleitung verlassen durfte (11). </p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjRtkDqkIgTo1VSUpnoLXum0ODHIZ5EumHLeeAuYkcHPtKpmHbgaaxf6M4otoe0f6fpLOmsmmcURu9tXzhU3PmCGkrBW63K4e2tMnexjCmlrHx3v54bo5EfgQba4yEg1RchWUeHqNEOPsNbnCK0pNabo8bfhEn8OfG4O1JYooHCJrXPADLgnoeVqjjmww/s1024/1024px-Pergamonmuseum_-_Antikensammlung_-_Pergamonaltar_13.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="768" data-original-width="1024" height="402" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjRtkDqkIgTo1VSUpnoLXum0ODHIZ5EumHLeeAuYkcHPtKpmHbgaaxf6M4otoe0f6fpLOmsmmcURu9tXzhU3PmCGkrBW63K4e2tMnexjCmlrHx3v54bo5EfgQba4yEg1RchWUeHqNEOPsNbnCK0pNabo8bfhEn8OfG4O1JYooHCJrXPADLgnoeVqjjmww/w536-h402/1024px-Pergamonmuseum_-_Antikensammlung_-_Pergamonaltar_13.jpg" width="536" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;"><span class="mw-mmv-title"><span style="color: black;">Gaia bittet Athen </span>um die Verschonung ihrer Söhne, </span><span class="mw-mmv-title">Pergamonaltar, Berlin (open source)</span><span class="mw-mmv-title"></span></td></tr></tbody></table><p><br />Selbst in der Kunst, die nun nachweislich nur noch von Männern geschaffen wurde, galt die gänzliche Entblößung der Frau als skandalös, wie im Falle der knidischen Aphrodite des Praxiteles. Diese berühmte Plastik wurde später vor allem Vorbild für die Abbildung von Hetären, also Prostituierten am Rande der Gesellschaft, deren Nacktheit alles rituellen Kontextes beraubt war (12). Ihre Nacktheit ist nicht mehr als weibliche Selbstentblößung anzusprechen, sondern als männliche Zurschaustellung des sonst unzugänglich gehaltenen weiblichen Körpers, sie kann also durchaus als pornographisch bezeichnet werden.</p><br /><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiJJ6vg66DMgP05mmAHhlqq-8J43HQVRQUdxfzvAM4Ga69rnMiIELP3n-qx13E5E2A1u2qKs57bof6deBa8hiq0P6_mZvu86u0urNPzbRB5pW6FDM2PM7X4Q7KfLI0MQhuBsxdlLnactxmPdby7nUKR_Fxbz2OGjwdAOm74AAysC6Ro0PsiOVHNF8eV1w/s748/320px-Cnidus_Aphrodite_Altemps_Inv8619.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="748" data-original-width="320" height="668" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiJJ6vg66DMgP05mmAHhlqq-8J43HQVRQUdxfzvAM4Ga69rnMiIELP3n-qx13E5E2A1u2qKs57bof6deBa8hiq0P6_mZvu86u0urNPzbRB5pW6FDM2PM7X4Q7KfLI0MQhuBsxdlLnactxmPdby7nUKR_Fxbz2OGjwdAOm74AAysC6Ro0PsiOVHNF8eV1w/w286-h668/320px-Cnidus_Aphrodite_Altemps_Inv8619.jpg" width="286" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Knidische Aphrodite des Praxiteles (open source)<br /></td></tr></tbody></table><p>Wir können im Verlauf der frühen europäischen Antike beobachten, wie die Frau ihre soziale Stellung verliert - und mit ihr das Recht, über die Präsenz und Darstellung des eigenen Körpers in der Öffentlichkeit zu verfügen. Indem der Mann den weiblichen Körper und dessen Sichtbarkeit kontrollierte, etablierte er seine unangefochtene gesellschaftliche Dominanz.<br /><br />Ein weiterer interessanter Aspekt, der mit dem gesellschaftlichen Einfluß der Frau korreliert, ist die wirtschaftliche Organisation menschlicher Gruppen. Während in matrisch geprägten Gesellschaften das Wohlergehen der Kommune priorisiert wird, ist es in patrisch geprägten Gesellschaften vor allem der individuelle Haushalt, der ökonomische Macht akkumuliert. Entsprechend fand die kommunalistische Tempelwirtschaft in Mykene mit der zunehmenden Macht der Männer ihr Ende. Das sozialdarwinistische Konzept der Konkurrenz und der ökonomischen Hierarchie, wie es im Kapitalismus herrscht, ist genuin patriarchalisch. Was könnte schließlich den Kampf um Prestige und Ressourcen mehr erleichtern, als 50% der möglichen Konkurrenz lediglich aufgrund des Geschlechts von vornherein auszuschalten?<br /><br />Doch bleibt die Frage, was sich im Kern der Kultur verändert hat, daß ein so grundlegender Wechsel der Vorzeichen stattfinden konnte?<br /><br />Während die mythogenetischen Zentren der Großen Göttin meist in tropischen und subtropischen Gunsträumen lagen und mit Pflanzerkulturen assoziiert sind, die die Möglichkeit hatten, ortsfest zu siedeln, stammten die asiatischen Invasoren, die in der frühen Bronzezeit aus dem Nordosten nach Indien, Mesopotamien und in die Levante einfielen, aus weniger freundlichen Regionen, in denen das Nomadentum und die Jagd eine sehr viel größere Rolle spielten. Diese Umstände begünstigten offenbar die Rolle des Mannes in der Gesellschaft.<br />Wo diese gegensätzlichen kulturellen Kontexte aufeinander stießen, die Kulturträger aber nicht ausgelöscht, sondern kolonisiert wurden, wurden die ursprünglichen mythologischen Vorstellungen und Symbole einfach umgedeutet (13). <br /><br />Um das zu illustrieren, möchte ich zwei Beispiele heranziehen: <br /><br />Im akkadisch-babylonischen Enūma eliš wird die sumerische Urmutter Tiamat, „Die, die alle Götter gebar“, und die mit Schlange und Meer identifiziert wird, zu einem trägen, rachsüchtigen Seeungeheuer umgeformt. Zwar wird sie noch immer als Mutter aller Götter bezeichnet, doch als ihr Mann Apsu von den neuen Göttern getötet wird und sie mit elf von ihr erschaffenen Dämonen seinen Tod rächen will, wird sie von ihrem Enkel Marduk, dem Stadtgott Babylons, umgebracht. Anschließend zerteilt Marduk ihren Körper und schafft daraus Himmel und Erde (14). <br />Die ursprüngliche Schöpfung von einer weiblichen Gottheit wird also zur Makulatur, ihr Kontext wird zerstört und sie wird durch eine Neuschöpfung ersetzt, ausgeführt von einem kriegerischen, männlichen Gott, der aber dennoch auf das bereits Vorhandene angewiesen ist.<br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhX-nCyOM7KFvucP3LQykAqiXGg_IqTP_XY7UKDYjl57HvQOxG22a8YiLIlXRu8vWEl-mrtNlB4M_fq26MuKZCotgszNSdemh8FbVZDvYAECiYRGH5NpVJIgmXw-bo14klWoyADW-0M_LHHqQRrkQo25e5UeXo6fxuYs4WZTfOLxCVhBwaLEzfSBMiowQ/s640/Marduk%20und%20Tiamat.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="370" data-original-width="640" height="288" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhX-nCyOM7KFvucP3LQykAqiXGg_IqTP_XY7UKDYjl57HvQOxG22a8YiLIlXRu8vWEl-mrtNlB4M_fq26MuKZCotgszNSdemh8FbVZDvYAECiYRGH5NpVJIgmXw-bo14klWoyADW-0M_LHHqQRrkQo25e5UeXo6fxuYs4WZTfOLxCVhBwaLEzfSBMiowQ/w499-h288/Marduk%20und%20Tiamat.jpg" width="499" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Marduk und Tiamat, babylonisches Rollsiegel (open source)<br /></td></tr></tbody></table><p>Mit dem zweiten Beispiel betreten wir einen mythologischen Raum, dessen Strukturen noch sehr viel weitreichendere Auswirkungen hatten und haben. Seine Überlieferung finden wir aufgezeichnet im Alten Testament bzw. in der Tora. <br />Die Schlange ist, wie in der babylonischen Umdeutung, zur Antagonistin geworden. Die vorherige Verbindung von Schlange und Urmutter wird zu einem Pakt mit dem Bösen. <br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEh1KwTZM9mUgQR3Azl46tlBMeFPYZZhoA_qeNQKk9hh6ReUcBGuuwiqeieOM9RBiFtPclUPPD4eDSBMa2pWlMDeiyfzzfxHhzTxfIaQlobdk8H65_iNm87Fe_OhRxXA4XwUTRHW4y6fKYHCLkIH_9xT7i0yhFtMEapT2OuN2wdUrnohjFPcLR2kNvH0fQ/s600/Codex%20Vigilanus%2011%20Jhd..jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="600" data-original-width="345" height="678" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEh1KwTZM9mUgQR3Azl46tlBMeFPYZZhoA_qeNQKk9hh6ReUcBGuuwiqeieOM9RBiFtPclUPPD4eDSBMa2pWlMDeiyfzzfxHhzTxfIaQlobdk8H65_iNm87Fe_OhRxXA4XwUTRHW4y6fKYHCLkIH_9xT7i0yhFtMEapT2OuN2wdUrnohjFPcLR2kNvH0fQ/w390-h678/Codex%20Vigilanus%2011%20Jhd..jpg" width="390" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Der Sünndenfall aus dem Codex Vigilanus, 11 Jhd. n Chr. (Quelle: Deutsche Bibelgesellschaft, 2008)<br /></td></tr></tbody></table><p><br />Die Motivation Evas vom Baum der Erkenntnis zu essen, erscheint uns heute völlig legitim, stellt sie doch ein Streben nach Emanzipation und Mündigkeit dar. In der Genesis heißt es: „<i>An dem Tage, an dem ihr davon esset, werden eure Augen aufgetan und ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist. Und das Weib sah, daß von dem Baum gut zu essen wäre und verlockend, weil er klug macht.</i>“(15)<br />Doch Selbstbestimmung und Erkenntnis, vor allem die der Frau, haben keinen Platz in einer patriarchalen Ordnung. Statt dessen treten mit diesem Versuch der Selbstermächtigung bloß die Stigmatisierung der Nacktheit und das Konzept der Sünde in die Welt. Die weibliche Sexualität wird von nun an als verführerisches Instrument des Bösen diffamiert. Die verlangende Sexualität des Mannes wird erst durch sie hervorgerufen, um ihn vom rechten Pfad abzubringen. Die Frau ist also nicht mehr Quelle einer omnipräsenten heiligen Lebendigkeit, sondern sie gilt als die Ursache, aufgrund derer der Mann von seiner unmittelbaren Teilhabe am Heiligen abgeschnitten worden ist.<br /><br />Doch durch diese Abschaffung der weiblichen Schöpfungsgottheit und der Verteufelung von Körper und Sinnlichkeit gerieten die mythologischen Systeme nun in die Verlegenheit zu erklären, wie es denn einer männlichen Schöpfungsgottheit überhaupt möglich sei, Leben hervor zu bringen. Die Große Mutter konnte gebären, die Schlange konnte sich häuten und zu neuem Leben erwachen. In beiden Fällen war der Ort, an dem sich die Schöpfung abspielte, der Körper. Doch wie sollte ein Mann gebären, dessen Körper dazu nicht imstande war - zumal dem Körper im alttestamentarischen Zusammenhang von nun an der Makel der Sündhaftigkeit anhaftete?<br /><br />Um diesem Dilemma zu entgehen wurden vor allem zwei Lösungswege beschritten: Den einen finden wir in dem bereits beschriebenen babylonischen Enūma eliš. Zwar gebiert Tiamat alles Leben, Marduk jedoch tötet sie. Er zerstört die bisherige Ordnung der Welt und nimmt eine gewalttätige Revision vor, in dem er das vorhandene umformt. <br /><br />Ähnlich verfahren der homerische und der olympische Schöpfungsmythos. Hier gebären zunächst Thetys bzw. Gaia alles Leben, müssen aber zuerst von Okeanos bzw. Uranos befruchtet werden (8). Entscheidend jedoch ist die darauf folgende Vernichtung der alten Götter durch die nächste Generation. So wie Marduk Tiamat und ihre Dämonen besiegt, so bringen Zeus und die olympischen Götter die Titanen um.<br />Ein ähnliches Muster begegnet uns in der indogermanischen Rigveda. Dort nimmt das Universum seinen Anfang mit Purusha, dem Ur-Menschen. Purusha bringt aus sich selbst Viraj, das weibliche Prinzip, hervor. Sie wiederum gebiert Purusha erneut, der anschließend von jüngeren Göttern geopfert wird. Aus seinem Körper formen sie nun die gegenwärtige Welt und all ihre Dinge (16). Auch hier wird also eine ältere Generation von Schöpfungsgottheiten von einer jüngeren vernichtet, um die Welt zu schaffen, bzw. neu zu gestalten, zugleich wird die Frau zu einer funktionalen Notwendigkeit reduziert, zu einer Durchgangsstation des männlichen Schöpfungswillens. Sie selbst spielt keine weitere Rolle mehr.<br /><br />Die erste Variante der männlichen Weltschöpfung besteht also in erster Linie darin, eine vorangegangene Schöpfung zu zerstören, um aus ihren Trümmern etwas neues aufzubauen. Die reinste Form dieses Denkens ist im tanzenden Shiva verkörpert, der unentwegt zerstört und neu erschafft.<br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg4yV8kM0siONpS4kj7izFxs9oqqPo3d_wBTy2Rw0HeNQ7Bs5vxusGuW6QnTpxrsK1XODsNPS5Ngbp9cF6mKDeX1NEgd-6WBWSG7kCzGxLAuTisRzcELcAvlBoQgZVuwTekKn-6BjNxU53CzlXj5RDb4r3H_m6tsP5dQCvGUZbP7kMKitpAw5Bv9g8xKw/s599/Shiva_Nataraja_Muse%CC%81e_Guimet_25971.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="599" data-original-width="535" height="446" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg4yV8kM0siONpS4kj7izFxs9oqqPo3d_wBTy2Rw0HeNQ7Bs5vxusGuW6QnTpxrsK1XODsNPS5Ngbp9cF6mKDeX1NEgd-6WBWSG7kCzGxLAuTisRzcELcAvlBoQgZVuwTekKn-6BjNxU53CzlXj5RDb4r3H_m6tsP5dQCvGUZbP7kMKitpAw5Bv9g8xKw/w399-h446/Shiva_Nataraja_Muse%CC%81e_Guimet_25971.jpg" width="399" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Shiva Nataraja, Chola Bronze, 11. Jhd. (open source)<br /></td></tr></tbody></table><p><br />Die zweite Variante, die sich bereits in der Befruchtung der Thetys durch Okeanos bzw. die Selbsterzeugung Purushas durch den Leib der Viraj ankündigt, schlägt einen anderen Pfad ein. <br />In der indischen Samkhya-Philosophie, die stark von den Veden beeinflußt wurde, wird Purusha als männlicher ewiger Weltgeist verstanden. Sein dualistisches Gegenstück ist die weibliche Prakriti, die physische Natur. Wir erleben hier also eine Trennung von Geist und Welt, Geist und Körper.<br />Während in der Samkhya der weibliche, körperliche Aspekt der Wirklichkeit noch eine gewisse Bedeutung bewahren kann, erleben wir im levantinischen Komplex, aus dem die großen Offenbarungsreligionen hervorgegangen sind, eine weitgehende Abwertung des Körpers. Statt dessen ist es nur noch der Geist, der die Welt hervorbringt. In der Genesis heißt es: „<i>Und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser. Und Gott sprach: Es werde Licht! </i>(17)“ <br />Hier genügt, in Ermangelung eines zum Gebären geeigneten Körpers, das Wort, die Idee, das reine Abstraktum, um Wirklichkeit und Dinglichkeit hervorzurufen. Und wie in der Rigveda erleben wir schließlich im neuen Testament den weiblichen Körper nur als funktionale Durchgangsstation in Gestalt der Maria. Gott, der aus der Trinität Vater-Sohn-Heiliger Geist besteht, gebiert sich durch Maria selbst, so wie sich der vedische Purusha durch Viraj selbst geboren hat.<br />Um dem Geist den alleinigen Anspruch auf die Fähigkeit zut Schöpfung zu sichern, muß der Körper, der in realiter Schauplatz dieses Wunders ist, folgerichtig diffamiert werden<br /><br />Durch die Diffusion dieser Idee eines erschaffenden Geistes, der selbst nicht Körper ist, also jenseits der körperlichen Welt wirkt, entstand das dualistische Substrat, aus dem unser bis heute wirksames Konzept der Wirklichkeit hervorgegangen ist.<br />Es begegnet uns nicht nur im Kontext von Judentum, Christentum und Islam, auch im klassischen Griechenland brachte es Vorstellungen und metaphysische Konzepte hervor, die später wiederum ins Christentum zurück wirkten. Die Kopfgeburt der Athene durch Zeus, der sie sich im wörtlichen Sinne aus dem Kopf schlug, ist nur ein anekdotischer Verweis. <br />Das prominenteste und folgenschwerste Beispiel ist Platons Höhlengleichnis, das allen physischen Erscheinungen jegliche Relevanz abspricht, da diese nur ein Schatten der ewigen, göttlichen Idealbilder wären. <br />Unter dem Einfluß des levantinischen und platonischen Dualismus entstanden im spätantiken Vorderasien religiöse Systeme wie der Manichäismus oder die Lehren der Gnostiker, deren Wirkung auf das europäische Christentum so stark waren, daß sie im Mittelalter mächtige weltverneinende und körperfeindliche Bewegungen wie die der Katharer oder der Flagellanten und Geißler hervorbrachten.<br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjPBrkiFRrEY2O6wfaimBvy0mPjty4JRo-E7GXW2QZmRWPxxPXKF38dKJydcSmGq3Z1uc0OPkv7exYZk5Qy-5z6MMkDfKa3mGLuUSNesBt6mTXVvGOFQjoIib3PlwVIG5GfsGTDwAZQQ5sIeP1wTa7UShKmQ0ZCQxwPgzf1QA39dV50VgfVs4cYGM65Yw/s829/Geissler_konstanzer_weltchronik,%2015%20Jhd.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="829" data-original-width="680" height="525" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjPBrkiFRrEY2O6wfaimBvy0mPjty4JRo-E7GXW2QZmRWPxxPXKF38dKJydcSmGq3Z1uc0OPkv7exYZk5Qy-5z6MMkDfKa3mGLuUSNesBt6mTXVvGOFQjoIib3PlwVIG5GfsGTDwAZQQ5sIeP1wTa7UShKmQ0ZCQxwPgzf1QA39dV50VgfVs4cYGM65Yw/w430-h525/Geissler_konstanzer_weltchronik,%2015%20Jhd.jpg" width="430" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Geißler, Konstanzer Weltchronik, 15. Jhd. (open source)<br /></td></tr></tbody></table><p> Allen dualistischen Religionen, die den göttlichen Geist zur einzigen Wahrheit erheben, ist die Abwertung der Frau und des Körpers gemeinsam. Denn wenn nur der Geist von Bedeutung ist, können Körper und Natur niemals Quelle der Erkenntnis sein, wie es sich noch in vielen östlichen Religionen erhalten hat. Erkenntnis kann niemals vom Einzelnen in der Anschauung der Dinge, die sind, gewonnen werden, denn sie sind nichtig. Ebenfalls wird die körperliche Erfahrung der Geburt, die bis in die Bronzezeit als Teilhabe am großen Geheimnis der Welt galt, bedeutungslos. Erkenntnis wird nur wenigen männlichen Propheten und Heiligen zuteil, denen sich der Geist Gottes aus eigenem Antrieb offenbart. Dem gewöhnlichen Menschen bleibt nur beschieden, sich einem jenseitigen Gott, seinem Propheten und seinen offenbarten Gesetzen zu unterwerfen, ohne sie zu hinterfragen. Und wer die Gesetze, die Steuerungsmechanismen der Gesellschaft in Händen hält, hat auch die Kontrolle. Eine eigene Erkenntnis von Gut und Böse, eine autonome Klugheit, wie sie Eva anstrebte, ist nicht erwünscht und wird deshalb als unmöglich oder sogar blasphemisch gebrandmarkt. <br /><br />Ein weiteres, kennzeichnendes Phänomen, das mit der Stigmatisierung des Körpers einhergeht, ist die Verwerfung der Emotionalität. Im Hauptstrom unserer abendländischen Tradition, von Sokrates bis Descarte und darüber hinaus, galt als wichtigstes Werkzeug der Entscheidungsfindung und als einzig legitimer Handlungsimpuls immer nur die Vernunft, niemals das Gefühl, der Affekt. <br /><br />Doch die Abwertung von Gefühlen zugunsten einer kontrollierenden Vernunft führen zwangsläufig auch zu einer Beeinträchtigung der Empathie. Schlimmstenfalls wird das Mitgefühl als „weibische Schwäche“ diffamiert. Ohne Mitgefühl jedoch sind die patriarchalen, auf Konkurrenzkampf und Kontrolle ausgerichteten Strukturen noch sehr viel besser zu etablieren. So verstärkt sich das entstandene System stetig selbst. <br /><br />Die negativen Folgen der Verdrängung der Emotionalität sind uns erst seit den Forschungen von Sigmund Freud und seinen Nachfolgern in ganzem Umfang bekannt. Je stärker die Emotionalität verdrängt wird, desto bedrohlicher erscheint sie denen, die glauben, die Kontrolle zu haben, und desto erbarmungsloser wird sie bekämpft. Das gleiche kann für Aspekte der Weiblichkeit gelten. <br />Dem bekannten Psychoanalytiker Arno Grün zufolge ist die Abspaltung und Verdrängung unserer Gefühle ein schwärendes Krankheitssymptom, das auf der persönlichen Ebene zum Verlust der Handlungsautonomie und zur Neurose führt, auf gesellschaftlicher Ebene schließlich zum Faschismus (18).<br /><br />Nach Gefühlen, besonders nach dem sog. Lustprinzip zu handeln, gilt auch heute noch in vielen Teilen unserer Gesellschaft als etwas Minderwertiges, Schwächliches, Lächerliches und wird fast immer als weibliches Verhaltensmuster gewertet. Diese Abwertung ist jedoch nicht nur typisch für Männer, auch zahllose Frauen haben sie internalisiert. <br />In den USA z.B. ist noch immer das Erziehungsmuster weit verbreitet, demzufolge sich Mütter von ihren Söhnen mit dem Eintritt in die Pubertät gezielt emotional und körperlich zurückziehen sollen, damit die Männer ihre Rolle als prägende Bezugsperson geltend machen können. Dieser Wechsel der Einflußsphären soll verhinden, daß die Jungen unter dem weiblichen Einfluß „verzärtelt“ werden (19). Statt dessen sollen sie lernen, ihre Gefühle zu unterdrücken, um in dem gottgefälligen Konkurrenzkampf einer sozialdarwinistischen Gesellschaftsordnung bestehen zu können. Nahezu identische Ansätze finden wir in dem nationalsozialistischen Erziehungsratgeber Die Deutsche Mutter und ihr erstes Kind von Johanna Haarer, das mit nur geringen Veränderungen bis 1987 aufgelegt worden ist. Auch ihr galt das lustvolle Verlangen und die Empfindsamkeit des Kindes als zentraler Störfaktor, den man zu disziplinieren hatte.<br /><br />Heute können wir zum Glück beobachten, wie sich das Verhältnis zu Gefühl und Körper langsam verändert. <br /><br />Diese Umwertung begann mit Denkern wie Spinoza, der Geist und Materie nur als zwei Aspekte ein und derselben Substanz ansah, über die hinaus nichts existierte (20), und später Charles Fourier, der argumentierte, Gott hätte uns doch sicher nicht die Lust eingepflanzt, wenn ihr zu folgen nicht klug sei. Für ihn bedeutete das Lustprinzip den goldenen Weg zur Befreiung der Frau und einer sozialen Utopie (21). <br />Auch Nietzsche hatte erkannt, daß der Verstand ohne den sinnlichen Körper nur wenig Bedeutung habe. Er schrieb: <br /><br /><i>Leib bin ich ganz und gar, und Nichts ausserdem; <br />und Seele ist nur ein Wort für ein Etwas am Leibe. <br />Der Leib ist eine grosse Vernunft, eine Vielheit
mit Einem Sinne</i> (22).<br /><br />Welche tatsächliche Wirkmächtigkeit und Bedeutung die Gefühle für unser Bewußtsein und die Gesellschaft haben, dringt aber erst seit den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts vermehrt an eine breite Öffentlichkeit, maßgeblich durch die psychologischen Publikationen von Daniel Goleman, der 1995 den Begriff der „emotionalen Intelligenz“ prägte (23). <br />Gleichzeitig mit der Erkenntnis, daß Gefühle der Prime Mover des Menschen sind und die logische Vernunft nur ihr Werkzeug, ergaben neurologische Untersuchungen zudem, daß Geist und Körper tatsächlich untrennbar miteinander verbunden sind, wie Spinoza postulierte, die kartesische Trennung also nichts anderes gewesen ist, als eine heute unhaltbare Spekulation. <br /><br />Seit den 2000er Jahren wissen wir, ohne einen aus lebendigen Zellen aufgebauten Körper können Gefühle nicht entstehen, und ohne Gefühl für die eigene Befindlichkeit können keine Handlungsimpulse und kann kein Bewußtsein hervorgebracht werden (24). Die Leiblichkeit und die aus ihr hervorgehenden Affekte und Gefühle sind also unabdingbare Voraussetzung für alle Entwicklungen und alle Bewegungen des Lebendigen, des Menschen und seiner Kultur.<br /><br />Interessant ist, daß wir parallel zu diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen eine gesellschaftliche Entwicklung beobachten können, die darum bemüht ist, die soziale Bewertung anhand von Geschlechtsidentität oder sexueller Orientierung, die über Jahrtausende geherrscht hat, abzubauen. Der Körper soll aus der Herrschaft einer normierten Zuschreibung befreit werden; die Macht der Ideen über das, was physisch tatsächlich ist, soll gebrochen werden, damit die Individuen die Verfügungsgewalt über den eigenen Körper und dessen Darstellung zurückerobern können. Durch die Befreiung des Körpers wird den patriarchalen Strukturen eines ihrer wichtigsten Kontrollinstrumente entrissen.<br />Es scheint also, daß die starren Systeme mit ihrer dualistischen Abwertung des Körpers, der Emotion und der Weiblichkeit nun doch endlich ein Ende finden könnten.<br /><br />Doch blicken wir nur ein paar Jahrzehnte zurück, in die 80er Jahre. Dort sah die Lage noch deutlich weniger ermutigend aus. Das noch unmittelbar erfahrene Trauma des zweiten Weltkriegs und der Nazi-Diktatur war erfolgreich verdrängt worden und wirkte deshalb umso zerstörerischer im kollektiven Unterbewußten. <br />Schon 1952 sagte Konrad Adenauer im Bundestag: „<i>Ich meine, wir sollten jetzt mit der Naziriecherei mal Schluss machen. Denn verlassen Sie sich darauf: Wenn wir damit anfangen, weiß man nicht, wo es aufhört.</i>“ <br />Der emotional-körperliche Komplex wurde abgespalten und betäubt mit Arbeit, um das Unerträgliche nicht ertragen zu müssen. Denn genau das hätte man freigelegt, hätte man mit der von Adenauer gescholtenen „Naziriecherei“ weitergemacht. <br />Als Reaktion auf die Katastrophen der Shoa und des zweiten Weltkriegs, die nur durch eine vollständige Abspaltung der Gefühle entstehen konnten, wie Arno Grün beschrieb, wurden in der Nachkriegszeit Gefühle ein weiteres mal massiv diffamiert, um sie nicht zulassen zu müssen (25), (26). Konsequenterweise waren die 50er Jahre in Deutschland gleichzeitig ein herausragend frauenfeindliches Jahrzehnt.Die Gegenreaktion der 68er brachte zwar neue Ansätze, doch war der politische Widerstand oft nur ein maskierter Generationenkonflikt. Von der verkündeten sexuellen Befreiung profitierten meist nur die Männer und viele der politisch linken Akteur*innen migrierten später ins bürgerliche oder sogar ins rechte Lager. Was noch an Veränderungswillen geblieben war, wurde in den reaktionären, kapitalistischen Millieus unter Kohl, Reagan oder Thatcher erstickt, die mit dem Narrativ vom „freien Westen“ und ihrer patriarchalen sozial-darwinistischen und später neo-liberalen Ideologie alle kollektivistischen Ansätze bekämpfte, deren zugrundeliegende Maxime das Mitgefühl ist. Es herrschte weiterhin der gefühllose, perfide Stumpfsinn der männlich geprägten Ideologie der „ökonomischen Vernunft“. Denn der dualistischen Tradition zufolge ist ja die Vernunft, vor allem die ökonomische, eine Männerdomäne. Das zeigt sich auch heute noch z.B. in der Ungerechtigkeit, die bei der Vergabe von Bankkrediten herrscht. Frauen werden Geschäftskredite nicht nur sehr viel häufiger verweigert, sie zahlen dafür auch deutlich mehr Zinsen (27). <br /><br />Wie agiert man nun aber in einem solchen Umfeld, wenn man sich mit den Gegebenheiten nicht abfinden will, wenn man in einer Welt männlicher Logik ernst genommen werden will, wenn zudem aber das dualistische Denken, wenn die patriarchalen Strukturen als kulturell bedingter blinder Fleck internalisiert worden sind? <br />Ein Beispiel für das Handeln unter dem Einfluß dieser internalisierten Strukturen gibt die deutsch-türkische Autorin Lale Akgün. Bei ihr heißt es:<br />„<i>Jedes Betonen der Weiblichkeit war für Mama daher ein abscheuliches Vergehen, jede noch so kleine Geste, die als weibliches Verhalten hätte durchgehen können, tadelte sie als weibisch und prophezeite ‚eine freudlose Zukunft unter der Knute eines Mannes‘</i>.“ (28) <br />Als eine Gegenreaktion auf die Herrschaft des Mannes sehen wir hier eine aggressive Verleugnung der Weiblichkeit - durch eine Frau. Um in der Auseinandersetzung mit männlicher Macht bestehen zu können, schien als einzige Lösung nahe zu liegen, sich männliche Verhaltensweisen anzueignen. Wohin diese Strategie schlimmstenfalls führen kann, zeigt uns das Beispiel Margret Thatchers, die der ebenfalls reaktionäre Ronald Reagan als „<i>Englands besten Mann</i>“ bezeichnete (29).<br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhSK1OxtvHxSzHid1YeQIYWrkHOsmV6U1uRZ0ho9KjnZRmZTVXwDqqGxgobbmJC5Dk5Wjj44RGiAT_L1h_sJtLu1DS-30WD1xdDcQlcww15hEBI1We4_hDAQgKnQiyycZyRfO2qP0kfo-zeecNzmBVhAETERpEvlRUSwbjy8aKRnVawsGntutpMPs4tNw/s2400/Birne%20&%20die%20hexe.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="1350" data-original-width="2400" height="275" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhSK1OxtvHxSzHid1YeQIYWrkHOsmV6U1uRZ0ho9KjnZRmZTVXwDqqGxgobbmJC5Dk5Wjj44RGiAT_L1h_sJtLu1DS-30WD1xdDcQlcww15hEBI1We4_hDAQgKnQiyycZyRfO2qP0kfo-zeecNzmBVhAETERpEvlRUSwbjy8aKRnVawsGntutpMPs4tNw/w488-h275/Birne%20&%20die%20hexe.jpg" width="488" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Margret Thatcher und Helmut Kohl (Quelle: Frankfiurter Rundschau)<br /></td></tr></tbody></table><p><br />Auch im Nachkriegsdeutschland blieb, um gegen die patriarchalen, reaktionären Strukturen anzugehen, aus Mangel an schöpferischer Perspektive und ohne Zugang zu den eigenen Gefühlen, meist nur die männlich geprägte, aggressive Lösung: <br />Die Ideologie oder die Zerstörung all dessen, was als untragbar erkannt wurde. Da die antikapitalistischen Ideologien im Laufe der 80er Jahre ihre Kraft aber weitgehend verloren hatten, blieb zuletzt nur die Zerstörung.<br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjNC6hV5Ywj0FYV7EsNb00M8WKi53SuY19_EvYXfgN_ac2Gg0xo8hhThGSu762VW5bR2Pdhj5tzhIFGmWSU5guqhKVb8bZnpID7ttftjmkKLmpbfMFhom4mqskUCv2hQ4qqicfA5_hKxWgK4kzY9JD7TZYLJmak0vUG1vF5RbbEKWJhoLe7oKuxDh_PfQ/s600/R-5455809-1516454272-5470.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="593" data-original-width="600" height="405" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjNC6hV5Ywj0FYV7EsNb00M8WKi53SuY19_EvYXfgN_ac2Gg0xo8hhThGSu762VW5bR2Pdhj5tzhIFGmWSU5guqhKVb8bZnpID7ttftjmkKLmpbfMFhom4mqskUCv2hQ4qqicfA5_hKxWgK4kzY9JD7TZYLJmak0vUG1vF5RbbEKWJhoLe7oKuxDh_PfQ/w410-h405/R-5455809-1516454272-5470.jpg" width="410" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Ton Steine Scherben, "<i>Macht Kaputt, was Euch kaputt macht!</i>", Selbstverlag, 1970 (Quelle: discogs.com)<br /></td></tr></tbody></table><p>Jedoch war die Tatsache der Internalisierung patriarchaler Verhaltensweisen ebenso untragbar, wie die Verhältnisse selbst, gegen die aufbegehrt wurde. Also richtete sich dieser destruktive Impuls ebenso nach innen und wurde zur bewußten Selbstzerstörung.<br />Die Schlachtrufe der Widerständigen in den späten 70ern und 80er Jahren waren entsprechend „Macht kaputt, was euch kaputt macht“ (Ton, Steine Scherben), „Total destruction, the only solution“ (Bob Marley) oder „No future“ (Sex Pistols).</p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><br /></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;"><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjd3ZCqdI54pFpSbkf6H1tJRJDvsWcVptZk_vbtPNqEgYkjJDm2Y9-s-ypdBCI8ieYAIQF8b6EpD-pIRJh2wyqI-uZYGiatchkoW2CcVzcgV_mLtJ2oLCS2fDKDx_Z1kL8vDN2fqQJ0sUU0yOf0KLrFW-B36UNVVzavgsdZ8Gii5r8rFEUN9DK9FIZoGA/s500/Sex%20pistols%20no%20future.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="375" data-original-width="500" height="240" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjd3ZCqdI54pFpSbkf6H1tJRJDvsWcVptZk_vbtPNqEgYkjJDm2Y9-s-ypdBCI8ieYAIQF8b6EpD-pIRJh2wyqI-uZYGiatchkoW2CcVzcgV_mLtJ2oLCS2fDKDx_Z1kL8vDN2fqQJ0sUU0yOf0KLrFW-B36UNVVzavgsdZ8Gii5r8rFEUN9DK9FIZoGA/s320/Sex%20pistols%20no%20future.jpg" width="320" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Sex Pistols "No Future", 1977, (Quelle: Jonathan Maurice)<br /></td></tr></tbody></table></td></tr></tbody></table><p>Und so sehen wir in dem Text „Das Zimmer des Dichters“ nicht nur die literarischen Konventionen im Sinne einer Anti-Literatur zerstört, wir sehen auch die Figuren und das ganze Szenario in einer Situation, die von männlichen Handlungsmustern und destruktiven Lösungen gekennzeichnet ist: <br />Zwar gelingt es den Protagonist*innen auf dem Schlachtfeld kapitalistischer Interessen den Patriarchen den Schlüssel zur Macht zu entreissen - in diesem Fall das alles entscheidende Kontrollgerät - wodurch sie die Welt ins Chaos stürzen, doch wissen sie selbst mit diesem Gerät, das ihnen absolute Macht verleihen könnte, nichts anzufangen. Der Akt der Selbstermächtigung führt noch ins Leere und die Figuren bleiben der internalisierten und der im Außen wirksamen männlichen Machtlogik unterworfen. <br />„I don´t know what I want, but I know how to get it!“ (Sex Pistols)<br /><br />Dennoch gibt es im Text eine Ahnung von dem, was fehlt, eine diffuse Idee, daß da etwas ist, das in den Körper, in die Lebendigkeit und in die Welt zurückführen könnte.<br /><br />Als die Hauptfiguren der Geschichte durch das vom Halley´schen Kometen zerstörte Mexiko City stromern, heißt es: „I<i>ch kann den Steinbruch nicht vergessen. Ich weiß, es hat eine Bedeutung, daß wir dort nach dem Erdbeben gelandet sind. In der riesigen, verwitterten Steinwand hatte ich weit oben geheime Türen entdeckt, hinter denen etwas passierte. Ich habe es mehr gespürt als gesehen. Längst sind wir zurück in der Stadt und ich spüre es immer noch. Irgendetwas ist mit uns.</i>“ (30)<br />Doch diese Ahnung, die Empfindung von etwas Verborgenem, das auf die Erzählerin einwirkt, kann sich nicht entfalten. Zu sehr haben die internalisierten Strukturen die Erzählerin von ihrem Körper und ihren Emotionen entfremdet, zu sehr ist sie gefangen in einem System kapitalistischer Verwertung und ökonomischer Vernunft. Aber selbst in der tiefen, körperlosen Apathie, die sich daraufhin einstellt, zeigen sich zuletzt doch noch zaghaft die sinnlichen Impulse einer Welt, die nicht nur aus kalten, körperlosen Ideen besteht, sondern aus realer Erfahrung.<br />„<i>Eigentlich geht es mir gut. Aber eigentlich gehts mir gar nicht. Eigentlich bin ich erledigt. Die Tage gehen vorbei. Filme werden gewechselt, manchmal kriege ich eine andere Schicht. Hauptsächlich sitze ich in der Küche am Fenster. Ich existiere nicht.<br />Ich weiß selbst nicht, was es mit mir zu tun hat. Die Schatten der Gelblosen kleben mir an den Hacken. Dazwischen ist das Resedagrün vom Küchentisch. Das Land auf dem ich stehe ist grünlich-weiß wie Rauhreif und leer. Sehr leer.<br />Kein Charly, kein Dr. Mabuse, und Kairo meldet sich nicht.</i>“<br /><br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjijaSFWWvGkxp6CgswAAZWKC3mZTedvE3uQyZc-CHOIZ322t0mfcN0PNI38TrhvyjCSD-aSu_lnoJXcSgiS9zlVbTMKTvg3qGeRKXaiWTNGtLXVkuSRxF8j2dme2xUpeov7tV9MzcvbaSapPays4Qz8a6y1ksLB8HqjbK8X8yTwaT_ROOfFdcnwttHJA/s1198/Das%20Zimmer%20des%20Dichters%20last%2000011.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="1102" data-original-width="1198" height="409" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjijaSFWWvGkxp6CgswAAZWKC3mZTedvE3uQyZc-CHOIZ322t0mfcN0PNI38TrhvyjCSD-aSu_lnoJXcSgiS9zlVbTMKTvg3qGeRKXaiWTNGtLXVkuSRxF8j2dme2xUpeov7tV9MzcvbaSapPays4Qz8a6y1ksLB8HqjbK8X8yTwaT_ROOfFdcnwttHJA/w445-h409/Das%20Zimmer%20des%20Dichters%20last%2000011.jpg" width="445" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Hilka Nordhausen, Illustration zu "Das Zimmer des Dichters", 1987</td></tr></tbody></table><p><br />© Dr. Thomas J. Piesbergen / VG Wort, April 2023</p><p> </p><p> <span style="font-size: x-small;">(1) Alexander Kluy, <i>Mythen, Dreck und Schlacke - 100 Jahre Charles Bukowski</i>, Wiener Zeitung, 16.8.2020</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(2) R.D. Brinckmann, R.R. Rygulla, <i>Acid - Neue Amerikanische Szene</i>, März Verlag, Darmstadt, 1969</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(3) Marylène Patou-Mathis, <i>Weibliche Unsichtbarkeit. Wie alles begann</i>, Verlag Carl Hanser, München 2021 <br /></span></p><p><span style="font-size: x-small;">(4) Hermann Parzinger, <i>Die Kinder des Prometheus,</i> C.H. Beck, München, 2014 </span></p><p><span style="font-size: x-small;">(5) ebd. S.85<br /></span></p><p><span style="font-size: x-small;">(6) Joseph Campbell, Mythologie der Urvölker, Heinrich Hugendubel Verlag, München 1992</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(7) James Mellaart, <i>Catal Hüyük - A neolithic town in Anatolia</i>, Hudson & Thames, London 1967</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(8) Robert von Ranke-Graves, <i>Griechische Mythologie Bd. 1</i>, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg, 1960</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(9) Manuela Wagner, <i>Frauen im mykenischen Griechenland</i>, Naturhistorische Gesellschaft Nürnberg, docplayer.org</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(10) Bettany Hughes, <i>Mykene,</i> in: <i>Metropolen der Alten Welt</i>, Köhler & Amelang, Leipzig, 2014</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(11) Elke Hartmann, <i>Frauen in der Antike. Weibliche Lebenswelten von Sappho bis Theodora</i>, C.H. Beck, München 2007 </span></p><p><span style="font-size: x-small;">(12) Dietrich Willers, <i>Nacktheit</i> in: <i>Der Neue Pauly, Enzyklopädie der Antike</i>. Band 8, Metzler, Stuttgart 2000</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(13) Joseph Campbell, <i>Mythologie der Urvölker</i> und <i>Mythologie des Westens</i>, Heinrich Hugendubel Verlag, München, 1992</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(14) <i>Der babylonische Weltschöpfungsmythos Enuma Elisch</i>. Eingeleitet, neu übersetzt und kommentiert von Adrian Cornelius Heinrich, Beck, München 2022</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(15) <i>Große Lutherbibel</i>, Deutsche Bibelstiftung, Stuttgart, 1975</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(16) Karl Friedrich Geldner, <i>Rig-Veda. Das Heilige Wissen Indiens. Band II. </i>1923 </span></p><p><span style="font-size: x-small;">(17) <i>Große Lutherbibel,</i> Deutsche Bibelstiftung, Stuttgart, 1975</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(18) Arno Grün, <i>Der Verrat am Selbst. Die Angst vor Autonomie bei Mann und Frau</i>, Causa, München 1984 </span></p><p><span style="font-size: x-small;">(19) William F. Pollack, <i>Jungen - Was sie vermissen, was sie brauchen</i>, S. Fischer, Frankfurt, 2009</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(20) Baruch de Spinoza, <i>Die Ethik nach geometrischer Methode dargestellt</i>. (1677) Felix Meiner Verlag, Hamburg 1976</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(21) Charles Fourier, <i>Theorie der vier Bewegungen und der allgemeinen Bestimmungen</i>, Hrsg. Theodor W. Adorno, Suhrkamp, Frankfurt 1966</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(22) F. Nietzsche, <i>Also sprach Zarathustra</i>, Insel Verlag, München , 1976, S. 37</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(23) Daniel Goleman,<i> EQ. Emotionale Intelligenz</i>. dtv, 1997</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(24) Antonio Damasio, <i>Der Spinoza Effekt,</i> List, Berlin, 2007 und <i>Im Anfang war das Gefühl</i>, Siedler, München, 2017</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(25) Sabine Bode, <i>Kriegsenkel</i>, Klett-Cotta, Stuttgart 2013 und Bettina Alberti, <i>Seelische Trümmer</i>, Kösel, München 2010</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(26) Arno Grün, <i>Der Verrat am Selbst. Die Angst vor Autonomie bei Mann und Frau</i>, Causa, München 1984</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(27) mlk/dpa,<i> Frauen werden bei der Kreditvergabe benachteiligt</i>, spiegel.de, 4.3.2022 und <i>Kredite: Frauen werden bei Anleihen und Darlehen diskriminiert</i>, welt.de, 05.03.2019</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(28) Lale Akgün, <i>Tante Semra im Leberkäseland</i>. Geschichten aus meiner türkisch-deutschen Familie, Krüger Verlag, Frankfurt 2008</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(29) Gerhard Volkery, <i>Die Eiserne</i>, spiegel.de, 08.04.2013</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(30) Hilka Nordhausen, <i>Das Zimmer des Dichters</i>, Selbstverlag, Berlin, 1987, 2. Auflage 1988</span><br /><br /></p><p><br /></p><p><br /><br /><br /><br /></p><br /><br />Zettelhttp://www.blogger.com/profile/05972592629624420813noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-105331708839939436.post-15069616526836920072023-02-08T05:52:00.000-08:002023-02-08T05:52:11.898-08:00Schreibwerkstatt: Neuer Kurs ab dem 6. März 2023, Modul 1<p>Am <b>6. März 2023</b> beginnt ein neuer Kursabschnitt 1 der Schreibwerkstatt "Das Textprojekt".<br /><br />Der
Kursabschnitt 1 "Von der Idee zum ersten Entwurf" wendet sich vor allem
an Schreibanfänger, aber auch an Schreibende, die ihre handwerklichen
Fertigkeiten verbessern wollen.<br /><br />Inhaltlich werden wir uns mit
literarischen Grundkonflikten beschäftigen, mit der Gestaltung
lebendiger Charaktere und dem Entwurf überzeugender und packender
Handlungsverläufe und deren Struktur sowie allgemeinen dramaturgischen
und handwerklichen Problemen.<br /><br />Die Unterrichtseinheiten werden
begleitet von Hausaufgaben, in denen die Teilnehmer die erlernten
Techniken ausprobieren können - gerne auch im Rahmen eigener, bereits
bestehender Projekte. Die so entstandenen Texte werden in der Gruppe
besprochen. Alles darf, nichts muss...</p><p><br />ANMELDUNG per E-Mail: thomas.piesbergen (at) gmx.de<br /><br />Die Themen im Einzelnen:<br /><br />• Schreibmotivationen<br />• Authentizität und Fiktion<br />• Schreibmethoden<br />• Literarische Reduktion: Themen und Prämissen<br />• Konflikte und Transformation<br />• Charaktere: Protagonist und Antagonist<br />• Charaktere: Nebenfiguren und Dritte Kraft<br />• Charaktertiefe<br />• Charakterisierung<br />• Konflikte und ihre Entwicklung<br />• Akute Konfrontationen und verdeckte Konflikte<br />• Entwurf des Handlungsverlaufs: „Schicksalskurven“<br />• Gliederungsschemata: Dreiakter, Heldenreise, Regeldrama u.a.<br />• Struktur: Szenen, Schwellen, Spiegelungen, Motive<br />• Mechanismen der Eskalation<br />• Plot und Gegenplot<br />• Spannung erzeugen<br />• Das Setting<br />• Schauplätze<br />• Schreibhemmungen<br /><br />Ort: Atelierhaus Breite Straße 70<br />Kursdauer: 2 Monate (8 x 2 Stunden)<br />Teilnahmegebühr: 200,- € / ermäßigt 160,- €<br />Zeit: Montags 19:30 - 21:30</p><p><br /></p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEj7YR2gUK3Y2NdefMbmYFS147bOaYLre9XOZ-JGKZix1QwnbrFK6_Xld9nvXR_iEnaZeOmAbIXb-srYHsviomY8WbE2gQ0nZNGjdbZ7KeMyAbOiQuRRA5w23KmMg0bbETVGXeOr6NIacEk4-QJGMa3eW8wQ7iIwoEgtriMY6Wln7Vzp4VbVY_Q5KuPhrw/s3507/TXT%20Aushang%201-23.pages.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="3507" data-original-width="2480" height="688" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEj7YR2gUK3Y2NdefMbmYFS147bOaYLre9XOZ-JGKZix1QwnbrFK6_Xld9nvXR_iEnaZeOmAbIXb-srYHsviomY8WbE2gQ0nZNGjdbZ7KeMyAbOiQuRRA5w23KmMg0bbETVGXeOr6NIacEk4-QJGMa3eW8wQ7iIwoEgtriMY6Wln7Vzp4VbVY_Q5KuPhrw/w486-h688/TXT%20Aushang%201-23.pages.jpg" width="486" /></a></div><br /><p><br /></p>Zettelhttp://www.blogger.com/profile/05972592629624420813noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-105331708839939436.post-3260784075663245812022-12-19T01:23:00.000-08:002022-12-19T01:23:29.581-08:00Neuer Kurs der Schreibwerkstatt ab dem 9. Januar 2023<p style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">Am Montag, den 9. Januar 2023, startet die Schreibwerkstatt "Das Textprojekt" mit einem neuen Kursabschnitt: „Modul 2 - Die Textarbeit: Eine Geschichte wird lebendig“. <br />Neueinsteiger und Schreibanfänger sind ausdrücklich willkommen!
</span></p><p style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">Die inhaltlichen Schwerpunkte des Kurses sind <br /></span></p><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">- die Strukturierung von Texten</span><span style="font-size: medium;"> </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">- der richtige Einsatz der unterschiedlichen Textarten </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;"> </span><span style="font-size: medium;">(Beschreibung, akute Handlung, narrative Zusammenfassung, </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;"> narrative Schilderung, Innenschau, Dialoge),</span><span style="font-size: medium;"> </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">- Szenendramaturgie</span><span style="font-size: medium;"> </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">- der richtige Umgang mit verschiedenen Perspektiven </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;"> (1. Person, 2. Person, Personal, Auktorial, Neutral)</span><span style="font-size: medium;"> </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">- Rückblenden</span><span style="font-size: medium;"> </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">- Varianten der narrativen Chronologie</span><span style="font-size: medium;"> </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">- Zeitstufen des Erzählens</span><span style="font-size: medium;"> </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">- Erzähltempo</span><span style="font-size: medium;"> </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">- Überleitungen</span><span style="font-size: medium;"> </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">- Resonanz</span><span style="font-size: medium;"> </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">- metaphorische Ebenen</span><span style="font-size: medium;"> </span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">- sinnliche Elemente </span><br /></div><p style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">und andere Mittel und Handgriffe, um eine Geschichte zu einem lebendigen Leseerlebnis zu machen.
</span></p><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">Leitung: Dr. Thomas Piesbergen
</span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">Kursdauer: 2 Monate (8 Doppelstunden)</span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">Termin: Montag 19:30 - 21:30</span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">
Teilnahmegebühr: 200,- / 160,- € ermäßigt
</span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">Teilnehmerzahl: max. 10</span></div><div style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">
Atelierhaus Breite Straße 70
(Hamburg - Altona, oberhalb des Fischmarkts)
</span></div><div style="text-align: left;"><b><span style="font-size: medium;">Anmeldung: thomas.piesbergen (at) gmx.de</span></b></div><div style="text-align: left;"><b><span style="font-size: medium;"> </span></b></div><div style="text-align: left;"><b><span style="font-size: medium;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjZJLwQUhUVSQxn4BMssQ6HI_lIUSwPKeFoLs7KhVpaCgXjNKY3WjAEiMAh12FoJXrgq4NIlx5n0QqZCP5HBEveLuWcd0WWk56kz7hA-nDsmx0Hk4Bduss_KS82RNyFpgZwsYCbc4bKGzT8Xfds7SMvVwNu-BkZKdfp8Zn1lFYfzUoGp1W2fuZt-Az5Tw/s3242/Aushang%202,%202023.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="3242" data-original-width="2326" height="693" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjZJLwQUhUVSQxn4BMssQ6HI_lIUSwPKeFoLs7KhVpaCgXjNKY3WjAEiMAh12FoJXrgq4NIlx5n0QqZCP5HBEveLuWcd0WWk56kz7hA-nDsmx0Hk4Bduss_KS82RNyFpgZwsYCbc4bKGzT8Xfds7SMvVwNu-BkZKdfp8Zn1lFYfzUoGp1W2fuZt-Az5Tw/w498-h693/Aushang%202,%202023.jpg" width="498" /></a></div><br /> </span></b></div><p style="text-align: left;"><br /></p>Zettelhttp://www.blogger.com/profile/05972592629624420813noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-105331708839939436.post-78429417663865328702022-11-21T01:52:00.004-08:002023-05-24T03:30:25.337-07:00"Von Selbstentblößung und Zurschaustellung: Der nackte Körper und die Macht" Dr. Thomas Piesbergen zur Ausstellung „Auto No Me!“ von Pachet Fulmen<div style="text-align: justify;"><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjScF2GWyGtKCugxnBUyL8hMoQI3JAJiFs75e2MoUJ130nW5eZwMNMIWZlUkBP3972K5l4cieeD3dUVyKRLJ1jOCrQ0JOLvAggdzdiUYiOowdCQWpBXf44WykBaQ5jpUyzzXpeEyjNghOv6GoTzg9HmT7f5di1ZB3rOa2AdALJMVTGoZ6N-zW51o4d5ew/s461/Fulmen.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="461" data-original-width="329" height="513" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjScF2GWyGtKCugxnBUyL8hMoQI3JAJiFs75e2MoUJ130nW5eZwMNMIWZlUkBP3972K5l4cieeD3dUVyKRLJ1jOCrQ0JOLvAggdzdiUYiOowdCQWpBXf44WykBaQ5jpUyzzXpeEyjNghOv6GoTzg9HmT7f5di1ZB3rOa2AdALJMVTGoZ6N-zW51o4d5ew/w365-h513/Fulmen.jpg" width="365" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Pachet Fulmen, Auto No Me!, Einstellungsraum e.V. 2022<br /></td></tr></tbody></table><br /> </div><div style="text-align: justify;">Um das Verhältnis des modernen Mannes zur Sexualität zu erläutern, schrieb der amerikanische Dramatiker Edward Albee in seinem Theaterstück „The Zoo Story“ über Spielkarten mit pornographischen Abbildungen: „<i>It’s that when you're a kid you use the cards as a substitute for a real experience, and when you're older you use real experience as a substitute for the fantasy.</i>“<br /></div><p>Übersetzt heißt das ungefähr: „Als Kind hast du die Spielkarten als Ersatz für das wirkliche Erlebnis benutzt, und jetzt, wo du älter bist, benutzt du die wirkliche Erfahrung als Ersatz für deine Phantasie.“(1)<br /><br />Nach Edward Albee benutzen also Männer, die noch keine Möglichkeit haben, ihr Begehren im realen Zusammenhang auszuleben, zunächst visuelle Projektionsflächen, anhand derer sie ihre Phantasien entwickeln können. Dadurch entsteht ein so wirkmächtiger, von vorgegebenen Bildmaterialien definierter Komplex des Verlangens, daß die so geprägten Männer später nicht imstande sind, unmittelbare reale Erfahrungen zu machen. <br /><br />Natürlich geht es bei den Abbildungen, von denen Albee spricht, um pornographische Darstellungen von weiblichen Körpern. Wenn also ein durch Pornographie geprägter Mann mit einer Frau schläft, wird er nicht ihr in ihrem Körper begegnen, sondern in ihrer Körperlichkeit Anlässe suchen, die stimulierenden Bilder und die damit verbundenen Phantasien herauf zu beschwören. <br />Die Pornographie ist also nicht mehr Ersatz für die Begegnung mit der Frau, sondern die Frau nur noch ein Stimulanz pornographischer Vorstellungen, die zum eigentlichen, verinnerlichten Objekt des Verlangens geworden sind. Mit seiner Denk- und Handlungsweise ordnet der Mann die Frau mittels der pornographischen Bilder seinen sexuellen Phantasien unter, wodurch ein hierarchisches Machtgefüge entsteht.<br /><br />Das so entstandene Verhältnis läßt sich gut durch die strukturalistische Theorie über das Verhältnis von Mensch und Welt beschreiben. Nach Claude Levi-Strauss ist jeder menschlichen Kultur eine Struktur von Bedeutungen zu eigen, die alle Verhältnisse zwischen Menschen und Dingen terminiert, also auch allen Dingen ihren Wert und ihre Bedeutung zuordnet. <br />Auf diese Weise wird nicht nur der Wert aller Dinge bestimmt, sondern auch die Bedeutung von Menschen. Will also ein Mensch für einen anderen relevant sein, so muß er dessen Werteschema entsprechen. <br />In unserem speziellen Fall muß sich also die Frau an die pornographische Bildlogik des entsprechend geprägten Mannes anpassen, um für ihn relevant zu werden. Sie muß sich dem männlichen, pornographisierten Blick unterwerfen.<br />Dieser Blick wiederum verlangt die Herrschaft über den weiblichen Körper, vor allem die Kontrolle über dessen visuelle Zugänglichkeit. Demzufolge ist eines der großen Werkzeuge des Mannes zur Beherrschung der Frau, seine Verfügungsgewalt über die Entblößung oder Verhüllung des weiblichen Körpers.<br /><br />Dieser Gedankengang basiert zunächst auf dem oben genannten Zitat aus den späten 50er Jahren in den USA. Es bleibt die Frage nach Macht und Nacktheit im Spannungsfeld der Geschlechter in anderen Epochen. Dazu möchte ich mich zunächst den Ursprüngen der menschlichen Kultur zuwenden.<br /><br />In welchem Verhältnis Mann und Frau in der Altsteinzeit zueinander standen, ist nur sehr vage zu fassen. Aktualistische Vergleiche lassen vermuten, daß mit einer weitgehenden Gleichberechtigung zu rechnen ist. Die Befunde von Knochen legen eine homogene Arbeitsteilung nahe, da sowohl Männer als auch Frauen über einen sehr viel kräftigeren Körperbau verfügten, als heute, und auch bei Frauen Abnutzungserscheinungen auftraten, die man dem Speerwerfen zuschreibt, einem Aspekt der Jagd, die bislang als männliche Domäne galt.(2) Auch Grabbefunde, die sonst ein guter Indikator gesellschaftlicher Differenzierung sind, geben ein homogenes Bild (3).<br />In der sog. Plakettenkunst des Magdalenien (ca. 18.000-12.000 v. Chr.) werden auf kleinen, realistischen, manchmal karikaturesken Kratzzeichnungen sowohl Männer als auch Frauen in der gleichen Stellung gezeigt. die als Adorantenhaltung bezeichnet wird, also in einer anbetenden Stellung (4). <br />Beide Geschlechter werden nackt dargestellt. Hier begegnet uns womöglich erstmals der Topos der rituellen Nacktheit, die uns vor allem aus dem Antiken Griechenland bekannt ist. <br />Die Kleinplastiken des Jungpaläolithikums zeigen aber ein weit weniger ausgewogenes Bild. Hier dominieren die Abbildungen von Frauen mit deutlichen Kennzeichen der Schwangerschaft und stark betonten Geschlechtsteilen. Es ist sehr wahrscheinlich, daß es sich bei diesen Figurinen um Darstellungen einer universellen Muttergottheit handelt, das Prinzip der Fruchtbarkeit, die nicht nur das Fortbestehen der Menschen sichern soll, sondern das Fortbestehen des Lebens schlechthin (5).<br /><br />Diese Muttergottheit begegnet uns alles beherrschend wieder im jungsteinzeitlichen Catal Hüyük in Form der großen schwangeren Herrin der Tiere auf einem Leopardenthron. Die Grabbefunde in Catal Hüyük legen wiederum nahe, daß die Rolle der Frau in der Gesellschaft dominierend war. Sie war die Herrscherin über das Haus, über die Siedlung, über die Bedrohungen aus der Wildnis (6). <br />Diese Große Göttin ist in der gesamten Jungsteinzeit bis in die frühe Bronzezeit ein maßgebliches Bildthema und begegnet uns im minoischen Kreta ein letztes mal in dominierender Position. Mit entblößten Brüsten hält die kretische Göttin zwei Schlangen, Symbole des ewigen Lebens, in die Höhe. So wie die Göttin werden auch alle anderen Frauen auf minoischen Vasenmalereien und Fresken mit zur Schau gestellten Brüsten abgebildet (7). Sie werden in der Regel als Priesterinnen gedeutet.<br /><br />Für alle Kulturen dieser Traditionslinie gilt, daß die Frauen offenbar eine mindestens gleichberechtigte sozio-politische Rolle gespielt haben, wenn sie nicht sogar das gesellschaftliche und religiöse Leben bestimmten. Zudem gibt es keinerlei Hinweise darauf, daß die Schöpfer der genannten Darstellungen Männer gewesen sein müssen. <br /><br />Die Entscheidung, den weiblichen Körper zu entblößen, wird mit der größten Wahrscheinlichkeit also von Frauen gefällt worden sein, ebenso wie der Blick auf den weiblichen Körper ebenfalls ein weiblicher gewesen sein wird. Die Selbstentblößung muß also gelesen werden als ein Akt, indem sich Selbstsicherheit und Stolz auf die eigene Geschlechtlichkeit und deren soziopolitische Machtfülle ausdrücken. <br />Zeigte im minoischen Kreta oder im frühen Mykene eine Frau ihre Brüste, präsentierte sie selbstbewußt das, was ihre unantastbare gesellschaftliche Stellung legitimierte.<br /><br />Die mythologische Entwicklungslinie der Großen Göttin wurde schließlich von indoeuropäischen Invasoren aus Zentralasien langsam aber erbarmungslos zurück gedrängt. Im mykenischen Griechenland konnte die Frau ihre gesellschaftliche Rolle noch eine zeitlang mit Rückgriff auf die minoische Kultur und Tracht bewahren, doch die politische und ökonomische Macht ging mehr und mehr in die Hände der Männer über (8). Die Darstellungen von Priesterinnen und Göttinnen wurden langsam von männlichen Figuren ersetzt, so z.B. von Zeus, der in der mykenischen Frühzeit noch eine unbedeutende Nebengottheit war (9).<br /><br />Im klassischen patriarchalen Athen schließlich war die öffentliche, rituelle Nacktheit nur noch Männern vorbehalten, während sie für Frauen als anstößig galt. Tatsächlich wurde der Frau nicht nur vorgeschrieben, ihren Körper verhüllt zu halten, sondern ihr ganzes Leben sollte sich bestenfalls in den Mauern des Hauses abspielen, das sie nur zu rituellen Festen und in Begleitung verließ (10). Selbst in der Kunst, die nun nachweislich nur noch von Männern geschaffen wurde, galt die gänzliche Entblößung der Frau als skandalös, wie im Falle der knidischen Aphrodite des Praxiteles. Diese berühmte Plastik wurde vor allem Vorbild für die Abbildung von Hetären, also Prostituierten am Rande der Gesellschaft, deren Nacktheit alles rituellen Kontextes beraubt war (11). Sie ist nicht mehr als weibliche Selbstentblößung anzusprechen, sondern als männliche Zurschaustellung des weiblichen Körpers, der sonst unzugänglich ist, also als pornographisch.<br /><br />Wir erleben in der Antike eine Inversion des Verhältnisses von Macht und Nacktheit. Während in den bronzezeitlichen Kulturen die Frauen noch die Kontrolle über die Darstellung des eigenen Körpers hatten und die Selbstentblößung als Demonstration ihres privilegierten Standes nutzten, war diese Verfügungsgewalt in der Klassik auf die Männern übergegangen und die weibliche Nacktheit nur noch Gegenstand der Zurschaustellung (12), um dem männlichen Verlangen einen Ersatz für die reale Begegnung zu schaffen.<br /><br />Im levantinischen Komplex, aus dem die drei großen Buchreligionen hervorgegangen sind, erleben wir eine noch drastischere Wendung. Die Schlange, das bronzezeitliche Attribut der lebensspendenden Göttin, wird zur Widersacherin eines männlichen Gottes. Sie hat die Frau verführt, die wiederum den Mann zu Fall gebracht und mit ihrem Fehltritt die Scham und die Sünde in die Welt gesetzt hat. Die Nacktheit wird grundsätzlich tabuisiert und vor allem der Körper der Frau als initialer Reiz der Versündigung stigmatisiert. Er muß also kontrolliert werden, da er als eine stetige Bedrohung der Reinheit des Mannes gilt. <br /><br />Im orthodoxen Judentum dürfen Frauen entsprechend nur ihrem Ehemann ihr echtes Haar zeigen, weshalb es üblich ist, Perücken zu tragen. Im Islam müssen Körper und Haare der Frau bedeckt sein, nach radikalen Auslegungen sogar ihre gesamte Haut, während der Mann lediglich seine Unterarme zu bedecken hat. Nicht die Frau verfügt über die Sichtbarkeit ihres eigenen Körper, sondern ihr Mann. Es bleibt sein unumschränktes Privileg, sie nackt zu sehen, ebenso wie nur er gestatten darf, daß sie ihr Haar schneidet (13).<br />Gerade angesichts der gegenwärtigen Ereignisse im Iran wird deutlich, wie sehr die Kontrolle der Sichtbarkeit des Körpers vor allem ein Instrument der Unterdrückung sein kann (14). <br /><br />Im Gegenzug kann die weibliche Selbstentblößung, sei es die der Haare, des Gesichts oder der Brüste, als Akt des Protestes gegen die männliche Kontrolle verstanden werden. <br />1968 schockierten drei Studentinnen die Öffentlichkeit mit dem sog. „Busenattentat“ auf Adorno während einer Vorlesung (15). Seit 2008 protestiert die in Kiew gegründete feministische Gruppe „Femen“ programmatisch mit dem Mittel der Selbstentblößung. Und gegenwärtig protestieren die persischen Frauen gegen die patriarchalische Unterdrückung, in dem sie ihre Kopftücher verbrennen und die Haare schneiden.<br /><br />Auch die rituelle Nacktheit, die in vielen Zirkeln des Wicca-Kults, also des modernen Hexentums, praktiziert wird, kann man als eine Revolte gegen die patriarchalen und prüden Buchreligionen verstehen, die die Frauen über 2000 Jahre systematisch entrechtet haben (16).<br /><br />In den säkularisierten, westlichen Gesellschaften allerdings erleben wir die Nacktheit in der Regel nicht als Selbstentblößung, sondern als verlangt und erzwungen vom männlichen, pornographisierten Blick, dessen Zustandekommen Edward Albee in dem eingangs erwähnten Zitat beschrieben hat.<br />Bis in das frühe 21. Jhd. wurde also die Frau unter anderem beherrscht durch die Kontrolle des Grades der Entblößung, entweder in Form der Verhüllung oder der ausbeuterischen Zurschaustellung. Die Stigmatisierung des weiblichen Körpers und die daraus resultierende Dichotomie „Heilige oder Hure“ blieb die gleiche.<br /><br />Doch in den letzten 20 Jahren haben sich die Wege der Bilder in die Öffentlichkeit paradigmatisch verändert. Gab es im 20. Jhd. noch eine überschaubare Anzahl von Massenmedien, die meist von Männern kontrolliert wurden, und die alle Inhalte nach eigenem Gusto streng filterten, steht es heute jedem Menschen mit einem digitalen Endgerät offen, seine Beobachtungen, seine Meinung und vor allem sich selbst der Weltöffentlichkeit zu präsentieren.<br /><br />In seinem Essay „Transparenzgesellschaft“ erörtert Byung-Chul Han ausführlich die neuen Mechanismen und Bedingungen dieses Systems der Selbstentblößung. Nicht mehr die Einzelnen sind es, die mit ihrem Habitus, mit ihrer bewertenden Perspektive die herrschende Struktur aufrecht erhalten, sondern die Struktur hat begonnen, sich in einem kommunikativen Netzwerk zu dessen Bedingungen zu verselbständigen. <br /><br />In den sog. Sozialen Netzwerken werden das Gesicht, der Körper, Lebensführung und Identität nur noch nach ihrem Ausstellungswert bemessen, der sich in anonymen Klicks zeigt. In dem Bedürfnis nach sozialer Anerkennung und Einbettung unterwerfen sich die Nutzer*innen den Forderungen und Vorlieben einer nicht näher definierten Öffentlichkeit. Alle Äußerungen des Lebens werden auf eine Maximierung des Publikums und dessen Zuspruch abgestimmt. <br />Es geschieht eine Anpassung an das statistische Mittel der Werte, Bedürfnisse und Begierden - eine Anpassung an den Mainstream. <br />Und es geschieht eine entsprechende Umwertung des eigenen Lebens nach dessen Ausstellungswert. Befriedigung wird erzielt, indem der Blick der Öffentlichkeit befriedigt wird, und der ist noch immer geprägt von der männlichen, pornographisierten Perspektive. Selbst wenn eine intentionelle Selbstentblößung im Sinne der Selbstermächtigung im Physischen oder Psychischen stattfindet, muß sie sich, um wahrgenommen zu werden, den Herrschaftsstrukturen des öffentlichen Blicks unterwerfen, um überhaupt eine Öffentlichkeit zu generieren. Dazu wiederum müssen mögliche Makel beseitigt werden (17).<br /><br />Um vermeintliche Fehler des Körpers zu beseitigen wurde bis vor kurzem vor allem auf Make Up und plastische Chirurgie zurückgegriffen, heute sind es in erster Linie digitale Filter für Fotos und Videos, die jedem zur Verfügung stehen und die Körper und Gesicht nach Wunsch digital optimieren. Zudem wird ein Muster bereits erfolgreicher Posen und Bildzitaten reproduziert, die mögliche Unsicherheiten mit der eigenen Körperlichkeit oder deren individuelle Züge verdecken.<br /><br />Auf der Ebene der Persönlichkeit drückt sich die Anpassung an den Mainstream vor allem durch die Übernahme von Phrasen, Floskeln und aktuellen Sprachmoden und -regularien aus. Auch diese Umformung sprachlicher Äußerungen dient vor allem dazu, eine Persönlichkeit zu verbergen, die im Auge der Öffentlichkeit als mangelhaft erscheinen könnte.<br /><br />Zwar zielen all diese Handlungsweisen und Verhaltensmuster auf eine Anerkennung in einem zwischenmenschlichen Zusammenhang ab, tatsächlich aber begegnet man, unter Vorspiegelung einer Wunschpersönlichkeit und idealer Körperlichkeit, ebenso nur anderen Vorspiegelungen. In dem die Individuen versuchen, ihre soziale Isolation zu überwinden, findet durch die Mechanismen der digitalen Öffentlichkeit de facto eine zunehmende Trennung und Vereinzelung statt. An die Stelle des Sichtbar-Werdens ist eine das Individuum verschleiernde Pornographisierung getreten. <br /><br />Die Selbstentblößung wird, sobald sie den Bedingungen der digitalen Öffentlichkeit angepaßt ist, paradoxerweise also zur Selbstverhüllung. Dementsprechend ist auch die Suche nach sich selbst in einer unmittelbaren Begegnung mit dem Anderen nicht mehr möglich.<br /><br />Das ist das kulturelle Bedeutungsfeld, das Pachet Fulmen mit ihren Bildern befragt. Es geht in ihnen um den weiblichen Körper, dessen Selbstwahrnehmung und die Bedingungen seiner Sichtbarkeit in einer Welt sich wandelnder Macht- und Medienstrukturen.<br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEh1GeI56Dtn_7ZzL_ndaVvs4SKy6sHAHgqHjBpzWl28aOMrRLdB5lX7Oq0iUEBd5MTIBoDhf9_DurJMzUQel-I5enZrGQTsAjesbnbZkZ2Xj5HYAr28aNx8RNEg8pn_G_FyiQmsoOgyZGi-5qBKmrOYYIuVzRrLb77KTa1RF3sn6zkMvSVxK_L1s7wYrQ/s5484/DSC_3223_1gra%CC%88f.jpeg" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="5484" data-original-width="3706" height="551" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEh1GeI56Dtn_7ZzL_ndaVvs4SKy6sHAHgqHjBpzWl28aOMrRLdB5lX7Oq0iUEBd5MTIBoDhf9_DurJMzUQel-I5enZrGQTsAjesbnbZkZ2Xj5HYAr28aNx8RNEg8pn_G_FyiQmsoOgyZGi-5qBKmrOYYIuVzRrLb77KTa1RF3sn6zkMvSVxK_L1s7wYrQ/w372-h551/DSC_3223_1gra%CC%88f.jpeg" width="372" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Pachet Fulmen, Auto No Me!, 2022 (foto: Maik Gräf)<br /></td></tr></tbody></table><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><br /></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;"><br /></td></tr></tbody></table><p>Ein Merkmal vieler Bilder ist die Fleischlichkeit der Körper, die ihrer Haut beraubt scheinen. Es scheint, als wäre der Versuch unternommen worden, den Körper wieder unmittelbar erfahrbar zu machen, indem man ihm die Haut, die vorrangige Projektionsfläche des pornographisierten Blicks, abzieht. <br />Was bleibt sind Muskulatur, Gefäße, Blut, Nerven, das Gefäß unserer Gefühle und Selbstempfindungen - und es bleiben Verweise auf Prozesse, die dem weiblichen Körper vorbehalten bleiben, wie Geburt und Menstruation. Man darf diesen Aspekt der Bilder wohl lesen als ambivalente Chiffre für die Verletzlichkeit, die Selbsterkundung und schließlich Rückeroberung des eigenen Körpers, ebenso wie als stolze Selbstentblößung weiblicher Körperlichkeit im Sinne der minoischen Entblößung der Brüste.<br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi2Vow_CevxCZ48cF203SvkGSqheWHQP2ttaFwyMqSnojnIBKMFRoCfSQdKr53oJ90oTz_RrwygD6UHwxiSQQeyEz_t5IlkIWj9SxtD8NOSPpMtI3C7PEqrdqY5HHMecFhrK5wqyqhW138-YdvovTHj_5Qqm9YkdUFkIw26Bjrl15zlHUoSf--DS27-KQ/s5918/DSC_3191_1MAIK%20GRA%CC%88F.jpeg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="5918" data-original-width="3951" height="616" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi2Vow_CevxCZ48cF203SvkGSqheWHQP2ttaFwyMqSnojnIBKMFRoCfSQdKr53oJ90oTz_RrwygD6UHwxiSQQeyEz_t5IlkIWj9SxtD8NOSPpMtI3C7PEqrdqY5HHMecFhrK5wqyqhW138-YdvovTHj_5Qqm9YkdUFkIw26Bjrl15zlHUoSf--DS27-KQ/w412-h616/DSC_3191_1MAIK%20GRA%CC%88F.jpeg" width="412" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Pachet Fulmen, Auto No Me!, 2022 (foto: Maik Gräf)</td></tr></tbody></table><p> Zwei andere Aspekte zeigen sich auf einem Selbstportrait der Künstlerin, das angelehnt ist an ein Portrait des Journalisten Egon Erwin Kisch von Christian Schad aus dem Jahr 1928. Auf Schads Bild sieht man Kisch mit nacktem Oberkörper posieren; deutlich dabei zu sehen sind dessen Tatoos, die sich einer eindeutig rassistischen und sexistischen Bildsprache bedienen. Wir finden auf diesem Bild die stolze Selbstentblößung des Mannes, sowie seinen hierarchischen, bildgebenden Blick auf die beherrschten Gesellschaftsgruppen, in diesem Fall Frauen in pornographisierten Posen, Afro-Amerikaner als Witzfiguren und Asiaten als Mordopfer. <br /></p><p>Männliche Selbstdarstellungen dieser Art sind für uns nichts Ungewöhnliches, doch sobald eine Frau sich in diese selbstentblößende Pose der patriarchalen und kolonialen Machtdemonstration versetzt, sind wir irritiert. Wir werden notgedrungen zu der Frage gezwungen, wem wir, unserem unreflektierten Empfinden nach, diese Selbstinszenierung zubilligen.<br /></p><br /><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi5UDUMtoBMFDKiawrsBplENnKjpWx4Ad9YgZXyICSGeFthe9c-5G1WxuDms6J_BqRtCCJiKsioU_J4qVtyIld6SDIPF-J647XVow8hlQsZzi7lBF_MomYzWS9-NhbiOjetiJCc-IRh8IQ1rO0RkAWZ4EOBHgCl4VqoTgTBT7EL4cStxwQjsGT0rF2HyQ/s6016/DSC_3296MaikGra%CC%88f.jpeg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="4016" data-original-width="6016" height="367" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi5UDUMtoBMFDKiawrsBplENnKjpWx4Ad9YgZXyICSGeFthe9c-5G1WxuDms6J_BqRtCCJiKsioU_J4qVtyIld6SDIPF-J647XVow8hlQsZzi7lBF_MomYzWS9-NhbiOjetiJCc-IRh8IQ1rO0RkAWZ4EOBHgCl4VqoTgTBT7EL4cStxwQjsGT0rF2HyQ/w549-h367/DSC_3296MaikGra%CC%88f.jpeg" width="549" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Pachet Fulmen, Auto No Me!, 2022 (foto: Maik Gräf)</td></tr></tbody></table><p>Andere Bilder verweisen auf rituelle Nacktheit. Sie zitieren sub- und popkulturelle Bildthemen, die ihren Ursprung im Wicca-Kult haben. Die dargestellten Frauen werden in einen mystischen und märchenhaften Kontext überführt, in dem ihre Nacktheit Ausdruck ihrer übernatürlichen Macht ist. Ganz bewußt wird in diesem Zusammenhang auf ein gegebenes visuelles Repertoire zurückgegriffen, das vom Kitsch des femininen Mainstreams geprägt ist. Diese digitalen Bildwelten spielen wiederum eine wichtige Rolle bei der Selbstverortung und der Identitätsbildung junger Frauen und Mädchen.<br />Eine großformatige Arbeit zeigt eine nackte, bzw. gehäutete Frau, die sich ein Handy vor die Brust hält - fast scheint es mit ihrem Körper verwachsen und an die Stelle ihres Herzens getreten zu sein. Es bleibt offen, ob sie sich selbst, oder den Betrachter damit fotografiert. </p><p></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi8-2t5K6HFa9oEJqHZmO-wki7GN4IYKzZlSCimlOneyOBcOo2C64FofYfQ1JKAFSQzCWEyv37BqWGEjIgziSEeG9Y8NDyn-pxl2rsJXTAlK3VdkPfwqVuL_QLzKWMJEjJJg5SuHb91yUFF3l84_XyKRJs3mW3mANZkahbt6OOUmEP5an_NgecMkxmvqg/s5766/DSC_3163_1bjpggra%CC%88f.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="3848" data-original-width="5766" height="374" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi8-2t5K6HFa9oEJqHZmO-wki7GN4IYKzZlSCimlOneyOBcOo2C64FofYfQ1JKAFSQzCWEyv37BqWGEjIgziSEeG9Y8NDyn-pxl2rsJXTAlK3VdkPfwqVuL_QLzKWMJEjJJg5SuHb91yUFF3l84_XyKRJs3mW3mANZkahbt6OOUmEP5an_NgecMkxmvqg/w559-h374/DSC_3163_1bjpggra%CC%88f.jpg" width="559" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Pachet Fulmen, Auto No Me!, 2022 (foto: Maik Gräf)</td></tr></tbody></table><p><br />Doch während sie das Kommunikationsmedium in den Mittelpunkt ihrer Selbst rückt, ist sie völlig isoliert. Nur ihr Körper leuchtet roh und rot und präsent in einer weißen Leere, die sie von allen Seiten umschließt. Das Fleisch lebt, aber es bleibt allein in einer digitalen Welt.<br /></p><br /><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEh15wEhVKzy1wkBbetqoQ89h_kDTe3E1wObj55BaykvFgDYKaWHdZSGjS8NsTD5yEoE7beQtdtATLVvgQtmC9ylOEILRCrKjz2-7mhZfpNYd7L_2pvm2KTvzlExu_Qcv27bZ4sFL-DmeDsTdLnw40M5wlKugcKuhogat-hwWrPWiOszuCrEXJTUxzgquw/s5602/DSC_3197_1Gra%CC%88f.jpeg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="5602" data-original-width="4016" height="679" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEh15wEhVKzy1wkBbetqoQ89h_kDTe3E1wObj55BaykvFgDYKaWHdZSGjS8NsTD5yEoE7beQtdtATLVvgQtmC9ylOEILRCrKjz2-7mhZfpNYd7L_2pvm2KTvzlExu_Qcv27bZ4sFL-DmeDsTdLnw40M5wlKugcKuhogat-hwWrPWiOszuCrEXJTUxzgquw/w486-h679/DSC_3197_1Gra%CC%88f.jpeg" width="486" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Pachet Fulmen, Auto No Me!, 2022 (foto: Maik Gräf)</td></tr></tbody></table><p>Ein letztes Bild, auf das ich hinweisen möchte, zeigt ein Liebespaar in inniger Umarmung. Doch während die Frau erneut in ihrer ganzen Fleischlichkeit anwesend ist und dafür bereit scheint, ihrem Partner unmittelbar zu begegnen, ist er nur ein schwarzer Schemen, ausgefüllt von Kürzeln und Parolen aus dem Repertoire der Chats und Kommentare auf Facebook, Whatsapp & Co. <br />Von ihm ist nichts geblieben als diese sprachliche Maskerade, hinter der er sich verbirgt und die er zudem als Machtinstrument nutzt. <br />Denn während man als Betrachter*in der weiblichen Figur eine Nacktheit zugesteht, die nicht vom männlichen Blick befohlen, sondern selbst frei gewählt ist, migriert von der männlichen Figur lediglich das Wort „Slut“, also „Schlampe“ aus seinem anonymen Inneren auf ihren Körper über, und unternimmt damit den Versuch, sie dem patriarchalen Herrschaftsmuster „Heilige oder Hure“ und dem pornographisierenden Blick zu unterwerfen. <br /></p><p></p><p></p><p>Und damit tritt uns wieder der Entwurf des Mannes in Edward Albees Theaterstück vor Augen, der dadurch geprägt wurde, die Bilder als Ersatz für die Wirklichkeit zu nehmen, und der deshalb später nur noch imstande ist, die Wirklichkeit als Anlass zu nehmen, die verinnerlichten Bilder zu beleben und auf den fremden Körper zu projizieren.<br /><br /><br />© Dr. Thomas Piesbergen / VG Wort, November 2022</p><br /><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhYG8W_cJQ82EAP6ggcPHSWRdS-17hOkGr4K6A_UA3qNEuIYtcgTTwAf6FCvUIysSBRdEmwo1vkRkL97f27QVxBzLa44KXhnTAEduY_wtij7To_U4acBApZFKSBmSZtvfakzHedRhc7YicOeoA_5ZhWSH-nlLrqplhCyBvxN3UzVs7WXMACBR9kP_y-Jw/s4116/_V1A2322.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="2744" data-original-width="4116" height="373" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhYG8W_cJQ82EAP6ggcPHSWRdS-17hOkGr4K6A_UA3qNEuIYtcgTTwAf6FCvUIysSBRdEmwo1vkRkL97f27QVxBzLa44KXhnTAEduY_wtij7To_U4acBApZFKSBmSZtvfakzHedRhc7YicOeoA_5ZhWSH-nlLrqplhCyBvxN3UzVs7WXMACBR9kP_y-Jw/w560-h373/_V1A2322.jpg" width="560" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Pachet Fulmen, Auto No Me!, 2022 (foto: Hülser)</td></tr></tbody></table><p></p><p><span style="font-size: x-small;">Verwendete Literatur: <br /></span></p><p><span style="font-size: x-small;">(1) Edward Albee: The Zoo Story, Gardners Books, 2004</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(2) Marylène Patou-Mathis: <i>Weibliche Unsichtbarkeit.</i> <i>Wie alles begann</i>,Verlag Carl Hanser, München 2021 </span></p><p><span style="font-size: x-small;">(3) Hermann Parzinger: <i>Die Kinder des Prometheus</i>, C.H. Beck, München, 2014, S. 65</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(4) Hermann Parzinger: <i>Die Kinder des Prometheus</i>, C.H. Beck, München, 2014, S. 85, 86</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(5) Joseph Campbell: <i>Mythologie der Urvölker, </i>Heinrich Hugendubel Verlag, Munchen 1992</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(6) James Mellaart:<i> Älter als Babylon - Die Geschichte der Entdeckung von Catal Hüyük, einer Stadt aus der Steinzeit</i>, Mannheimer Forum, Mannheim 1972</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(7) Hermann Müller Karpe: <i>Grundzüge früher Menschheitsgeschichte Bd. 2,</i> Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1998</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(8) Manuela Wagner: <i>Frauen im mykenischen Griechenland</i>, Naturhistorische Gesellschaft Nürnberg, docplayer.org</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(9) Bettany Hughes: <i>Mykene, </i>in:<i> Metropolen der Alten Welt,</i> Köhler & Amelang, Leipzig, 2014</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(10) Elke Hartmann, <i>Frauen in der Antike. Weibliche Lebenswelten von Sappho bis Theodora,</i> München 2007 </span></p><p><span style="font-size: x-small;">(11) Dietrich Willers: <i>Nacktheit,</i> in: <i>Der Neue Pauly, Enzyklopädie der Antike</i>. Band 8, Metzler, Stuttgart 2000</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(12) Rolf Hurschmann, Ingomar Weiler: <i>Nacktheit: A. Mythos; B. Kult; C. Alltag und Sport</i>. In: <i>Der Neue Pauly, Enzyklopädie der Antike</i>, (DNP). Band 8, Metzler, Stuttgart 2000, ISBN 3-476-01478-9, Sp. 674–675.</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(13) Shaikh Muhammad Salih al-Munajjid, https://islamqa.info/ge/answers/139414/der-frau-ist-es-erlaubt-ihr-haar-zu-kurzen-um-sich-zu-verschonern-und-es-gibt-nichts-dagegen-einzuwenden</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(14) Abdel-Hakim Ourghi: <i>Das Kopftuch ist kein religiöses Symbol</i>, Rheinische Post online, 6. August 2018</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(15) Anne Lemhöfer: <i>Hörsaal VI - Busenattentat im Raum für Ideen</i>. In: Frankfurter Rundschau. 30. April 2008, abgerufen am 24. August 2019.</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(16) Gerald Gardner: <i>Witchcraft Today.</i> Einleitung von Margaret Murray. Rider and Co., London u. a. 1954. Neuausgabe: Citadel Press, New York NY 2004,</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(17) Byung-Chul Han: <i>Transparenzgesellschaft,</i> Matthes & Seitz, Berlin, 2013</span><br /><br /></p> <br /><br /><br />Zettelhttp://www.blogger.com/profile/05972592629624420813noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-105331708839939436.post-92002097403656014972022-10-24T05:24:00.003-07:002022-10-25T23:39:16.543-07:00Die unscharfe Grenze zwischen Körper und Welt - Dr. Thomas Piesbergen zur Ausstellung „Acceleration Time of Desire" von Sophia Latysheva<div style="text-align: justify;"><i><span style="font-size: small;">Die Ausstellung "Acceleration Time of Desire" von Sophia Latysheva in der Galerie des Einstellungsraum e.V. findet statt im Rahmen des Jahresthemas "Autonom?"</span></i></div><div style="text-align: justify;"><i><span style="font-size: small;"> </span></i></div><div style="text-align: justify;"><i><span style="font-size: small;"> <table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgsTe1tq-u6XSpvuhXazEweVmqSV6klERQrAWRf7mNSE0b3baMkI9J-u8wTK6wrFn_0sAmMgQM7NLQbwZvpMmdsP4wUCCmSGeGZYsPQOb0kPVcgYWiQ635UQhwVeU0iFaoSlJQuWgWlHJ04Arj5V-WB-ulVQlspZurmJQZk7JVNK2sOXdBCD3m6cF5biw/s461/Sophia.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="329" data-original-width="461" height="339" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgsTe1tq-u6XSpvuhXazEweVmqSV6klERQrAWRf7mNSE0b3baMkI9J-u8wTK6wrFn_0sAmMgQM7NLQbwZvpMmdsP4wUCCmSGeGZYsPQOb0kPVcgYWiQ635UQhwVeU0iFaoSlJQuWgWlHJ04Arj5V-WB-ulVQlspZurmJQZk7JVNK2sOXdBCD3m6cF5biw/w476-h339/Sophia.jpg" width="476" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Sophia Latysheva, <i><span style="font-size: small;">"Acceleration Time of Desire", Einstellungsraum, 2022<br /></span></i></td></tr></tbody></table><br /></span></i><br /></div><p style="text-align: left;">Eines der grundlegenden Konstrukte unserer Wahrnehmung ist die Opposition von Selbst und Welt. Wenn der Akt einer Wahrnehmung stattfinden soll, so setzt das voraus, daß Etwas ist, während ein Anderes außerhalb von ihm ist, etwas, das es nicht selbst ist und deshalb wahrgenommen werden kann. Karl Jaspers bezeichnet diesen Sachverhalt als Subjekt-Objekt-Spaltung. <br />„<i>Allen (…) Anschauungen ist eines gemeinsam: sie erfassen das Sein als etwas, das mir als Gegenstand gegenübersteht, auf das ich als auf ein mir gegenüberstehendes Objekt, es meinend, gerichtet bin. Dieses Urphänomen unseres bewußten Daseins ist uns so selbstverständlich, daß wir sein Rätsel kaum spüren, weil wir es gar nicht befragen. Das, was wir denken, von dem wir sprechen, ist stets ein anderes als wir, ist das, worauf wir, die Subjekte, als auf ein Gegenüberstehendes, die Objekte, gerichtet sind.</i>“ (1)<br /><br />Diese Spaltung, die mit dem Erwachen des menschlichen Bewußtseins, das immer auch ein Selbstbewußtsein ist, einhergeht, bringt die grundlegende Dichotomie von Welt und Mensch hervor. <br /><br />In der abendländischen Kulturgeschichte hat sich diese Opposition unter dem maßgeblichen Einfluß der dualistischen Buchreligionen mit ihrer Trennung von Gottheit und Welt, zu dem Konzept einer grundlegenden Trennung von Geist und Welt entwickelt. Die philosophiegeschichtlich bis heute wirksamste Formulierung in diesem Zusammenhang stammt von Descartes, der die Grenze zur Außenwelt um das wahrnehmende Subjekt zog. Definierend für die Innenwelt seien die res cogitans, die Dinge des Denkens, das Außen bezeichnet er als die res extensa, das Darüber-Hinausgehende. Descartes betonte: „<i>Die Außenwelt könnte ein bloßer Traum sein.</i>“<br /><br />Descartes definiert Geist und Welt also anhand ihrer Inhalte. Was er nicht beschreibt ist die Beschaffenheit der Grenze zwischen beiden Sphären, ebenso wenig berücksichtigt er den Prozess, in dem das eine in das andere übergeht. Er bezeichnet das Denkende als das „Ich“, aber den Prozess des Denkens selbst, den Prozess der Wahrnehmung, aus dem die Subjektivität ursprünglich hervorgeht, behandelt er nicht. <br />Die Unterlassung diese Grenze zwischen Selbst und Welt genauer zu untersuchen, ist dem geistigen Milieu des frühen 17. Jhd. anzulasten. Da Geist und Welt als unvereinbar miteinander galten und die Körperlichkeit der profanen Sphäre zugeordnet wurde, konnte die Grenze zwischen dem Körperlichen und dem Geistigen, wenn überhaupt, nur Gegenstand metaphysischer Spekulationen sein, andernfalls hätte man zugeben müssen, es sei möglich, den Geist, also auch das Göttliche, sofern man seine Grenzen kenne, mit Mitteln der Vernunft zu erfassen oder sogar zu messen.<br /><br />Erst in den letzten zwei Jahrzehnten wurde diese unüberwindlich scheinende Grenze zwischen Selbst und Welt, die Karl Jaspers ein unbefragtes Rätsel nennt, und die noch im Umfeld des radikalen Konstruktivismus der 1970er als absolut galt, zusehends zum Gegenstand neurobiologischer, empirischer Forschung. <br />Allen voran hat sich der Neurowissenschaftler Antonio Damasio in seinen Untersuchungen über das Zustandekommen von Gefühlen auch mit dem Zustandekommen von Bewußtsein und Subjektivität auseinandergesetzt und das derzeit maßgebliche Modell vorgelegt, das die Grenze zwischen Innen- und Außenwelt nicht als digitalen Übergang beschreibt, sondern als ein Kontinuum. <br /><br />Eine zentrale Rolle spielt dabei der Körper. Auch wenn diese Bedeutung auf der Hand zu liegen scheint, so haben wir dennoch ein tief verankertes kulturbedingt schizophrenes Verhältnis zu unserer Körperlichkeit. Denn wir betrachten den Körper einerseits als Teil der Dingwelt, die wir wahrnehmen können. Unserer abendländischen Denktradition zufolge ist er etwas Weltliches, Fleischliches, und, dem christlichen Dogma folgend, etwas per se Sündhaftes, das von unserem geistigen Selbst geschieden ist. <br />Diese Vorstellung hat eine lange, persistente Tradition und liefert schließlich auch das ideologische Substrat für solche Konzepte wie den Posthumanismus, der den menschlichen Geist als von der Materie geschiedene Software begreift, die man irgendwann schließlich verlustfrei in Supercomputer hochladen könne.<br /><br />Andererseits lehrt uns die Alltagserfahrung, daß es unmöglich ist, unser körperliches Befinden von unserem seelischen zu trennen. Denn jede Beeinträchtigung des Körpers schlägt sich auch seelisch nieder und jede seelische Regung zeitigt einen körperlichen Effekt, der uns ermöglicht, diese Regung als Gefühl zu erleben. Wir erfahren unseren Körper also nicht nur als etwas von uns Getrenntes, sondern zugleich als den Ort, an dem sich unser Selbst ereignet. <br /><br />Nach Antonio Damasio ist die Wahrnehmung des eigenen körperlichen Zustands auch für das Zustandekommen von Subjektivität und schließlich des Bewußtseins essentiell. Seinen Untersuchungen zufolge entsteht die Subjektivität aus den Bildern, die wir uns von unserem Körper als Ganzem machen, während er Sinneseindrücke aus der Außenwelt aufnimmt und zu Gegenständen des inneren Erlebens verarbeitet. <br />Diese sog. Körperkartierung schließt sowohl die Wahrnehmung des Rezeptionsvorgangs selbst ein, als auch unsere körperlichen Reaktionen darauf. Bewußtsein bedeutet also einerseits die Wahrnehmung wahrzunehmen, sowie die dadurch ausgelösten physischen Vorgänge, die wir in psychische Stimmungen übersetzen. Voraussetzung dafür ist jedoch die Selbstwahrnehmung der Zellen und ihrer jeweiligen Milieus. (2)<br /><br />Hier transzendiert Damasios Modell bereits die herkömmliche Vorstellung, das Selbst sei im Gehirn oder im Nervensystem eingeschlossen. Wir wissen inzwischen nicht nur von dem sog. zweiten Gehirn, also den deutlich älteren dichten Nervengeflechten im Darmbereich, sondern auch von den Wechselwirkungen zwischen Nervenimpulsen und ihrem Transit-Milieu, von denen die neutralen Primärimpulse modifiziert werden. <br /><br />Ebenfalls sind uns die epigenetischen Effekte bekannt, mit denen unsere Darmflora maßgeblich auf körperliche und seelische Zustände einwirkt. In diesem Zusammenhang stellt sich also nicht nur die Frage, inwiefern unser Selbst das Gehirn oder das Nervensystem transzendiert, sondern ob unser Selbst überhaupt einer Entität, die einer bestimmten Spezies angehört, zugeordnet werden kann, oder ob das, was wir als „Ich“ bezeichnen nicht vielmehr eine symbiotische Konstruktion ist, an der über vier Milliarden verschiedenste Bakterien in unserem Verdauungssystem beteiligt sind. <br /><br />Doch auch in einem für uns viel konkreter erfahrbaren Zusammenhang offenbart sich der Charakter der Grenze zwischen Subjekt und Welt als der einer unscharfen Überganszone. Laut Damasio entsteht die Subjektivität vor allem aus der Wahrnehmung der Wahrnehmung, also einer Verbindung des Wahrgenommenen mit den wahrnehmenden Organen, was nur durch das sog. Körperschema möglich ist, also durch unser Konzept und unser Empfinden des eigenen Leibes. Dieses Körperschema jedoch, ist keineswegs statisch. <br /><br />Der Neurologe Oliver Sacks beschrieb z.B. Menschen mit neurologischen Schäden, die Teile ihres eigenen Körpers nicht mehr als zu sich gehörend empfanden (3). Genauso kennen wir alle das Gefühl eines erweiterten Körperschemas, z.B. beim Hantieren mit einem Werkzeug oder Sportgerät, dessen Maße wir nicht bei jeder Aktion neu bedenken müssen. Wir entwickeln durch Gewöhnung ein Gefühl für die Erweiterung unseres Körpers. Diese Transzendierung des ursprünglichen Körperschemas kann soweit gehen, daß Autofahrer*innen ein Gefühl für den eigenen Wagen mit seinen Ausmaßen, seinen Eigenarten und Macken entwickeln, das ihnen ermöglicht, damit intuitiv zu manövrieren, ohne auf eine stark verzögerten Abgleich mit dem Logos zu warten.<br /><br />Dem Paläoneurologen Emiliano Bruner zufolge ist dafür die Entwicklung des Parietallappens verantwortlich, in dem unter anderem die Koordination von Hand und Auge angelegt ist, die wiederum einen wichtigen Baustein für das Zustandekommen des Körperschemas bildet (4). <br /></p><p style="text-align: left;">Anhand zahlreicher Gipsabgüsse der Gehirne von Hominiden konnte er eine kontinuierliche Vergrößerung dieses Hirnareals beobachten, die parallel zu der Entwicklung von Steingeräten verlief. Gleichzeitig konnte er spezifische Wechselwirkungen zwischen Werkzeug und dieser Region des Gehirn sfeststellen. Sobald ein Werkzeug richtig in der Hand liegt, ändert sich nicht nur die Leitfähigkeit der Haut, sondern es werden im Parietallappen Areale aktiviert, die für die damit ausgeführten Tätigkeiten sowie die Erinnerungen daran verantwortlich sind (5). </p><p style="text-align: left;"><br />Im Laufe der Evolution bildete der Mensch also ein Hirnareal aus, das sich gezielt an die Anforderungen des Werkzeuggebrauchs angepasst hat und Objekte intuitiv auf ihre Eignung als Werkzeug untersucht. <br />Die Kognitive Archäologin Miriam Haidle schreibt zu diesem Phänomen: „<i>Der Mensch wird nicht nur durch körperliche und geistige Eigenheiten charakterisiert, sondern wird erst verständlich durch seine unauflösliche Verknüpfung mit unbelebten Objekten, die durch ihn zu Teilen von Handlungen und dadurch der menschlichen Welt werden. Die Verbindung zwischen dem bewusst handelnden Subjekt Mensch und einem Objekt wird durch kognitive Prozesse geschaffen. Das Objekt wird dadurch als Werkzeug zu einer zeitlich begrenzten Erweiterung des Subjekts.</i>“ (6)<br /><br />An anderer Stelle weist Haidle darauf hin, daß Werkzeuge nicht nur unlösbar mit dem Menschsein verbunden sind, sondern auch unsere Wahrnehmung selbst beeinflussen. Durch sie lernen wir Qualitäten und Aspekte der materiellen Umwelt kennen, die uns ohne sie nur schwer oder gar nicht zugänglich wären. Zugleich verändern die durch sie gewährten Möglichkeiten den Blick auf die Dinge, die uns umgeben. Wer schon einmal Holz mit einer Axt gespalten und mit diesem Werkzeug dessen Materialität wahrgenommen hat, entwickelt eine andere Vorstellung davon, ein anderes Gefühl dazu. Werkzeuge erweitern also auch unsere kognitiven Sinne und damit unseren subjektiven Zugang zur Welt.<br /><br />Es scheint also, daß der Mensch eine Evolution durchlaufen hat, während der er sich neurologisch an eine von ihm geschaffene Technosphäre angepasst hat. Er hat sich genetisch so verändert, daß er ebenso wenig ohne Werkzeuge denkbar ist, wie ein Einsiedlerkrebs ohne Schneckenhaus oder eine Köcherfliegenlarve ohne ihren Köcher. Werkzeuge sind Teil des Menschseins.<br /><br />Betrachten wir vor diesem Hintergrund erneut das Selbst und forschen nach dessen Grenzen, müssen wir uns also die Frage stellen, wie weit es in die Sphäre der uns umgebenden Dinge hinein reicht? Wie die Grenze zwischen Selbst und Welt beschaffen ist? Und ist das, was wir als unser Selbst bezeichnen, nicht viel eher ein interaktives oder symbiotisches System organischer und anorganischer Elemente? </p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEinVyjGV6qEbEtIVj-IsFMOSMULQDJa79OKhvFbbreDyyWQ491BoSrMFQ5X-NCgUTY_P5O1CO8LordVccjQ3GYSHrzm1jj7rRmgK5ygDykubR_pehe6UzHCYr1IeOS3Au4gn_Dthhi7A80gaWJ8IOAgmZtBIMIiINnmk4ClJ7nJKA-kMbSu4fV5CiCS8Q/s500/Latysheva2.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="500" data-original-width="375" height="620" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEinVyjGV6qEbEtIVj-IsFMOSMULQDJa79OKhvFbbreDyyWQ491BoSrMFQ5X-NCgUTY_P5O1CO8LordVccjQ3GYSHrzm1jj7rRmgK5ygDykubR_pehe6UzHCYr1IeOS3Au4gn_Dthhi7A80gaWJ8IOAgmZtBIMIiINnmk4ClJ7nJKA-kMbSu4fV5CiCS8Q/w465-h620/Latysheva2.jpg" width="465" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;"><i><span style="font-size: small;">Sophia Latysheva, <i><span style="font-size: small;">"Acceleration Time of Desire", Einstellungsraum, 2022</span></i></span></i></td></tr></tbody></table><br /><p style="text-align: left;">Diese Fragen sind auch Ausgangspunkt der Arbeiten des aktuellen Werkkomplexes von Sophia Latysheva.<br /><br />Dazu hat sie sich einem gesellschaftlichen Feld zugewandt, auf dem dieser Themenkomplex immer wieder sichtbar und öffentlich verhandelt wird: der Leistungssport. In jeder Saison werden neue Regularien erarbeitet, die bestimmen, wie Sportgeräte beschaffen sein dürfen, welche technischen und biochemischen Mittel zur Steigerung der Leistung legitim, und welche körperlichen Modifikationen zulässig sind.<br /><br />Dem liegt die Vorstellung zugrunde, allen Sportler*innen die gleichen Voraussetzungen zu bieten, damit schließlich die rein individuelle Leistung beurteilt werden kann. <br />Doch schon bei minimalistischen Sportarten wie dem Skisprung beeinflussen bereits etliche technische Faktoren die erbrachte Leistung, wie z.B. Schnitt und Material des Anzugs, der Ski, das Wachs, die Bindung, der Schuh, der Helm etc.. Da sich zu diesem technischen Komplex auch noch zahllose körperliche und psychische Aspekte gesellen, wird unter den Skispringer*innen meist nur noch von einem System gesprochen. Die Aufgabe der Athlet*innen besteht also vor allem darin, alle disparaten Elemente zu bündeln, sich zu eigen zu machen und mit ihnen zu einem System zu verschmelzen. Die Leistung wird also nicht nur von den Sportler*innen erbracht, sondern durch das synergetische Zusammenwirken verschiedenster organischer und anorganischer, materieller und immaterieller Bausteine, aus denen eine Entität jenseits der herkömmlichen Definitionen des Individuums hervorgeht, ein Ganzes, das mehr ist, als die Summe seiner Teile.<br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjmr24Ad8JzzIMojDvdnzdckoxUJWTik2Qg51QnZCPvAwbBSPY8bwG7_Xf_VlLIs_Ma89gzRleRCUM2xZSCJi77V0GIpqiUtYd-1OsdT28KCGGIsCFOy47-c2ac7fPb62NcesZ6m78BSddqVAwMsWhbsG2fMJ36G_Ja1nl0ySmmTgYvxtgxiWrvg2yVCA/s500/Latysheva4.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="500" data-original-width="375" height="633" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjmr24Ad8JzzIMojDvdnzdckoxUJWTik2Qg51QnZCPvAwbBSPY8bwG7_Xf_VlLIs_Ma89gzRleRCUM2xZSCJi77V0GIpqiUtYd-1OsdT28KCGGIsCFOy47-c2ac7fPb62NcesZ6m78BSddqVAwMsWhbsG2fMJ36G_Ja1nl0ySmmTgYvxtgxiWrvg2yVCA/w474-h633/Latysheva4.jpg" width="474" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;"><i><span style="font-size: small;">Sophia Latysheva, <i><span style="font-size: small;">"Acceleration Time of Desire", Einstellungsraum, 2022</span></i></span></i></td></tr></tbody></table><br /><p style="text-align: left;"><br />Noch deutlicher wird die unlösbare Verbindung von Mensch und Technik im Motorsport, in dem nicht nur die Sportler*innen miteinander konkurrieren, sondern auch die Ingenieur*innen, die für die Technik verantwortlich sind. Zugleich können wir eine maximale Anpassung der Maschine an die jeweiligen Pilot*innen beobachten. Die Gestalt der Maschinen wird perfekt auf die Körpermaße der Fahrer*innen zugeschnitten, damit Körper und Gefährt zu einer Einheit verschmelzen können.<br /><br />Doch selbst wenn die Sportler*innen während eines Wettkampfes ihr Sportgerät perfekt in ihr Körperschema intergrieren und es Teil ihres subjektiven Erlebens wird, glauben wir in der Außensicht noch klar trennen zu können zwischen Subjekt und Objekt, da diese Integration, selbst wenn sie , wie wir inzwischen wissen,neurologisch verankert ist, nur temporär stattfindet.</p><p style="text-align: left;"></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhclJz_Sj6y2TdxyJx-LzA1Gfar5Z0dkcqkXIevLcsvz2P5Xaqlkbnr8QsKxQMRc5Tl019K_YtK8u0zE9mx1vFV5LYXZjr5mcIQgGV9i2izZNbUFUGPAkbqOMceZiL-m8-OkhhPUmhoTRMHpjyCFMztyy2ihtELKm-CE22rS7rKb4_hEZkVr9aw7vnoVQ/s500/Latysheva5.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="500" data-original-width="375" height="636" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhclJz_Sj6y2TdxyJx-LzA1Gfar5Z0dkcqkXIevLcsvz2P5Xaqlkbnr8QsKxQMRc5Tl019K_YtK8u0zE9mx1vFV5LYXZjr5mcIQgGV9i2izZNbUFUGPAkbqOMceZiL-m8-OkhhPUmhoTRMHpjyCFMztyy2ihtELKm-CE22rS7rKb4_hEZkVr9aw7vnoVQ/w477-h636/Latysheva5.jpg" width="477" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;"><i><span style="font-size: small;">Sophia Latysheva, <i><span style="font-size: small;">"Acceleration Time of Desire", Einstellungsraum, 2022</span></i></span></i></td></tr></tbody></table><br /><p style="text-align: left;"><br />Wie sieht es allerdings im Falle der Prothetik aus, die z.B. im Para-Sport eingesetzt wird und die nicht nur vorübergehend genutzt wird? Wie sehr ist ein künstliches Hüftgelenk oder ein künstlicher Unterschenkel Teil unseres Selbst? Sind die gelaserten oder künstlichen Linsen von Golfspieler*innen, mit denen sie ihre Sehkraft verdoppeln, Teil ihres Selbst oder Hilfsmittel, die die Forderung nach Fairness unterlaufen? Wenn Sportler*innen sich ohnehin unterscheiden durch Knochenbau und Muskeldichte, dürfen sich nicht auch ihre dauerhaften künstlichen Gliedmaßen voneinander unterscheiden, oder darf man nur mit normierten Prothesen an Wettkämpfen teilnehmen? Was ist Teil des Selbst und was nur ein körperfremdes Hilfsmittel? Und darf man die Entscheidung darüber Sportfunktionären überlassen?<br /><br />Auf diese Kontexte bezugnehmend bestehen die Objekte der vorliegenden Ausstellung Sophia Latyshevas einerseits aus Teilen von Fahrrädern, Motorrädern und anderen hochtechnischen Sportgeräten, andererseits aus Glasfasern und Epoxidharz, wie sie in der Prothesenherstellung verwendet werden.</p><p style="text-align: left;"></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgBLMDvvdPw8mYpEG-QYYFVz2PDuvh_4893kaZdt_pdoHGv3CsTKKxi2kPunb9o2y_iEge9MEPYisvAQCY9dw9wxKSjeaqsUlCBXhC_Kq-2j6qXMTt43j6YB139BiSSv8iDa5dtUjH1UamrJCezQIV78_pvnIru7crG8Jh3sUdhrXr7Qcbk8sVqTlIVZg/s688/Latysheva1.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="500" data-original-width="688" height="355" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgBLMDvvdPw8mYpEG-QYYFVz2PDuvh_4893kaZdt_pdoHGv3CsTKKxi2kPunb9o2y_iEge9MEPYisvAQCY9dw9wxKSjeaqsUlCBXhC_Kq-2j6qXMTt43j6YB139BiSSv8iDa5dtUjH1UamrJCezQIV78_pvnIru7crG8Jh3sUdhrXr7Qcbk8sVqTlIVZg/w488-h355/Latysheva1.jpg" width="488" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;"><i><span style="font-size: small;">Sophia Latysheva, <i><span style="font-size: small;">"Acceleration Time of Desire", Einstellungsraum, 2022</span></i></span></i></td></tr></tbody></table><br /><p style="text-align: left;"><br />Die Form der Fahrrad- und Motorradelemente ist meist an den menschlichen Körper angepasst, um die Verschmelzung mit dem Körper, die Integration ins Körperschema und dadurch die bestmögliche Kontrolle des Geräts und die organischste Übertragung kinetischer Energie zu erreichen - die innige Umschlingung eines Sportmotorrads durch seine Fahrer*in haben wir alle vor Augen. <br />Die Geräte sind also so konstruiert, daß sie bestmöglich ins Körperschema integriert werden können und Teil des subjektiven Erlebens der Athlet*innen werden. In ihrer Form ist also das Konzept der Erweiterung des Körpers und der Selbstwahrnehmung evident.<br /><br />Ergänzt werden diese Objekte durch Körperabformungen, die mit orthopädietechnischen Verfahren hergestellt werden. Doch auch wenn Herstellung und Ästhetik an künstliche Gliedmaßen gemahnen, sind die Elemente nicht von versehrten Körpern abgeformt, um etwas Fehlendes zu ersetzen und einen Mangel auszugleichen, wie es sonst für die Prothetik gilt. Vielmehr stammen sie von vollständigen, unversehrten Körpern. <br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjGZaI3z47fNnf_qIzvsNTSsXEORHkmJaMUJnVQ7VbYJvw-RuA8ufy8zE6cSLluwFij--IF-VdqLhIH4lw5Cw_zWJrgoFkIK1AXPLAMzfyVIuUPd_T8GGdpyHdvQ4NUJQScYXZOjiZVIBgnjy2ygtVtX8ijuFbfcW6oG3cQSN3rW1tDNlTs-OjbArFbIA/s400/Latysheva7.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="300" data-original-width="400" height="364" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjGZaI3z47fNnf_qIzvsNTSsXEORHkmJaMUJnVQ7VbYJvw-RuA8ufy8zE6cSLluwFij--IF-VdqLhIH4lw5Cw_zWJrgoFkIK1AXPLAMzfyVIuUPd_T8GGdpyHdvQ4NUJQScYXZOjiZVIBgnjy2ygtVtX8ijuFbfcW6oG3cQSN3rW1tDNlTs-OjbArFbIA/w485-h364/Latysheva7.jpg" width="485" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;"><i><span style="font-size: small;">Sophia Latysheva, <i><span style="font-size: small;">"Acceleration Time of Desire", Einstellungsraum, 2022</span></i></span></i></td></tr></tbody></table><p style="text-align: left;">Die Körperabformung sind also nicht gedacht als Ersatzteile, wie es Prothesen in der Regel sind, sondern machen die Objekte ganz im Gegenteil lesbar als Hinweise auf eine gleichwertige Erweiterung des organischen Körpers, die weder mit dem organischen Körper in Konkurrenz tritt, noch mit der an den Menschen angepaßten Technik.<br /><br />Wir erkennen in den so entstandenen Objekten offene Systeme, die aus dem menschlichen Körper, seinen Dimensionen und Bewegungsmustern hervorgegangen sind und die ohne ihn bedeutungslos wären. <br />Wir sehen vor uns Systeme, in denen wir, entsprechend unserer evolutionären Adaption des Parietallappens, instinktiv nach einem ergonomischen Zugriff suchen, damit wir sie in unser Körperschema integrieren können, um in einem synergetischen Prozess unseren Wirkungsgrad, unsere Interaktion mit der Welt und in diesem erweiterten Handeln schließlich auch unser Selbst, unsere Subjektivität zu erweitern. Dadurch untergraben die gewohnte Vorstellung einer kartesischen Grenze zwischen Selbst und Welt, zwischen Geist und Körper. <br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEibqDbySj9c_P7w67cThMyIMAOfUt49PO-5bG4kw8iuUsumIvlDHR1YAu84XMbRD4k1tEG0yo8hHZ5d7V_H_XLCqAJQYKpeoP0qN0kb4YOWlWOuV_ViQ3YynsDJw3h-i7cqfViIhUMv2eIDSPdnK4iSbvXtR-myXFb5oqHHjCkP_67sjBmS3D3vos73Bw/s400/Latysheva6.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="300" data-original-width="400" height="362" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEibqDbySj9c_P7w67cThMyIMAOfUt49PO-5bG4kw8iuUsumIvlDHR1YAu84XMbRD4k1tEG0yo8hHZ5d7V_H_XLCqAJQYKpeoP0qN0kb4YOWlWOuV_ViQ3YynsDJw3h-i7cqfViIhUMv2eIDSPdnK4iSbvXtR-myXFb5oqHHjCkP_67sjBmS3D3vos73Bw/w482-h362/Latysheva6.jpg" width="482" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;"><i><span style="font-size: small;">Sophia Latysheva, <i><span style="font-size: small;">"Acceleration Time of Desire", Einstellungsraum, 2022</span></i></span></i></td></tr></tbody></table><p style="text-align: left;">Es wäre zu viel verlangt, von der künstlerischen Position Sophia Latyshevas Antworten zu erwarten. Aber das, was sie in jedem Fall leistet ist, um bei der Begrifflichkeit von Karl Jaspers zu bleiben, das unbefragte Rätsel unseres bewußten Daseins, die Grenze zwischen Subjekt und Objekt, schließlich doch zu befragen.<br /><br />© Dr. Thomas Piesbergen / VG Wort, Oktober 2022</p><p style="text-align: left;"> </p><p style="text-align: left;">Literaturverweise<br /></p><p style="text-align: left;"><span style="font-size: x-small;">(1) Karl Jaspers: <i>Einführung in die Philosophie</i>. R. Piper, München 1953 / 1986, S. 24 f.</span></p><p style="text-align: left;"><span style="font-size: x-small;">(2) Antonio Damasio: <i>Im Anfang war das Gefühl,</i> Siedler, München, 2017, S.173</span></p><p style="text-align: left;"><span style="font-size: x-small;">(3) Oliver Sacks: <i>Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte</i>, Rowohlt Verlag, Hamburg, 2003 </span></p><p style="text-align: left;"><span style="font-size: x-small;">(4) Niels Birbaumer & Robert F. Schmidt: <i>Biologische Psychologie</i>, Springer, Berlin, 2010</span></p><p style="text-align: left;"><span style="font-size: x-small;">(5) Dirk Husemann: <i>Wie die Hand das Hirn formte</i>, Bild der Wissenschaft 7, 2019</span></p><p style="text-align: left;"><span style="font-size: x-small;">(6) Miriam Haidle: <i>How to think tools? A comparison of cognitive aspects in tool behavior of animals and during human evolution</i>, Universität Heidelberg, Print-on-Demand, 2006</span><br /><br /><br /><br /></p>Zettelhttp://www.blogger.com/profile/05972592629624420813noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-105331708839939436.post-60588852598993719112022-08-24T03:41:00.001-07:002022-08-24T03:53:29.803-07:00Neue Kurse der Schreibwerkstatt Das Textprojekt: Modul 1 in Altona und erstmals in Niendorf - ab dem 3. und 4. Oktober<p>Liebe Literaturfreund*innen!</p><p>Nach 12 Jahren Schreibwerkstatt am Fischmarkt habe ich die Gelegenheit auch in der wunderschönen <a href="https://www.werteerleben.de/" target="_blank"><b>Villa Mutzenbecher</b></a> im Niendorfer Gehege zu unterrichten.<br /></p><p>Am <b>3. Oktober</b> 2022 beginnt ein neuer Kursabschnitt 1 in Altona, am<b> 4. Oktober</b> startet der Kurs in der Villa Mutzenbecher.<br /><br />Der Kursabschnitt 1 "Von der Idee zum ersten Entwurf" wendet sich vor allem an Schreibanfänger, aber auch an Schreibende, die ihre handwerklichen Fertigkeiten verbessern wollen.<br /><br />Inhaltlich werden wir uns mit literarischen Grundkonflikten beschäftigen, mit der Gestaltung lebendiger Charaktere und dem Entwurf überzeugender und packender Handlungsverläufe und deren Struktur sowie allgemeinen dramaturgischen und handwerklichen Problemen.<br /><br />Die Unterrichtseinheiten werden begleitet von Hausaufgaben, in denen die Teilnehmer die erlernten Techniken ausprobieren können - gerne auch im Rahmen eigener, bereits bestehender Projekte. Die so entstandenen Texte werden in der Gruppe besprochen. Alles darf, nichts muss...</p><p><br />ANMELDUNG per E-Mail: thomas.piesbergen (at) gmx.de<br /><br />Die Themen im Einzelnen:<br /><br />• Schreibmotivationen<br />• Authentizität und Fiktion<br />• Schreibmethoden<br />• Literarische Reduktion: Themen und Prämissen<br />• Konflikte und Transformation<br />• Charaktere: Protagonist und Antagonist<br />• Charaktere: Nebenfiguren und Dritte Kraft<br />• Charaktertiefe<br />• Charakterisierung<br />• Konflikte und ihre Entwicklung<br />• Akute Konfrontationen und verdeckte Konflikte<br />• Entwurf des Handlungsverlaufs: „Schicksalskurven“<br />• Gliederungsschemata: Dreiakter, Heldenreise, Regeldrama u.a.<br />• Struktur: Szenen, Schwellen, Spiegelungen, Motive<br />• Mechanismen der Eskalation<br />• Plot und Gegenplot<br />• Spannung erzeugen<br />• Das Setting<br />• Schauplätze<br />• Schreibhemmungen<br /><br />Ort: Atelierhaus Breite Straße 70 / <a href="https://www.werteerleben.de/" target="_blank">Villa Mutzenbecher</a><br />Kursdauer: 2 Monate (8 x 2 Stunden)<br />Teilnahmegebühr: 200,- € / ermäßigt 160,- € (Villa Mutzenbecher: 240/200)<br />Zeit: Montags 19:30 - 21:30<br /><br /><br /> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg4DK3x7D9lbqSpBXPt2GR3nXd4dJvtAbYRXkdE8hwkmeh2I9xoC6j86qEgEGUXwdCBZyH618TYasUhsrwB6QFsiYjPn9toeIP7KyYGSK7t3x407IG2adde2UfxMPk3vMUjppmKoW_blp6Yrb7w95j2p-3ywRpIh70Jb2upMUUzLlNHomNwF6eUD_9kbA/s3507/TXT%20Aushang%20neue%20Version%202022%20Kopie.pages.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="3507" data-original-width="2480" height="634" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg4DK3x7D9lbqSpBXPt2GR3nXd4dJvtAbYRXkdE8hwkmeh2I9xoC6j86qEgEGUXwdCBZyH618TYasUhsrwB6QFsiYjPn9toeIP7KyYGSK7t3x407IG2adde2UfxMPk3vMUjppmKoW_blp6Yrb7w95j2p-3ywRpIh70Jb2upMUUzLlNHomNwF6eUD_9kbA/w448-h634/TXT%20Aushang%20neue%20Version%202022%20Kopie.pages.jpg" width="448" /></a></div><br /><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEig_iAOIf8EOUuIyvz6T3Amj-6IGkyTI_bWXCggwOqIhoe89cmgWfB4S8x5JXY4lv3JfIo5_8WjGT5xLcSrBKDeFYQQua8gfVkV5ta1gwM-ox2iCAOvvz9FBdA8Z0uaZLUGmng4BORm6LRASJJJw03NnKRQlyy287NfgbXQMvmXk8G_cZ7wUfLjAkhFiA/s981/07_Villa_gesamt_1_981x715-86c4b0170ca5252gc3a801d17704d89f.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="652" data-original-width="981" height="296" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEig_iAOIf8EOUuIyvz6T3Amj-6IGkyTI_bWXCggwOqIhoe89cmgWfB4S8x5JXY4lv3JfIo5_8WjGT5xLcSrBKDeFYQQua8gfVkV5ta1gwM-ox2iCAOvvz9FBdA8Z0uaZLUGmng4BORm6LRASJJJw03NnKRQlyy287NfgbXQMvmXk8G_cZ7wUfLjAkhFiA/w444-h296/07_Villa_gesamt_1_981x715-86c4b0170ca5252gc3a801d17704d89f.jpg" width="444" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Villa Mutzenbecher © ML Preiss, Deutsche Stiftung Denkmalschutz </td></tr></tbody></table><br />Zettelhttp://www.blogger.com/profile/05972592629624420813noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-105331708839939436.post-26970558436641343532022-07-21T04:41:00.002-07:002022-07-21T04:41:13.942-07:00Schreibwerkstatt Das Textprojekt: Neues Modul 3 ab dem 8. August 2022<p> Liebe Ehemalige!<br /><br />Am 8. August 2022 beginnt ein neuer Kursabschnitt 3 der Schreibwerkstatt "Das Textprojekt": </p><p><b>Die Überarbeitung</b><br /><br />Im Kurs beschäftigen wir uns mit der Ausarbeitung und Präzisierung der Kernaussagen literarischer Texte und der Erarbeitung einer geschlossenen stilistischen Gestalt.<br /><br />Wir lernen unter anderem, wie die charakterliche Kontinuität von Figuren aufrecht erhalten wird, wie man die Repräsentation von Konflikten auf den Punkt bringt, wie man die Dramaturgie von Sätzen, Absätzen und Szenen so effektive wie möglich herausarbeitet, wie Dialogketten funktionieren, wie man in Schichten schreibt, wie verunglückte Szenen wieder eingerenkt werden können, wie man sinnvoll und effektiv kürzt, wie man Texten ein rhythmisches Gefüge und Melodie verleiht, typische Stilmacken vermeidet, perspektivische Fehler erkennt und korrigiert und wie man Texte mit farbigen Metaphern, präzisen Vergleichen und intensiven Sinneseindrücken lebendig gestaltet.<br /><br />Es sollten bestenfalls Texte vorhanden sein, die überarbeitet werden können. Eine Teilnahme ist aber genauso gut ohne umfangreiches eigenes Textmaterial möglich. <br /> </p><p>Anmeldungen unter: thomas.piesbergen (at) gmx.de<br /><br />Ein neuer Abschnitt 1 beginnt am 17. Oktober 2018<br /><br /><br />DAS TEXTPROJEKT<br />Atelierhaus Breite Straße 70<br />Hamburg - Altona<br />Dienstag 19:30 - 21:30<br />Kursdauer: 2 Monate ( 8 x 2 Stunden )<br />Teilnahmegebühr: 200,- / 140,- € ermäßigt<br />Gruppengröße: min. 4. - max. 10 Teilnehmer</p><p> </p><p></p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhmRvkoUuDMiBZc1y4tHPeOHHLQQmvz11YaOMzBzdYbAugjA81SIMnTygwRDY6dJBCisZzick5bi1qzcVguUz7DzBKuiIRxb0MP-7A9nKeSOHb0dP2fsw2eGmA79IFRTMN_guCqY-tiLLSDm_fqe-ZsjgqszbJGWzWF_Lr698MWV-jsmD3ph0r95uO-og/s3507/Aushang%203,%202022.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="3507" data-original-width="2479" height="618" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhmRvkoUuDMiBZc1y4tHPeOHHLQQmvz11YaOMzBzdYbAugjA81SIMnTygwRDY6dJBCisZzick5bi1qzcVguUz7DzBKuiIRxb0MP-7A9nKeSOHb0dP2fsw2eGmA79IFRTMN_guCqY-tiLLSDm_fqe-ZsjgqszbJGWzWF_Lr698MWV-jsmD3ph0r95uO-og/w437-h618/Aushang%203,%202022.jpg" width="437" /></a></div><br /> <p></p>Zettelhttp://www.blogger.com/profile/05972592629624420813noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-105331708839939436.post-6793988016189484982022-06-23T02:55:00.008-07:002022-06-25T06:50:31.152-07:00Das Narrativ vom gelobten Land - Dr. Thomas Piesbergen über die Ausstellung "Sehen-Sucht" von Esther Heltschl<div style="text-align: justify;"><i>Die Ausstellung "Sehen-Sucht" zum Jahresthema "Autonom?" findet bis zum 15.7.2022 im <a href="http://einstellungsraum.de/">Einstellungsraum e.V.</a> , Hamburg statt.</i></div><div style="text-align: justify;"><br /></div><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjtn-LBw24DUbYEaSvFgox3ktLwK9btwFpFyZESSjtLcmCLhT-bq1X3KJZ6pMKRgQA2XwERq4TtjQ1USIZjC5ApUR5LmQRdtHsOxEC_VxY4L05qTmcpFDa7pQRDQojmS2ZSaVwNwMjpMUf23tgxxALt8GdHAto_eZEpTAsjDEWrV9_27WmQbLq6Y2NDnA/s706/Esther.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="504" data-original-width="706" height="297" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjtn-LBw24DUbYEaSvFgox3ktLwK9btwFpFyZESSjtLcmCLhT-bq1X3KJZ6pMKRgQA2XwERq4TtjQ1USIZjC5ApUR5LmQRdtHsOxEC_VxY4L05qTmcpFDa7pQRDQojmS2ZSaVwNwMjpMUf23tgxxALt8GdHAto_eZEpTAsjDEWrV9_27WmQbLq6Y2NDnA/w416-h297/Esther.jpg" width="416" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Esther Heltschl, Sehen-Sucht, 2022<br /></td></tr></tbody></table><br /><p style="text-align: left;"><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Ein zentraler Aspekt der Menschwerdung und gestaltgebende Kraft aller ideellen menschlichen Kultur ist eine Fähigkeit, die uns so selbstverständlich und alltäglich erscheint, daß wir ihre Bedeutung und tiefgreifende Wirkung auf unser Leben kaum wahrnehmen. Es ist unsere Fähigkeit Geschichten zu erzählen.</span></span><br /><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Die Voraussetzungen des Erzählens sind die Fähigkeit, die zum Sprechen notwendigen Laute zu bilden, eine Vorstellung von Vergangenheit und Zukunft zu haben sowie von der sich daraus ableitenden Kausalität, und ein selbstreflexives Bewußtsein, das einhergeht mit der sog. „Theorie of Mind“, also dem Vermögen des Menschen, sich ein Bewußtsein vorzustellen, das nicht sein eigenes ist, sondern das eines anderen Menschen, der imstande ist, ebenso wahrzunehmen, zu fühlen und zu denken wie er selbst.</span></span><br /><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Aus diesen Merkmalen des werdenden Menschen ging das Erzählen von Geschichten emergent als überlegene evolutionäre Strategie hervor. War ein Mensch einer gefährlichen Situation ausgesetzt und überlebte sie, konnte er den Mitgliedern seiner Gruppe davon berichten. Er konnte schildern, wie er eine Herausforderung gemeistert hatte oder einer Gefahr entronnen war, und konnte seine Zuhörer dadurch auf ähnliche Situationen vorbereiten und ihnen Lösungsstrategien mit auf den Weg geben. Durch Geschichten wurden also Problemlösungen vermittelt. </span></span><br /><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">In dem Geschichten anderer rezipiert und in der Vorstellung nachvollzogen wurden, entstand zudem ein hypothetischer Raum. Auf der inneren Bühne des menschlichen Geistes konnten sich Dinge abspielen, die von den Individuen selbst nicht erlebt worden waren. Es entstand die Fiktion. </span></span><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Da der Mensch zudem gelernt hatte, alle Beobachtungen in narrative Kausalketten zu überführen, um den Herausforderungen seiner Umwelt planend begegnen zu können, wurden auch Ereignisse, die für das menschliche Leben essentiell aber unerklärlich waren, mit fiktiven Ursachen versehen, aus denen wiederum Strategien abgeleitet werden konnten, um diese Widrigkeiten vermeintlich zu überwinden, oder sich wenigstens vor ihnen zu schützen. </span></span><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">So entstanden die ersten mythologischen Narrationen, die die Erlebniswelt des Menschen strukturierten und sich schließlich zu religiösen Systemen verfestigten .</span></span><br /><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Indem Geschichten tradiert wurden, konnten sie bereits in der Frühzeit zum kulturellen Erbe einer Menschengruppe werden. Die Gruppe konnte sich wiederum über ihre spezifischen Geschichten von anderen Gruppen absetzten und sich selbst definieren. </span></span><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Gleichzeitig entstand beim Erzählenden eine individuelle Identität. Indem er erzählte, setzte er sich von seinen Zuhörern ab. Er wurde von ihnen als der Akteur und Vermittler der erzählten Ereignisse wahrgenommen. Dieses Wahrgenommen-Werden wirkte reflexiv auf die Selbstwahrnehmung des Erzählenden zurück. Nicht das Ereignis selbst, sondern erst das Erzählen und das Gehört-Werden, ermöglichten es, den Unterschied zwischen der eigenen und der fremden Erfahrung zu realisieren. Die individuelle Identität entstand also aus einer Selbsterzählung, ebenso wie die Gruppenidentität aus der Summe kollektiver Erzählungen entstand. </span></span><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Bis heute hat sich weder an dieser psychologischen und sozialen Funktion von Geschichten, noch an deren Grundstrukturen etwas geändert.</span></span><br /><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Da die Geschichten in der Frühzeit des Erzählens nicht nur von singulären Ereignissen berichteten, sondern auch von den zyklischen Krisen des menschlichen Lebens, und sich selbst außergewöhnliche Ereignisse über die Generationen hinweg wiederholten, kam es zu Überlagerungen der Geschichten, in denen sich die erzählten Elemente verdichteten zu wertaffirmativen und schließlich normativen Komplexen. Diese Komplexe bezeichnet man als Narrative. Es sind einzelne Denkfiguren, die wertende erzählerische Strukturen implizieren und damit soziale Werte und Normen vermitteln. </span></span><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Vielleicht waren die ersten Narrative die vom bösen Tier in der Dunkelheit, von der eingeschworenen Jagdgemeinschaft, von der schützenden Macht des Feuers oder des selbstlosen Muts, der zur Überwindung gefährlicher Jagdbeute führen konnte. </span></span><br /><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Ein belegtes Narrativ, das wir an der Kunst des Mittelpaläolithikums ablesen können, war das der lebensspendenden, universellen Weiblichkeit, das erst Jahrtausende später in den patriarchalen Kulturen von dem Narrativ der Frau als Heiligen oder Hure ersetzt wurde.</span></span><br /><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Im Laufe der Menschheitsgeschichte wuchs die Zahl der Narrative und während die Menschen immer zahlreicher und die Gruppen immer differenzierter wurden, wurden auch die normativen Narrative immer differenzierter und differenzierender. Manche von ihnen wurden zum Grundakkord ganzer Gesellschaftssysteme. Eines dieser heute dominanten Narrative ist z.B. das individualistische „Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied“ des Calvinismus, in dem Max Weber die Grundstruktur des kapitalistischen Geistes sah. Wir begegnen ihm in fast allen Hollywood-Produktionen, in neoliberalen Parteiprogrammen, in der Ratgeber- und Selbsthilfeliteratur, in Redensarten, in der Werbung, in politischen Kommentaren, in den Selbsterzählungen digitaler Influencer, in gutgemeinten Ratschlägen etc.pp..</span></span><br /><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Ein anderes Narrativ, das bereits uralt ist und etliche Überformungen erlebt hat, ist das Narrativ vom Gelobten Land. Um dessen Mechanismus zu begreifen, müssen wir wieder einen kurzen Blick auf die Psychologie des Erzählens an sich werfen. Wie weiter oben dargestellt werden Geschichten erzählt, um Problemlösungen aufzuzeigen. Wenn wir heute einer Narration folgen, in der eine Figur mit einer schier unlösbaren Aufgabe konfrontiert wird, erwarten wir, daß die Figur über sich selbst hinauswächst und das Problem löst; oder wir sehen die Figur scheitern, lernen daraus aber, welche Transformation sie hätte durchleben müssen, um das Problem zu lösen. </span></span><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Wirklich ausweglose Szenarios sind ausgesprochen selten und nehmen in der Literaturgeschichte einen Sonderstatus ein, wie die exemplarischen Erzählungen und Romane Franz Kafkas. Denn in allen anderen Narrationen wäre der Prozess zu gewinnen oder das Schloß zu betreten. Diese Variante bleibt also ein Einzelfall und wird entsprechend als „kafkaeske Situation“ bezeichnet.</span></span><br /><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Wenn also von einem Problem erzählt wird, wird in der Regel zugleich vorausgesetzt, das Problem sei lösbar. Ebenso verhält es sich mit dem fernen, meist schwer erreichbaren Ort, dem Gelobten Land. Den psychologischen Gesetzen der Narration zufolge, muß dieser Ort erreichbar sein. Die Hoffnung wird mit erzählt.</span></span><br /><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Die ersten Geschichten, in denen sich das Narrativ vom gelobten Land herausbildete, entstanden mit größter Wahrscheinlichkeit in Zeiten, in denen die Nahrungsressourcen von Menschengruppen lebensbedrohlich reduziert waren und die Suche nach neuen Lebensräumen deshalb unvermeidlich wurde. Um einen Zustand des Mangels zu überwinden, mußte eine Herausforderung angenommen und eine Reise unternommen werden. Da Überlebende von erfolgreichen Suchen Berichten konnten, die Toten aber nicht vom ihren Scheitern, gab es nur das Narrativ der erfolgreichen Suche. „Wer suchet, der findet.“. Voraussetzung war also die feste Überzeugung, das Ziel der Reise wäre erreichbar. Kein Aufbruch ohne Hoffnung. Und da die Hoffnung mit erzählt wurde, konnte eine solche Reise auch unternommen werden, selbst wenn das Ziel nur in der Sphäre des Hypothetischen existierte.</span></span><br /><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Seit diesen Ursprüngen tritt uns das Narrativ des Gelobten Land in zahllose Variationen entgegen. Wir finden es in der Bibel als Kanaan, es ist zentraler Topos im Gründungsmythos des aztekischen Reiches, für die Konquistadoren war es Eldorado, für die Calvinisten und Puritaner war es Amerika, für die Seefahrer des 18. und 19. Jahrhunderts waren es die Inseln im Pazifik, in der deutschen Klassik war es Italien, in der deutschen Nachkriegszeit kam Spanien als exotischer Sehnsuchtsort dazu, für zivilisationsmüde Auswanderer sind es heute Neuseeland, Australien oder Kanada und für die weniger Wagemutigen sind es die weißen Palmenstrände der Malediven oder Ägyptens, von Mallorca, oder die an der türkischen Riviera mit All-Inclusive-Pauschalangebot. Und für Notleidende in Afrika und Westasien ist es Europa, für das sie sogar ihr Leben riskieren. </span></span><br /><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Nicht zu vergessen sind natürlich auch die religiös konnotierten Orte, die, als Kreuzungspunkt der sakralen Vertikalen und der profanen Horizontale als Mittelpunkt der spirituellen Welt gelten und an denen ein unmittelbarer Kontakt mit dem Numinosen verheißen wird, wie z.B. Mekka, Jerusalem oder Rom. In den dualistischen Religionen, die alles diesseitige Dasein schließlich als sündig verdammten, wurde zudem die Vorstellungen eines paradiesischen Jenseits’ immer konkreter und gegenständlicher und zum letzten und einzigen Ziel menschlicher Anstrengung.</span></span><br /><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Die jüngste Variante des gelobten Landes ist die virtuelle Welt mit ihren vielen Erscheinungsformen. Seit bald 20 Jahren nehmen Menschen in Second Life alternative Identitäten an und leben im digitalen Raum ihre Fantasien aus; Generationen von Teenagern sind vor einer unerfreulichen Wirklichkeit in Spiele wie World of Warcraft oder Minecraft geflohen; moderne Glücksritter schürfen im Internet nach Kryptowährungen, die größere Reichtümer verheißen als Eldorado; und im kommenden Metaversum von Facebookgründer Zuckerberg werden bereits virtuelle Grundstücke verkauft.</span></span><br /><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Doch ganz gleich, ob diese verschiedenen Varianten des gelobten Landes nun himmlische oder irdische Erlösung versprechen, implizieren alle Erzählungen immer einen intolerablen Mangel, den das Individuum im Hier und Jetzt erleidet. Zudem wird herausgestrichen, daß der aktuelle Aufenthaltsort niemals dazu geeignet ist, den erduldeten Mangel zu beheben. Das vermag nur das als erreichbar konzipierte Gelobte Land.</span></span><br /><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Diese drei Aspekte - das mangelleidende Individuum, der unzureichende Ort und die Erreichbarkeit des Gelobten Landes - sind wiederum eng mit dem Narrativ der heilsbringenden Mobilität verknüpft. Im Laufe des 20. Jahrhunderts erlebte dieses Narrativ in Verbindung mit dem Narrativ individuellen Erfolgsstrebens einen atemberaubenden Aufschwung in Form der Automobilisierung der Gesellschaft und des Individualverkehrs als Massenphänomen. Bis heute wird es mit Nachdruck erzählt. </span></span><br /><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Die heraufbeschworene Bedeutung der Mobilität ist so essentiell geworden, daß sie sich schließlich sogar von der Idee eines zu erreichenden Ziels emanzipiert hat, und nicht mehr nur als Mittel zum Zweck, sondern als eigenständiger und essentieller Wert gilt. Der unbegrenzte Individualverkehr gilt per se als glücksverheißend, ganz gleich, ob er uns irgendwo hinbringen kann. Denn der Zustand des Einzelnen, sowie der Ort, an dem er sich befindet, können gar nicht anders sein als mangelhaft, sodaß selbst die ziellose Bewegung erstrebenswerter erscheint, als dort zu bleiben, wo man ist.</span></span><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Dieses problematische Symptom sprach bereits der Philosoph Blaise Pascal mit dem Satz an: „Alles Unheil kommt von einer einzigen Ursache, dass die Menschen nicht in Ruhe in ihrer Kammer sitzen können.“</span></span><br /><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">In dem vorliegenden Werkkomplex von Esther Heltschl treten diese drei erwähnten Narrative, das Gelobte Land, das sozial entkoppelte, individuelle Glücksstreben und die maximale Mobilität, in einen Dialog, in dessen Spannungs- und Bedeutungsfeld sich eine treffende und entlarvende Zustandsbeschreibung der postindustriellen Zivilisation ablesen läßt.</span></span><br /><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Das Automobil tritt uns in Form hermetisch in sich geschlossener, hohler Metallkörper entgegen. Sie alle bestehen aus zwei zusammengeschweißten, polierten Blechen und wirken wie aufgeblasen oder gedunsen. Eine Seite ist jeweils mit der Außenaufnahme eines Autos aus Google-Earth-3D bedruckt, die andere mit einer Aufnahme des Innenraums. Die Flächen, an denen sich die Fenster befinden, wurden jeweils unbedruckt belassen, sodaß der Betrachter darin sein eigenes mattes Spiegelbild erahnen kann. Die Oberfläche wird also zum Innenraum und schließt sich in einem introspektiven, statischen Loop, der mit der geschlossenen Objektform korrespondiert. Der Blick hat sich bereits stellvertretend durch digitales Mapping ereignet, der Betrachter selbst wird zu einer passiven, peripheren Erscheinung in diesem materialisierten Zustand der Rückkoppelung.</span></span><br /><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Neben den isolierten automobilen Entitäten sehen wir eine Reihe von Windschutzscheiben, auf denen sich, wie auf Displays, Abbildungen von Landschaften befinden. Die wahrzunehmende Außenwelt liegt nicht jenseits der Scheibe, sondern ist Teil von ihr geworden, sie ist etwas, das nur noch denkbar ist als ein Aspekt unseres individuellen, von der Umgebung sorgsam abgeschotteten Vehikels.</span></span><br /><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Die gezeigten Landschaften sind ebenfalls Screenshots von Google-Earth-3D und zeigen einen Ort, der eng mit einem wissenschafts- und sozialgeschichtlichen Ursprungsmythos verbunden ist. Es sind Bilder der Galapagos-Inseln, die nicht nur eine der letzten unberührten Regionen der Erde darstellen, sondern als eine der Stationen verstanden werden, an denen der Formierungsprozess von Darwins Evolutionstheorie seinen Anfang nahm. Die besonders von den Neodarwinisten betonte permanente Konkurrenz der Individuen als alleinigem Motor der Entwicklung befeuerte wiederum das Narrativ des individuellen Kampfes um das Glück, das im Zentrum der calvinistischen, kapitalistischen und neoliberalen Logik steht.</span></span><br /><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Genauso erfüllen die Galapagos-Inseln das Narrativ des Gelobten Landes. Unter Seefahrern waren sie bis in das 19. Jahrhundert unter dem Namen Islas Encantadas bekannt, die „Verzauberten Inseln“, und man sagte ihnen wegen der starken, sie umgebenden Strömungen nach, daß sie ohne festen Ort auf dem Ozean umhertrieben. </span></span><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Ihre isolierte Lage und die einmalige endemische Fauna und Flora machen sie zudem zu einem exotischen Paradiesgarten unberührter Natur und damit zu einer Metapher zivilisatorischer Sehnsucht nach einer Umwelt vor dem zerstörerischen Sündenfall der Industrialisierung. Doch durch die virtuelle Hypermobilisierung ist dieser Ort schließlich allseits zugänglich geworden und nur wenige Mausklicks entfernt. </span></span><br /><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Die von Google Earth eingefangenen Bilder aber tragen einen entscheidenden digitaler Fehler in sich: auf zweien interpretierte der Algorithmus von Google die Wolkenformationen über den Inseln als Merkmal ihrer Oberfläche. Er erzeugte also virtuelle Bilder, die im wahrsten Sinne des Wortes einen „Himmel auf Erden“ darstellen. Damit wird ihnen unbeabsichtigt jeder Anspruch auf Authentizität genommen. Sie werden entlarvt als Konstruktionen, die uns zugleich den utopischen Charakter unserer eskapistischen Sehnsüchte, befeuert von dem Narrativ des Gelobten Landes, widerspiegeln.</span></span><br /><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">Und selbst diese Fluchtphantasie kann nur ausagiert werden als Aspekt der Interaktion mit unserem individuellen und isolierenden Vehikel, sei es das digitale Interface zum navigieren im raumlosen Raum des Internets oder das Automobil mit hermetischer Fahrgastzelle, in der wir uns irrealen Bildern eines Ortes aussetzen, an dem noch niemals ein Automobil gewesen ist.</span></span><br /><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">So erweisen sich in dem Werkkomplex "Sehen-Sucht" von Esther Heltschl die drei verhandelten Narrative als das, was sie in Wirklichkeit sind, nämlich keine Beschreibungen tatsächlicher Gegebenheiten der Wirklichkeit, sondern lediglich kulturell ererbte erzählerische Operatoren, mit denen wir versuchen unseren Handlungen in einer uns nur begrenzt zugänglichen und verständlichen Wirklichkeit eine sinngebende Struktur zu verleihen.</span></span><br /><br /><span style="font-size: small;"><span style="font-size: medium;">© Dr. Thomas J. Piesbergen / VG Wort, Juni 2022</span></span><br /><br /><br /></p>Zettelhttp://www.blogger.com/profile/05972592629624420813noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-105331708839939436.post-24939735214080182432022-05-02T00:50:00.006-07:002022-06-24T03:24:47.637-07:00Autonome Körper im Farbdickicht - Dr. Thomas Piesbergen über die Ausstellung „Data Valuta“ von Benedikt Brockmann<div style="text-align: justify;"><i>Die Ausstellung "Data Valuta" findet statt im Rahmen des Jahresthemas "Autonom?" in der Galerie des Einstellungsraum e.V.</i></div><div style="text-align: justify;"><i> <table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiRAMqSLDB6dLTcKWC_WXBlZfL2UdxzLpqu8NJMhTkJ-BYTHG-Otdhdn1el--9QEaBneLGebXEBwrIZQhu4txXEy1sc7XSG0eRQCR5RL9VxCOppDqus54BYKqPBscQ3sb2njwes0WUgDVFLcsNhZODF5NtSJJ2-ajROi8UXbzeKWlkdj4lolZToo6t8WA/s4032/PXL_20220427_200759587.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="4032" data-original-width="2268" height="667" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiRAMqSLDB6dLTcKWC_WXBlZfL2UdxzLpqu8NJMhTkJ-BYTHG-Otdhdn1el--9QEaBneLGebXEBwrIZQhu4txXEy1sc7XSG0eRQCR5RL9VxCOppDqus54BYKqPBscQ3sb2njwes0WUgDVFLcsNhZODF5NtSJJ2-ajROi8UXbzeKWlkdj4lolZToo6t8WA/w375-h667/PXL_20220427_200759587.jpg" width="375" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Benedikt Brockmann, Data Valuta, Einstellungsraum, 2022<br /></td></tr></tbody></table><br /></i></div><p style="text-align: justify;">Der Begriff der Autonomie, also die individuelle Eigengesetzlichkeit, betritt die Bühne der Geistesgeschichte erstmals mit der Figur der Antigone in der gleichnamigen Tragödie des Sophokles. Und in Antigone und ihrem individuellen Drama zeigt sich bereits der vollständige Bedeutungsinhalt des Begriffs. Seine Wurzeln liegen jedoch in der vorangegangenen soziopolitischen Entwicklung Athens während der Perserkriege unter Themistokles, aus der schließlich die Demokratie hervorgegangen ist. <br />Der Kulturwissenschaftler Karl-Martin Dietz schreibt dazu: „Der zunächst völlig unwahrscheinliche Sieg gegen die persische Übermacht, die die Stadt Athen existentiell bedrohte, hat offensichtlich dort den Sinn für eine „innere Freiheit“ geweckt, die in den orientalischen Großreichen unbekannt war.“Dementsprechend unterschied Themistokles die Griechen von den Persern vor allem anhand ihres Freiheitsgrades: Während die Perser sich den stets wechselnden Launen ihrer Herrscher unterwerfen mußten, ordneten sich die Griechen ausschließlich den Gesetzen unter. Der Begriff der Autonomie wurde zunächst entsprechend nur auf die Polis, die sich selbst Gesetze gibt, angewendet. <br /></p><p style="text-align: justify;">Gut vierzig Jahre nach der Schlacht von Salamis machte Sophokles mit seiner Antigone den entscheidenden Schritt, den Begriff der Autonomie auch auf das Individuum anzuwenden; er wurde also dahingehend ausgeweitet, daß er auch die Auflehnung des Einzelne gegen die Gesetze einer Gemeinschaft einschließt, also die individuelle Eigengesetzlichkeit.<br />Seitdem wird unter Autonomie, wie Adorno es formuliert, die Kraft zur Reflexion und zur Selbstbestimmung verstanden. Diese beiden Charakteristika setzen wiederum zwei andere Sachverhalte voraus: <br />Der eine ist das Selbstbewußtsein, das die Voraussetzung zur Reflexion ist. Das zweite Charakteristikum ist die Handlungsmotivation, also der Wille, der der Selbstbestimmung notgedrungen vorangehen muß. Dazu schreibt Immanuel Kant: „<i>Autonomie des Willens ist die Beschaffenheit des Willens, dadurch derselbe ihm selbst (...) ein Gesetz ist.</i>“<br /><br />Graben wir an dieser Stelle tiefer, stellt sich die Frage, was denn aber nun die Voraussetzungen für Willen und Selbstbewußtsein sind. Diese Fragen können wir heute durchaus befriedigend von den Neurowissenschaften beantworten lassen. Nach Antonio Damasio kann es weder Handlungsmotivation noch Selbstbewußtsein ohne einen organischen Körper geben. <br /><br />Der Körper des Menschen besteht aus etwa 100 Billionen kooperierender Zellen und jede dieser Zellen lebt nach dem Grundprinzip der Homöostase. Darunter versteht man das zentrale Bestreben aller lebendigen Systeme einen gedeihlichen Gleichgewichtszustand herbeizuführen und zu wahren. Dazu wiederum ist die Vermeidung von Verletzungen und die Sicherung des Fortbestehens notwendig. Diese beiden Notwendigkeiten liegen allen weiteren Lebensfunktionen zugrunde. <br />Im Falle höheren organischen Lebens wirkt die Homoöstase sowohl auf der Ebene der individuellen Zellen, als auch auf der Ebene ihrer Summe. Man kann die Homöostase also durchaus mit Schopenhauers Primat des Willens gleichsetzen und in ihr die ursächliche Handlungsmotivation des Lebens an sich sehen.<br /><br />Als wichtiges Werkzeug der biologischen Evolution entwickelte sich bereits in ihrer Frühphase die Sinneswahrnehmung. Denn um Homöostase zu erreichen, ist es für Organismen notwendig, Reize aus der Umwelt aufzunehmen, gleichzeitig aber des eigenen Zustands gewahr zu sein und schließlich diese Informationen aus Innen- und Außenwelten zu einem Ganzen zusammenzufügen. Diese beiden Wahrnehmungsrichtungen sind bereits für die einfachsten Bakterien nachgewiesen.<br />Die Wahrnehmung des eigenen Zustands ist für das Zustandekommen von Subjektivität und schließlich des Bewußtseins essentiell, denn Subjektivität entsteht, laut Antonio Damasio, aus den Bildern, die wir uns von unserem Körper als Ganzem machen, während er Sinneseindrücke aus der Außenwelt aufnimmt und zu inneren Bildern verarbeitet. Diese Bilder bzw. Körperkartierungen schließen sowohl die Wahrnehmung des Rezeptionsvorgangs selbst ein, sowie unsere körperlichen Reaktionen darauf. Bewußtsein bedeutet also die Wahrnehmung wahrzunehmen, wozu wir wiederum auf die Selbstwahrnehmung der Zellen und ihrer jeweiligen Milieus angewiesen sind . <br /><br />Reflexion, Selbstbestimmung und Willen, die für das Erlangen von Autonomie unerlässlich sind, können, nach dem Stand der Neurowissenschaften, also nur innerhalb eines lebendigen, organischen Körpers entstehen. <br /><br />Sehen wir uns aber den gegenwärtigen Gebrauch des Begriffes „autonom“ an, besonders im Schlagwort des „Autonomen Fahrens“, müssen wir feststellen, daß er nur wenig gemein hat mit reflektierter Selbstbestimmung von Organismen. Gerade bezüglich des sog. autonomen Fahrens muß geklärt werden, wer eigentlich durch computergesteuerte Fahrzeuge Autonomie erlangen soll: das Fahrzeug oder der Fahrer? <br /><br />Verstehen wir es erst einmal so, als seien die Automobile gemeint, denn schließlich sind sie ja imstande zu fahren, ohne daß sich ein Fahrer aktiv in das Verkehrsgeschehen einmischt. Daß diese Zuweisung der Autonomie ein Irrtum ist, wird aber schon auf den zweiten Blick offenkundig. Zunächst ordnen sich die angeblich autonomen Mobile dem Fahrtwunsch ihrer Insassen unter, denn die Automobile haben keinen eigenen Handlungsimpuls. Desweiteren müssen sie sich den allgemeinen Verkehrsregeln unterordnen. Doch auch das geschieht nicht aus freiem Willen, sondern ist Teil ihrer Programmierung. <br /><br />Alle weiteren Entscheidungen, die von ihnen augenscheinlich autonom getroffen werden, richten sich nach vorgegebenen Algorithmen und vom Menschen gesetzten Leitlinien. Ihre Fähigkeit zum Personentransport unter gleichzeitiger Wahrung der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer ist so lange experimentell erprobt und von Menschen nachreguliert worden, daß sich die sog. Lernfähigkeit und der Entscheidungsspielraum nur in extrem engen Grenzen bewegen kann, die durchaus den Begriff des „Automatischen Fahrens“, niemals aber den des „Autonomen Fahrens“ zulassen.<br />Das Postulat der Autonomie entpuppt sich hier also als Etikettenschwindel, und dazu ist es noch nicht einmal notwendig, die zuvor erläuterten Voraussetzung einer Körperlichkeit ins Spiel zu bringen.<br /><br />Wie steht es also mit den möglicherweise erweiterten Freiheitsgraden der Passagiere eines computergesteuerten Fahrzeugs? <br />Natürlich ist zu erwarten, daß die Werbeindustrie vor allem darauf verweisen wird, daß der Mensch nicht mehr mit der lästigen Aufgabe des nervenaufreibenden Fahrens im Stadtverkehr oder dem ermüdenden Abreissen von Autobahnkilometern belastet sein wird, um sich wertvolleren Tätigkeiten zu widmen. Doch zunächst findet nichts anderes statt, als die Suspendierung des Menschen in die Passivität. <br /><br />Denn die reflektierte Selbstbestimmung kann sich nur im Handeln manifestieren, nicht aber durch die bloße Behauptung ihres Vorhandenseins. Nach Sartre gibt es kein Sein ohne Handlung, denn erst im Handeln wird Existenz evident. Auf diesen Umstand hat auch Nietzsche im Zarathustra auf poetische Art hingewiesen. Dort heißt es: „<i>...dein Leib und seine grosse Vernunft: die sagt nicht Ich, aber thut Ich.</i>“<br />Indem wir also das Handeln und damit unsere Entscheidungsfreiheit algorithmengesteuerten Automaten überlassen, geben wir unsere Autonomie auf. Und das geschieht nicht nur beim pseudo-autonomen Fahren. <br /><br />Jedesmal, wenn wir uns im Internet bewegen, hinterlassen wir Datenspuren, die von den großen Softwarekonzernen ausgewertet werden, um unsere Entscheidungsmuster daraus abzuleiten. Das geschieht mit dem Ziel, unsere Entscheidungen vorauszusagen und dadurch schließlich überflüssig zu machen. Bevor wir ein Bedürfnis oder ein Verlangen verspüren, wird uns bereits eine sofortige Befriedigung des zu erwartenden Wunsches angeboten, wodurch es weder notwendig ist, uns selbst und unsere Bedürfnisse zu ergründen, noch sich auf die Suche nach einer Möglichkeit der Befriedigung dieser Bedürfnisse zu machen. Die Selbstbefragung und damit der Kontakt zu unseren Körpern, die der Ort sind, an dem unsere Gefühle sich ereignen, wird übergangen, um unser Potenzial zum Konsumieren so schnell und effizient wie möglich auszunutzen.<br />Daß von diesen Mechanismen der Fremdsteuerung nicht die Konsumenten profitieren, wie uns weißgemacht wird, sondern nur die digitalen Oligarchen, zeigt sich in solchen Trends, daß nahezu alle führenden Köpfe im Silicon-Valley ihren Kindern die Nutzung digitaler Medien strikt verbieten oder extrem einschränken. <br /></p><p style="text-align: justify;">Mit dem Prozess der Entscheidung und Selbstbefragung kommen wir noch einmal auf die von Adorno genannte Reflexion zurück, die sich in der Sphäre der Vernunft abspielt, die wiederum, laut Nietzsche, nur ein Anhängsel der großen Vernunft des Leibes ist .<br />Wenn wir uns selbst in der Reflexion befragen, um zu einer vernunftgesteuerten Entscheidung zu kommen, sind wir immer auf unsere Erinnerungen angewiesen und auf unsere Fähigkeiten, innere und äußere Ereignisse in chronologischen Kausalketten zu gliedern. Doch die digitale Welt ist nicht nur raumlos, sie ist auch zeitlos. <br />Weder altern die Dinge in ihr, noch sind sie raumzeitlich voneinander getrennt, sondern liegen immer nur einen Mausklick weit entfernt. Genauso wenig müssen wir unsere Erinnerungen ausloten, um zu ergründen, wessen wir bedürfen und warum, da die Algorithmen uns die Entscheidung ja bereits abgenommen haben. Die Verknüpfungen der fragmentierten Inhalte gründen sich zudem nicht auf Kausalitäten, die einem chronologischen, individuellen Denkprozess entsprechen, sondern gründen sich auf quantitative, statistische Werte, nicht aber auf ursächliche Zusammenhänge.<br />Mit dem Verlust der Erfahrung von Chronologie und Raumzeit verlieren wir also auch unser Bewußtsein für Ursache-Wirkungs-Verkettungen und dadurch auch die Fähigkeit, einem langwierigen, komplexen argumentativen Aufbau zu folgen. Durch diesen Verlust des Gefühls für Dauer und Vergangenheit, für Ursache und Wirkung, wird auch die Fähigkeit neues Wissen zu generieren stark beschädigt. Alles was bleibt ist die makellose Gegenwart des Konsums sich ständig anbietender, leicht verdaulicher Informationshäppchen, die ohne Kontextualisierung sogleich wieder im digitalen Nirvana verschwinden.<br /><br />Der daraus resultierenden herabgesetzten Aufmerksamkeitsspanne entsprechend, hat Benedikt Brockmann den installativen Teil der vorliegenden Ausstellung in Form plakativer, visueller Metaphern gestaltet.</p><p style="text-align: justify;"></p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhmfC38DrPD4vftlY7y05YqE4tOnjHYTP-Nl0U1wULwV9VfwzENorjp2Lcew_YFXCxuUmmC3VyIu3LKy-cd7CMWDZ3O8cMAVyoTVvESVIJuaXaJH7bsSf4ZEAp9EZ7_tokPiDOYRmM8G_r_qRYhGL140ECIUX7OkqEZlK3abLPWfka-twUzKjd6l--IGw/s747/Benedikt9.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="560" data-original-width="747" height="338" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhmfC38DrPD4vftlY7y05YqE4tOnjHYTP-Nl0U1wULwV9VfwzENorjp2Lcew_YFXCxuUmmC3VyIu3LKy-cd7CMWDZ3O8cMAVyoTVvESVIJuaXaJH7bsSf4ZEAp9EZ7_tokPiDOYRmM8G_r_qRYhGL140ECIUX7OkqEZlK3abLPWfka-twUzKjd6l--IGw/w451-h338/Benedikt9.jpg" width="451" /></a></div><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><br /></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;"><i>Benedikt Brockmann, Data Valuta, Ausstellungsansicht, 2022</i></td></tr></tbody></table><p style="text-align: justify;">Im Zentrum sehen wir den Torso einer Schaufensterpuppe, die auf einen umgebauten Staubsauger-Roboter montiert ist. Dem Torso fehlen die Arme und Hände, also die prominentesten Werkzeuge des Menschen zu handeln. Die Herkunft der Schaufensterpuppe aus der Sphäre ökonomischer Zurschaustellung verweist wiederum auf die Bedeutung des Ausstellungswertes auf den, laut Byung-Chul Han, der einzelne Nutzer sozialer Netzwerke reduziert wird und sich selbst reduziert. Denn das Dunkle, Verworrene und Negative seiner Identität ist nicht schnell und einfach konsumerabel, weshalb es ausgeblendet wird.<br /><br />Der offenkundige Freizeitlook der Figur deutet darauf hin, daß sie eigentlich kaum anwesend ist. Sie ist auf Urlaub und hat sich der alltäglichen Sphäre von Verantwortung und Sorge entledigt. Gleichzeitig aber hat sie sich auch selbst in die Passivität entlassen. Denn ihre Bewegung geht aus von dem sinnlos hin und her fahrenden Roboter, der geschredderte Datenschutzbestimmungen und AGB vor sich her schiebt.</p><p style="text-align: center;"></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhhQImUeKBdoxRr0zfyosYhdIh4cLL_UtTeYitB1VRNnhdzbEKH31q-0yBXps_h8QOMBl0H-ev3rDkfyeiSX7vQ68btXu7x-bKqlyk9m5X9iBPf2yYxprxS3v9lmy7ImnjPLL1auGb8KNnh7bd2LCqjihhc3abLx-y7hvnNa6ANN37G3XzencH7Z-jzMg/s2048/signal-2022-04-28-09-48-35-809.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="2048" data-original-width="922" height="802" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhhQImUeKBdoxRr0zfyosYhdIh4cLL_UtTeYitB1VRNnhdzbEKH31q-0yBXps_h8QOMBl0H-ev3rDkfyeiSX7vQ68btXu7x-bKqlyk9m5X9iBPf2yYxprxS3v9lmy7ImnjPLL1auGb8KNnh7bd2LCqjihhc3abLx-y7hvnNa6ANN37G3XzencH7Z-jzMg/w361-h802/signal-2022-04-28-09-48-35-809.jpg" width="361" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;"><i>Benedikt Brockmann, Data Valuta, Ausstellungsansicht, 2022</i></td></tr></tbody></table><p style="text-align: justify;">Dieser Datenabfall wird ununterbrochen vom einem Aktenvernichter ausgespuckt. Die Texte, die er vernichtet, sind die allgegenwärtigen Informationen und Richtlinien, mit denen wir als Nutzer digitaler Angebote tagtäglich konfrontiert werden, die die meisten von uns aber ebenso notorisch ignorieren, obwohl gerade sie uns über den kontinuierlichen Verzicht auf Autonomie und die Preisgabe unserer Datensicherheit und Privatsphäre unterrichten. Wir schieben sie ignorant, blind und ungelesen beiseite und liefern uns damit einer stetig wachsenden Manipulierbarkeit aus.<br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjeGmTf-h8xth33cGhWv2KPqqUYYSlzYldBGW-AFdniS7du-Qxb1mzyLCTJk71E-OGLVKOSY9Xgbafua-mcsJ6P2FZAKNSEvauQ-Sf3MZlIWe5CKCYvVKSCcegDjTGkV_J-OtsU03Mptl8Vzhm0NgoJWclGle9bm2K2zCqHWHxwxCy6RnG6b2U3S-BErQ/s640/DSCN6471.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="640" data-original-width="480" height="535" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjeGmTf-h8xth33cGhWv2KPqqUYYSlzYldBGW-AFdniS7du-Qxb1mzyLCTJk71E-OGLVKOSY9Xgbafua-mcsJ6P2FZAKNSEvauQ-Sf3MZlIWe5CKCYvVKSCcegDjTGkV_J-OtsU03Mptl8Vzhm0NgoJWclGle9bm2K2zCqHWHxwxCy6RnG6b2U3S-BErQ/w401-h535/DSCN6471.jpg" width="401" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Benedikt Brockmann, Data Valuta, Ausstellungsansicht, 2022<br /></td></tr></tbody></table><p style="text-align: justify;">Dieser Vorgang wird aufgegriffen von einer weiteren visuellen Metapher. Im Raum sind weiße Netze installiert, gefüllt mit weißen Gehirnen aus Gips, weiß wie die Unschuld, weiß wie die Fahne der Kapitulation, weiß wie unbeschriebene Blätter. Wir sehen vor uns ein Bild der vollständigen ökonomischen Abschöpfung entindividualisierter Objekte im Netz der digitalen Konzerne, die selbst stets darum bemüht sind, sich durch „white-Washing“ eine weiße Weste zu verschaffen.<br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhZcBlsLDtrAn6edMumz-VlTgtdWSVMApLthKgZqOOA_bj5NMO3DaHMzt2qnSeRwP1TGGuTIQstj8yFmauFumYtn02hXY5C9ZhRN8nYFdlWz190iT-CjLCnG38Ibkhuy9OBUi6mZ1k16zekH_S0HXN_r38hoDy0j8bEHTNIWnLLCHKyoeDYvGDJo6QDpw/s560/Benedikt10.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="560" data-original-width="420" height="510" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhZcBlsLDtrAn6edMumz-VlTgtdWSVMApLthKgZqOOA_bj5NMO3DaHMzt2qnSeRwP1TGGuTIQstj8yFmauFumYtn02hXY5C9ZhRN8nYFdlWz190iT-CjLCnG38Ibkhuy9OBUi6mZ1k16zekH_S0HXN_r38hoDy0j8bEHTNIWnLLCHKyoeDYvGDJo6QDpw/w383-h510/Benedikt10.jpg" width="383" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;"><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><i>Benedikt Brockmann, Data Valuta, Ausstellungsansicht, 2022</i></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;"><br /></td></tr></tbody></table></td></tr></tbody></table><p style="text-align: justify;">Ganz im Gegensatz dazu sehen wir im Keller, im verborgenen Untergrund, fünf Köpfe aus schwarzem Samt vor dunklem Hintergrund, kaum sichtbar und stellvertretend für die Big Five, die fünf größten Digitalkonzerne: Apple, Alphabet, Meta, Amazon und Microsoft. Sie sind verbunden mit einem gewaltigen roten Schalter. Doch wozu der Schalter dient bleibt unklar, genauso wie es unklar bleibt, ob das Deaktivieren von Cookies und Trackern per Mausklick tatsächlich stattfindet oder nur eine vordergründige Beschwichtigung unseres Mißtrauens ist.<br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhEup1q_gWUPpyndkur8daZnKhy27xVVPq0-_lVwJiHmWEmLXj8Ld9Ly6zpBWEkxRYNZhD9ufgeIrxOq1wOQ54qHp3GiTJuF_BcnwfhtjZx-uBxGn9bGvsYGMn3a-Br_hndVA1E6O0KPmqTOzPEVbJOv2CQbRF8fVPiZJ6I_2mgcXp1Y8_nQkN-48v9cQ/s560/Brockmann6a.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="560" data-original-width="422" height="515" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhEup1q_gWUPpyndkur8daZnKhy27xVVPq0-_lVwJiHmWEmLXj8Ld9Ly6zpBWEkxRYNZhD9ufgeIrxOq1wOQ54qHp3GiTJuF_BcnwfhtjZx-uBxGn9bGvsYGMn3a-Br_hndVA1E6O0KPmqTOzPEVbJOv2CQbRF8fVPiZJ6I_2mgcXp1Y8_nQkN-48v9cQ/w388-h515/Brockmann6a.jpg" width="388" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;"><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><i>Benedikt Brockmann, Data Valuta, Ausstellungsansicht, 2022</i></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;"><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><br /></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;"><br /></td></tr></tbody></table></td></tr></tbody></table></td></tr></tbody></table><p style="text-align: justify;">Dieser plakativen Opposition von Schwarz und Weiß ist eine weitere Bedeutungssphäre beigestellt, die sich der Plakativität verweigert und dem schnellen Zugriff entzieht. Es sind Malereien in der Tradition des Abstrakten Expressionismus, in denen die Intuition für das Gleichgewicht von spontaner, körperlicher Geste und Gestaltungsabsicht sorgt. <br /><br />Während die reduzierten visuellen Metaphern der Installation ganz und gar dem Logos und dem Kalkül entspringen, befinden wir uns mit den Malereien im Reich des Gefühls, durch das sich unser Unterbewußtsein der erlebten Gegenwart einschreiben kann. Und genau diese Dimension unseres Daseins, die Existenz, die durch spontanes, autonomes Handeln ins Sein tritt, bleibt dem Zugriff digitaler Agenten unzugänglich, denn ihr maßgebliches Charakteristikum ist eben nicht die Transparenz, sondern, wie David Gelernter es beschreibt, das Dunkle und Verborgene, in dem die Körpererinnerungen Dinge miteinander verknüpfen, die disparat erscheinen, aber für uns zueinander gehören, weil sie sich einen emotionalen Zusammenhang teilen. <br />Ergänzt werden die Bilder, die in langen und oft unterbrochenen, also chronologisch komplexen Malprozessen entstehen, durch Schlagworte, erratische Zeilen, die ebenfalls keine Eindeutigkeit erzeugen.<br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEizsObBeJ0kVTwRd6AO4vRfiYv612ank5BXFLW__yKRoU7vKeroDoWNJShBDiOZ7BTOvx0NGxCiV3CEW8tqVg8dfBKPvNLPubqjIKtaVtpoYuM1gAWIb-mEns6gplZRWbJdakNR8g1Fkd4YDeNRaBToVluVZKwAVfzBxWM6ojy9kxwTkXxPZHBTwxLu9g/s4000/o.k.-Bild.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="4000" data-original-width="2992" height="458" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEizsObBeJ0kVTwRd6AO4vRfiYv612ank5BXFLW__yKRoU7vKeroDoWNJShBDiOZ7BTOvx0NGxCiV3CEW8tqVg8dfBKPvNLPubqjIKtaVtpoYuM1gAWIb-mEns6gplZRWbJdakNR8g1Fkd4YDeNRaBToVluVZKwAVfzBxWM6ojy9kxwTkXxPZHBTwxLu9g/w342-h458/o.k.-Bild.jpg" width="342" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Benedikt Brockmann, "Dream Machine", 2022<br /></td></tr></tbody></table><p style="text-align: justify;"><br />Auf dem Bild „Dream Machine“ sehen wir immer wieder die Buchstaben „OK“, als riefe sie jemand aus dem Inneren eines grau-weißen Dickichts. <br />Wenn wir, wie Gelernter es vorschlägt, das unterste, träumende Drittel des Spektrum unseres Geistes als den Ort begreifen, in dem unsere emotionalen Körperkartierungen die mit ihnen verknüpften Bilder aus der wahrgenommenen und erinnerten Außenwelt neu in Bezug setzen, wir uns im Traum also ganz und gar der, wie Nietzsche es sagt, größeren Vernunft unserer Leiber überlassen, können wir das wiederholte „OK“ als die Bejahung des körperlichen, leiblichen Seins lesen, so wie Nietzsches Übermensch erkennt, daß es keinen vom Körper gelösten Geist gibt und deshalb alle physische Existenz unbeschränkt anzuerkennen ist. Das bedeutet natürlich auch, ex tacendum, daß es keinen Geist ohne Körper geben kann, also auch kein Maschinenbewußtsein, wie es der Transhumanismus antizipiert, und demzufolge keine tatsächlich autonome KI.<br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEidWosUeWjVtJt89yBhaaOeJvI3DGPOJPng0FJ1aR6l46MxRez8t6uAJ7YAkNo1ua7hz4MTlQGr_6jmmyiF30plqEcryC2D2dfpSQNmIXwq4nfVDdlmPHqIcfFsK_yW-fZGh0xsX7-JKAto9CzGMibu0o3V7ScgRKeuyYaGNHKDXby-A-Rp1hrVSlzDRw/s2048/signal-2022-04-28-09-47-33-817-3.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="2048" data-original-width="922" height="772" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEidWosUeWjVtJt89yBhaaOeJvI3DGPOJPng0FJ1aR6l46MxRez8t6uAJ7YAkNo1ua7hz4MTlQGr_6jmmyiF30plqEcryC2D2dfpSQNmIXwq4nfVDdlmPHqIcfFsK_yW-fZGh0xsX7-JKAto9CzGMibu0o3V7ScgRKeuyYaGNHKDXby-A-Rp1hrVSlzDRw/w347-h772/signal-2022-04-28-09-47-33-817-3.jpg" width="347" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Benedikt Brockmann, "They forced me to die, I' m innocent!", 2022<br /></td></tr></tbody></table><p style="text-align: justify;"><br />Auf einem anderen Bild lesen wir neben einer Form, die man als Gekreuzigten interpretieren kann: „They force me to die, I´m innocent!“ <br />Im Gegensatz zu den in Netzen gefangenen, weißen Gehirnen und deren Konnotation der Unschuld sehen wir hier den Aufschrei vor einem vielschichtigen, grauen Hintergrund, in dem sich nicht nur Schwarz und Weiß, sondern etliche andere Farben gemischt haben. Vielleicht ließe es sich lesen als den Protest einer Existenz, die auf ihrer Uneindeutigkeit, ihre Vielschichtigkeit beharrt und deshalb unerwünscht ist, da sie sich der widerstandslosen Verwertbarkeit entzieht und in ihrer Behauptung der Unschuld die Existenz aller inkonsumerablen Zwischentöne bejaht.<br /><br />Schließlich sehen wir auf einem dritten Bild über die deutlich organisch anmutenden Formen „exe. nackt no more“ geschrieben, was uns fast unmittelbar zu der von Byun-Chul Han angeprangerten Durchleuchtung und Pornographisierung der digitalen Räume und Identitäten bringt. Hier spricht zu uns die Weigerung sich vollständig nackt und transparent zu machen, und sich dadurch selbst zu einer Ressource zu degradieren.<br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhnH1ddFNlIWlED0GIgWGP6y48YMH7yVy0ncQy1TAHsN5cvmrowW045rupbW7sjX1aCXz49pRtKlHt-bC5Psf27VuKiPQ1LrDcjO1wcgzpCj20fhV0J2NP6XSqlmUqkCSyS5NczmvjI89EoOmtzuVGFxDVql3Z4ZXLyrz26Oxi3KT1jJp-Jz7xcHK4ntA/s4096/IMG_20220427_202937030.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="4096" data-original-width="3072" height="516" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhnH1ddFNlIWlED0GIgWGP6y48YMH7yVy0ncQy1TAHsN5cvmrowW045rupbW7sjX1aCXz49pRtKlHt-bC5Psf27VuKiPQ1LrDcjO1wcgzpCj20fhV0J2NP6XSqlmUqkCSyS5NczmvjI89EoOmtzuVGFxDVql3Z4ZXLyrz26Oxi3KT1jJp-Jz7xcHK4ntA/w387-h516/IMG_20220427_202937030.jpg" width="387" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Benedikt Brockmann, Data Valuta, Ausstellungsansicht, 2022<br /></td></tr></tbody></table><p style="text-align: justify;">So kann man das ganze Ensemble der Ausstellung lesen als Postulat, daß tatsächliche Autonomie nur erlangt werden kann, wenn wir nicht Aspekte unseres Selbst aufgeben, um uns dadurch vermeintlich von Belastungen zu befreien, sondern daß wir nur imstande sind reflektiert, selbstbestimmt und eigengesetzlich zu handeln, wenn wir alle Aspekte unserer Existenz im Handeln manifest machen und erst dadurch unser Sein in vollem Umfang erfahren und in Erscheinung treten lassen können. Denn so und nur so können wir uns tatsächliche Autonomie erarbeiten.<br /><br />© Dr. Thomas Piesbergen / VG Wort, April 2022</p><p style="text-align: justify;"> </p><p style="text-align: justify;"><i></i></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiokCvcP96dQ0eJQFq7skEoIq6QhTSZowi-adF4mqTjD2FgYxQJrVT0cw25kDWN6g4Rijq6P0N1OC9-h2WACtSX7wALRUV9xkFP1T_xxoTFculK0y7RLwD8tm3wPh64YWyFyrEoKf4B2mXAPWNUdRBv-1W7cara6y-QomCT8BgibzxyTSQC1tl0QJyd3Q/s2048/A%20signal-2022-04-27-22-39-06-124-4.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="2048" data-original-width="1542" height="511" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiokCvcP96dQ0eJQFq7skEoIq6QhTSZowi-adF4mqTjD2FgYxQJrVT0cw25kDWN6g4Rijq6P0N1OC9-h2WACtSX7wALRUV9xkFP1T_xxoTFculK0y7RLwD8tm3wPh64YWyFyrEoKf4B2mXAPWNUdRBv-1W7cara6y-QomCT8BgibzxyTSQC1tl0QJyd3Q/w386-h511/A%20signal-2022-04-27-22-39-06-124-4.jpg" width="386" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Benedikt Brockmann, Data Valuta, Ausstellungsansicht, 2022</td><td class="tr-caption" style="text-align: center;"><br /></td></tr></tbody></table> <p></p><p style="text-align: justify;"> </p><p style="text-align: justify;"><b>Quellen</b></p><p style="text-align: justify;">Theodor W. Adorno: <i>Erziehung zur Mündigkeit</i>, Suhrkamp Taschenbuch 11, Frankfurt am Main 1971 </p><p style="text-align: justify;">Antonio Damasio: <i>Der Spinoza-Effekt</i>, List, Berlin, 2005 & <i>Im Anfang war das Gefühl</i>, Siedler, München, 2017</p><p style="text-align: justify;">Karl-Martin Dietz: <i>Die Entdeckung der Autonomie bei den Griechen</i>, in: Forum Classicum 4/2013, Bamberg, 2013<br /></p><p style="text-align: justify;">David Gelernter: <i>Gezeiten des Geistes - Die Vermessung unseres Bewußtseins</i>, Ullstein, Berlin, 2016, <br /></p><p style="text-align: justify;">Byung-Chul Han, <i>Transparenzgesellschaft,</i> Matthes & Seitz, Berlin, 2013 <br /></p><p style="text-align: justify;">John Hands, <i>Cosmo Sapiens</i>, Albrecht Knaus Verlag, München, 2017</p><p style="text-align: justify;"> Immanuel Kant: <i>Grundlegung zur Metaphysik der Sitten</i>, Meiner Verlag, Hamburg 1999</p><p style="text-align: justify;"> Harald Lesch: <i>Die Digitale Diktatur,</i> https://www.swr.de/wissen/tele-akademie/prof-242.html <br /></p><p style="text-align: justify;">Adrian Lobe: <i>Bildschirmfrei ist das neue Bio, Warum die Programmierer im Silicon Valley ihre Kinder computerfrei erziehen</i>, St.Gallener Tageblatt, 2. 4. 2019 <br /></p><p style="text-align: justify;">F. Nietzsche: <i>Also sprach Zarathustra</i>, Insel Verlag, München , 1976 <br /></p><p style="text-align: justify;">Jean-Paul Sartre: <i>Ist der Existentialismus ein Humanismus? Drei Essays</i>, Ullstein, Frankfurt 1989 </p><p style="text-align: justify;">Arthur Schopenhauer: <i>Die Welt als Wille und Vorstellung</i>, Bd.3, Diogenes, Zürich, 1977, </p><p style="text-align: justify;"><br /></p><p style="text-align: justify;"> </p><p style="text-align: justify;"> </p><p style="text-align: justify;"> </p><p style="text-align: justify;"><br /></p><p style="text-align: justify;"> </p><p style="text-align: justify;"> <br /></p><p style="text-align: left;"><br /><br /><br /><br /><br /> <br /><br /></p>Zettelhttp://www.blogger.com/profile/05972592629624420813noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-105331708839939436.post-51134454991145439032022-04-25T01:58:00.001-07:002022-04-25T01:58:52.750-07:00Verschobener Kursbeginn: Schreibwerkstatt ab dem 2. Mai<p> Ich freue mich auf Ihre Anmeldungen unter: thomas.piesbergen (a) gmx.de</p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiU-BfLBRKYS7YsGigkUnMAq2vzVqPttfEuOQ8_a1x5BpyDOnc3gcsWLaeylefYO3C3iDtcV264lW62NhIZ94C7W6qQqBE9CurlZKJq8oPwFdwRSHLFxik0VlgcWvidYiRPYPbmxNEiSf-SGvA_wU5mUwfp_d1bk7S8sF3jNFP55a34MuBwX5-epVfY5w/s1570/Aushang%201,%202022%20Kopie.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1570" data-original-width="1129" height="677" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiU-BfLBRKYS7YsGigkUnMAq2vzVqPttfEuOQ8_a1x5BpyDOnc3gcsWLaeylefYO3C3iDtcV264lW62NhIZ94C7W6qQqBE9CurlZKJq8oPwFdwRSHLFxik0VlgcWvidYiRPYPbmxNEiSf-SGvA_wU5mUwfp_d1bk7S8sF3jNFP55a34MuBwX5-epVfY5w/w487-h677/Aushang%201,%202022%20Kopie.jpg" width="487" /></a></div><br /><p><br /></p>Zettelhttp://www.blogger.com/profile/05972592629624420813noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-105331708839939436.post-73980068057292083842022-04-25T01:52:00.003-07:002022-05-18T09:09:01.958-07:00Von Aneignung und Entäußerung - Dr. Thomas Piesbergen zur Ausstellung „Ursuppe und Unvergängliches“ von Frank Gillich und Sigrun Jakubaschke<div style="text-align: center;"><br /></div><p style="text-align: left;"><span style="font-size: small;"><i>Die Ausstellung "Ursuppe und Unvergängliches" wird gezeigt im <b><a href="https://kuenstlerhaus-sootboern.de/" target="_blank">Künstlerhaus Sootbörn</a></b>, Hamburg, April & Mai 2022</i></span><br /></p><table cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: left;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjW97SjlykPQ6Kggd78fgtQ2D5lEvZqtfVZtEmkCh-ugrujkIY8itSUJ8Ye0lDSkpNwsznZxsFMLZI6jTAB_iTIo-Xa9Fibopw1kY6ypiuiChNHrcqzpCy8vjYhf57vkadFFZQwhfi0h_ECQ1PsFVyFc2g4mIrw-fOJVxPyqRByKINIiZ3Uyuw_QTxv7Q/s7274/Gillich_Jakubaschke.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="2768" data-original-width="7274" height="188" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjW97SjlykPQ6Kggd78fgtQ2D5lEvZqtfVZtEmkCh-ugrujkIY8itSUJ8Ye0lDSkpNwsznZxsFMLZI6jTAB_iTIo-Xa9Fibopw1kY6ypiuiChNHrcqzpCy8vjYhf57vkadFFZQwhfi0h_ECQ1PsFVyFc2g4mIrw-fOJVxPyqRByKINIiZ3Uyuw_QTxv7Q/w495-h188/Gillich_Jakubaschke.jpg" width="495" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Ursuppe und Unvergängliches, Frank Gillich und Sigrun Jakubaschke, Ausstellungsansicht, 2022<br /></td></tr></tbody></table><p style="text-align: justify;">Die Geschichte der Kunst ist nicht nur eine Geschichte der Stile, der sich ändernden Bildinhalte, der Techniken oder ihrer sozialen Rahmenbedingungen, sie ist auch eine Geschichte der Aneignung, einem Vorgang, der in den letzten Jahrzehnten immer konkreter von Künstlerinnen und Künstlern als Charakteristikum ihrer Arbeitsweise genannt wird.<br />Doch auch wenn die Aneignung derzeit zu einem regelrechten Schlagwort zeitgenössischer Kunst geworden ist und man den Eindruck gewinnen kann, sie wäre ein genuin neuer Aspekt des Kunstschaffens, ist doch lediglich das Bewußtsein des Prozesses der Aneignung neu. Denn tatsächlich ist sie immer zentraler Impuls des Kunstschaffens gewesen.<br /></p><p style="text-align: justify;">Wenn der Mensch sich etwas aneignen will setzt das voraus, daß etwas außerhalb von ihm ist, etwas, das er nicht selbst ist. Karl Jaspers bezeichnet diesen Sachverhalt als Subjekt-Objekt-Spaltung. <br />„<i>Allen (…) Anschauungen ist eines gemeinsam: sie erfassen das Sein als etwas, das mir als Gegenstand gegenübersteht, auf das ich als auf ein mir gegenüberstehendes Objekt, es meinend, gerichtet bin. Dieses Urphänomen unseres bewußten Daseins ist uns so selbstverständlich, daß wir sein Rätsel kaum spüren, weil wir es gar nicht befragen. Das, was wir denken, von dem wir sprechen, ist stets ein anderes als wir, ist das, worauf wir, die Subjekte, als auf ein gegenüberstehendes, die Objekte, gerichtet sind.</i>“(1)<br /><br />Diese Spaltung, die mit dem Erwachen des menschlichen Bewußtseins, das immer auch ein Selbstbewußtsein ist, einhergeht, zeitigt die grundlegende Dichotomie von Welt und Mensch, die sich zu Beginn der menschlichen Kultur zunächst nur als eine Gegenüberstellung von Mensch und natürlicher Umwelt gezeigt hat, da die kulturelle Sphäre des Menschen erst geschaffen werden mußte. <br />Mit dem Bewußtwerden der Spaltung entstand jedoch gleichzeitig der Wunsch, sie wieder zu überwinden und eine gewähnte ursprüngliche Einheit wieder herzustellen.<br /><br />Die ältesten uns überlieferten Zeugnisse von den Versuchen diesen Zustand des Getrennt-Seins zu überwinden, sind die Höhlenmalereien. Auf ihnen treten uns gleich zwei konträre Strategien entgegen: <br />Mit Handnegativen, die auf Höhlenwände gesprüht wurden, versuchte der Mensch einerseits seine subjektiv erkannte Existenz zu objektivieren, also eine Spur seines Körpers, und damit seiner selbst, in der umgebenden Wirklichkeit zu hinterlassen. Gleichzeitig aber unternahm er den Versuch, Objekte, die der Außenwelt angehören, zu subjektivieren, also die eigene Wahrnehmung dieser Objekte zu einem relevanten Topos zu machen und sie zu dokumentieren, in dem er Abbilder von ihnen schuf. Meist waren es Tierdarstellungen. <br /><br />Diese ersten tatsächlichen Malereien werden meist in jagdmagischem Zusammenhang gedeutet. Man geht davon aus, daß der Mensch durch das Bild auf die Außenwelt einwirken wollte, um sich ganz faktisch das abgebildete Jagdwild anzueignen. Einer anderen Deutung zufolge sollte die Fruchtbarkeit der Wildbestände heraufbeschworen werden, bzw. die Seelen der getöteten Tiere in die Sphäre der Naturgeister zurück geleitet werden (2).<br />Es wäre aber ein Fehler zu glauben, es handele sich bei den dargestellten Tieren nur um Jagdwild. Marshall Sahlins wies darauf hin, daß Bedeutungszuweisungen nicht immer nur auf praktische Zusammenhänge zurück gehen, sondern daß Objekten, also auch Tieren, eine bestimmte Bedeutung beigemessen werde, da sie sich gut <i>denken</i> lasse (3), da sie sich gut eigne, subjektive Gedankeninhalte zu repräsentieren.<br /><br />Als relevanteste Gedankeninhalte drängen sich zwangsläufig die essentiellen, in der Vorgeschichte sicherlich noch viel präsenteren Bedrohungen auf, denen das menschliche Leben ausgesetzt ist, und die natürlich auch im Rahmen der Jagd allgegenwärtig waren. <br />Es ging also um die Beherrschung einer in fast allen Aspekten lebensbedrohlichen Umwelt und um das Einwirken auf eine übernatürliche Sphäre, die hinter dem Mysterium Tremendum geahnt wurde. <br /><br />Das uns gegenüberstehende Objekt ist also nicht nur die Dingwelt, sondern auch das Faktum der nicht rationalisierbaren Sterblichkeit, in deren Erkenntnis der Psychoanalytiker Luigi der Marchi den Urimpuls allen menschlichen Handelns ausmacht (4). <br />Die Abwehr unserer Todesangst kann demzufolge als maßgeblicher Ursprung der Idee des Numinosen, des Göttlichen oder Spirituellen angesehen werden, und alle religiöse Praxis als ein Versuch der Todesabwehr und der Kontrolle der Mechanismen des Übernatürlichen.<br /><br />Diese grundlegenden Oppositionen von Mensch und Welt und Mensch und Tod wurden im Lauf der Geschichte zusehends differenzierter. Spätestens im Neolothikum steht der lebensfeindlichen Umwelt die domestizierte Sphäre des Menschen gegenüber. Das Wilde jenseits ihrer Grenzen konnte nur durch göttliche Kräfte gebändigt werden, auf die der Mensch durch Rituale einzuwirken suchte. <br /><br />In der östlichen Hemisphäre blieb die Identifikation der Außenwelt mit dem Numinosen bestehen, und da sich, nach Jaspers, der selbstbewußte Mensch auch selbst zum Objekt werden kann, entwickelten sich Mythologien, in denen der eigene Körper in seiner Eigenschaft als Teil der Objektwelt zu einem Gefäß des Numinosen und dadurch zu einem Werkzeug der Transzendenz werden konnte. Durch Körpererfahrung wurde es dem Menschen also möglich, die Subjekt-Objekt-Spaltung zu überwinden.<br /><br />In der Levante, aus deren Tradition die europäischen Kulturen hervorgegangen sind, entstanden hingegen Mythologien, die die Grenzen anders zogen und interpretierten. Die Trennung vom Göttlichen, die der Mensch empfand, wurde ausgeweitet auf die gesamte Dingwelt. Indem also nicht der Mensch die eigene Existenz objektivierte, sondern sein subjektives Empfinden der Getrenntheit auf die Dingwelt ausweitete, entstand eine Spaltung zwischen der Welt des Körperlichen und der Welt des Spirituellen, was schließlich zu dem Dualismus der großen Offenbarungsreligionen führte, die auch im platonischen Denken ihre Spuren hinterließ. <br /><br />Das Göttliche bzw. das antike Ideal wurde in einer außerweltlichen Sphäre verortet, der Körper hingegen, als unbeherrschbarer Schauplatz von Krankheit und Tod, einer rein weltlichen Natur zugeschlagen. Die einzige Schnittmenge der sonst unvereinbaren Sphären des Göttlichen und des Profanen blieb die menschliche Seele, die der göttlichen Sphäre entspringt und wieder in diese zurückzukehren versucht. Ihre übernatürliche Herkunft legitimiert wiederum den sich daraus ableitenden alttestamentarischen Marschbefehl „<i>...füllet die Erde und machet sie euch untertan...</i>“ (5)<br /><br />Während die diesseitige Welt also ganz praktisch vom Menschen unterworfen und in seine Dienste gestellt wurde, waren in der Antike und in den monotheistischen Kulturen des Mittelalters die in die ferne gerückten Ideale, bzw. die Symbole und Personifizierungen des Göttlichen die maßgeblichen Objekte der künstlerischen Aneignung. Vor allem im Christentum galt es, ihrer Heilsversprechen mit geheiligten Bildwerken und deren Anbetung habhaft zu werden. <br /><br />Mit der Renaissance rückte die profane Welt plötzlich wieder in den Fokus. Da sie, dem Dualismus zufolge, an sich nicht sakraler Natur war, entstammten auch die Mittel, sie zu beherrschen, nun aus dem Arsenal des Logos. Neben einem Aufblühen antiker Wissenschaften wurden auch in der Kunst neue Mittel erfunden, sich die Umwelt anzueignen, vor allem waren es die naturalistische Darstellung, die mathematische Bildkomposition anhand des Goldenen Schnittes (6) und die Zentralperspektive. Gerade in der letzteren spiegelt sich die gottgegebene Herrscherrolle des Menschen wieder, denn mit ihr ordnet sich die Welt seinem Blick unter.<br /><br />Als Gegenbeispiel sei die fehlende Perspektive der chinesischen und japanischen Malerei erwähnt. In einer taoistisch oder buddhistisch empfundenen Welt ist das Übernatürliche in allen Dingen anwesend, wirksam und überall erfahrbar. Dementsprechend stehen alle Erscheinungen auf den Bildern gleichberechtigt nebeneinander. Auch waren im Osten die Darstellungen von alltäglichen Vorgängen die Regel, während im Westen nach wie vor sakrale Bildthemen dominierten. <br /><br />Im Laufe der Neuzeit verlor schließlich die Religion ihre thematische Bedeutung für die Kunst; der Tatbestand der Hierarchisierung aber blieb. <br />Zunächst spiegelten die Bildthemen immer konkreter das subjektive Erleben der Künstler wieder, schließlich wurde der subjektive Gestaltungswillen auch stilistisch zum bedeutendsten Charakteristikum der Kunst. Während sich die Künstler der Renaissance noch - stellvertretend für die Menschheit - die Welt im Namen Gottes und mittels Vermessung und Zentralperspektive unterwarfen, eignen sich Kunstschaffende seit nunmehr wenigstens 150 Jahren die Welt durch ihren subjektiven, individuellen Blick und Stil an. <br />Seit die Moderne gezielt mit der vom Logos diktierten naturalistischen Darstellung und der Zentralperspektive gebrochen hat, potenziert sich diese Entwicklung.<br /><br />Dennoch sehen wir, wie im Falle der abbildenden Höhlenmalerei, nach wie vor die Absicht, eine objektive, uns gegenüberstehende Außenwelt im subjektiven Erleben sichtbar zu machen und sie sich dadurch anzueignen, egal ob aus allgemein menschlicher oder einer individuellen Perspektive. Denn in jeder Gestaltungsabsicht verbirgt sich das Konzept der Hierarchie im Sinne alttestamentarischer Unterwerfung bzw. Aneignung der Welt.<br /><br />Erst in den 60er Jahren des 20. Jhd. wurden in der Bildenden Kunst wieder entgegengesetzte Strategien aufgegriffen, Strategien, die sich bereits die Schöpfer der paläolithischen Handnegative zu eigen gemacht haben, also Versuche, die als subjektiv erkannte Existenz zu objektivieren, indem man eine Spur seines Körpers, und damit eine Spur seiner selbst, in der umgebenden Wirklichkeit hinterläßt; indem man also keine Aneignung vollzieht, sondern eine Veräußerlichung des Selbst.<br /><br />Auch Sigrun Jakubaschke und Frank Gillich beschäftigen sich schon seit langer Zeit damit, wie es möglich ist, eine Kunst ohne Gestaltungsabsicht zu schaffen. Dabei haben sie verschiedene Verfahrensweisen entwickelt, in denen sich die Welt durch den menschlichen Körper oder durch ihre jeweilige Materialität selbst mitteilen kann.<br /></p><table cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto; text-align: left;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhta8BpGq2D1xc-ym1gINHq45BTGmNVtY8_qrKfE_Xjn-SLt_uCgh66I86sxrVpvBdChiCUW_RDNjgtJb-F6BbWa1cdwPNEN8K9C6Z4EgBQUOMJI4awfS7yIXZgJqIRcf3Q3-8WxQw1_qdA_FfwSpD5zHiI5XYGW-6S-w7YMK5nLsTM6ZT5JML4Jp8czA/s3711/Z081118.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="3711" data-original-width="2939" height="422" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhta8BpGq2D1xc-ym1gINHq45BTGmNVtY8_qrKfE_Xjn-SLt_uCgh66I86sxrVpvBdChiCUW_RDNjgtJb-F6BbWa1cdwPNEN8K9C6Z4EgBQUOMJI4awfS7yIXZgJqIRcf3Q3-8WxQw1_qdA_FfwSpD5zHiI5XYGW-6S-w7YMK5nLsTM6ZT5JML4Jp8czA/w334-h422/Z081118.jpg" width="334" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Frank Gillich, 2022</td></tr></tbody></table><p style="text-align: justify;"><br />Die Kugelschreiberzeichnungen von Frank Gillich entstehen aus einem Zusammenspiel materialabhängiger Parameter und den Gegebenheiten des Körpers. Auf dem Boden kniend folgt er mit drei Kugelschreibern, die er auf einmal einsetzt, dem Radius von Hand- und Schultergelenk, wodurch Segmente von Kreisbögen entstehen, die dicht an dicht gesetzt werden. <br />Die Fluktuationen, die sich körperbedingt in dem eigentlich statischen Prozess ereignen, bestimmen die Form, der sich die weitere Gestaltgebung unterwirft. Obwohl Struktur und Prozess immer die gleichen sind, bilden kleinste Abweichungen auf diese Weise Verwerfungen, die in ihrer Summe ein jeweils vollkommen individuelles Gesamtbild hervorbringen. Es geschieht keine Unterwerfung von etwas Gesehenem durch Subjektivierung, vielmehr teilt sich der jeweilige Zustand des Körpers in gegebenen Rahmenbedingungen selbst mit, indem er eine objektive Spur seines Handelns hinterläßt.<br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhN1-B-mbZMQzzB1ryXUszKkJQLRggmFXUwfD6W35ONmK3KByVNgDve3FnXAL7oy6_Zew7zES_KSVL6MibNQzIODolX8RRRZjHLJvTwgWO3mbu-rFgS5btXs1tzRnJgutNRlBMyL-JonVuQB2T80XKxSWZbJTL1AJMmREqPT3iXpNbxAblZvSGKKP3LOg/s7360/Gillich01.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="4912" data-original-width="7360" height="332" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhN1-B-mbZMQzzB1ryXUszKkJQLRggmFXUwfD6W35ONmK3KByVNgDve3FnXAL7oy6_Zew7zES_KSVL6MibNQzIODolX8RRRZjHLJvTwgWO3mbu-rFgS5btXs1tzRnJgutNRlBMyL-JonVuQB2T80XKxSWZbJTL1AJMmREqPT3iXpNbxAblZvSGKKP3LOg/w497-h332/Gillich01.jpg" width="497" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;"> Ursuppe und Unvergängliches, Frank Gillich, Ausstellungsansicht, 2022</td></tr></tbody></table><br /><p style="text-align: justify;">Bei der Formwerdung der Skulpturen Gillichs steht weniger der handelnde Körper im Mittelpunkt, sondern vielmehr ein zufällig in der Wirklichkeit vorgefundenes Arsenal von Formen. Ausgangspunkt sind Objekte, die sich eigentlich bereits in dem Prozess des Formverlusts befinden: Gegenstände aus der Sphäre menschlicher Produktion, die durch diesen Formverlust ihr Funktionalität und damit ihre Bedeutung für den Menschen eingebüßt haben, oder Dinge, die aus ihrem natürlichen Zusammenhang gelöst sind und in den Zerfall übergehen - abgebrochene Teile von Autos und Fahrrädern, aufgeplatzte Tennisbälle, Hausmüll, Baumpilze, Holzstümpfe etc.<br /><br />Beide Arten von Dingen befinden sich in einem Zustand, den man mit dem buddhistischen Begriff des Bardo bezeichnen kann, dem diffusen, formlosen Zustand zwischen Tod und Wiedergeburt, zwischen Vergehen und Werden, einer zeitweiligen Rückkehr in die Ursuppe, in den Kompost der Realität.<br /><br />Diese Fundstücke werden abgegossen und auf amorphe, seriell hergestellte Grundkörper übertragen, wodurch deren Oberflächenstruktur in einem offenen Prozess der Korrespondenz ihrer Elemente entsteht. Die Dinge bringen also ihre Form selber mit und erzeugen gemeinsam einen Kontext, der nur bedingt vom Künstler konzipiert werden kann. Genauso werden auch die Spuren des Abformungsprozesses, wie z.B. Gussnähte, nicht beseitigt und verweisen damit ein weiteres mal auf eine bewußte Rücknahme der Gestaltungsabsicht. <br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiM7lr1m-7factekZYAwpquZfCMVg1hfINYXhfFWU2tgBHdzTDmXFSkqyNvSWY2HIKZE9ow8hwQLFBtMP7nDXar5gJkMHDQIFM5VAFEcCYyu3iyfaRcLFk4-3vtyDxdKJEpRYIj_UA4j7laE9A73XmvWzMSevtn5cc1irn1twwAjDMEoM8EkkYnxm_7_g/s6295/Gillich02.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="3622" data-original-width="6295" height="282" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiM7lr1m-7factekZYAwpquZfCMVg1hfINYXhfFWU2tgBHdzTDmXFSkqyNvSWY2HIKZE9ow8hwQLFBtMP7nDXar5gJkMHDQIFM5VAFEcCYyu3iyfaRcLFk4-3vtyDxdKJEpRYIj_UA4j7laE9A73XmvWzMSevtn5cc1irn1twwAjDMEoM8EkkYnxm_7_g/w491-h282/Gillich02.jpg" width="491" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Ursuppe und Unvergängliches, Frank Gillich und Sigrun Jakubaschke, Ausstellungsansicht, 2022</td></tr></tbody></table><p style="text-align: justify;">Ebenso verhält es sich mit der Anordnung der Objekte im Raum. Meist verbleiben sie an dem Ort, an dem sie mehr oder minder zufällig abgeladen worden sind.<br /><br />Sigrun Jakubaschke, die sich seit Jahrzehnten mit der Gestaltung des Raums durch Körperspuren beschäftigt, wendet sich in dieser Ausstellung vor allem der sich selbst bezeugenden Materialität zu. <br /><br />Wie auch Gillich nutzt sie dazu vorgefundene Objekte und Strukturen. In erster Linie sind es historische Trockenmauern, die in Anlehnung an die Frottagetechnik durch das Papier nachgezeichnet werden. <br />Hier korrespondiert bereits der Prozess der Bildentstehung mit dem Abgebildeten: Bei dem Bau der Mauern wurden die Steine nur grob zugerichtet, sodaß in ihrer Form vor allem die originäre Struktur des Steins zutage tritt. Analog dazu folgt die zeichnende Hand der Künstlerin ebenfalls dem Vorgefundenen und läßt dessen Struktur zutage treten. <br /><br />Im anschließenden Aufschichtungsprozess der Steine bestimmen ihre jeweilig individuellen Formen die Struktur des Gemäuers. Ähnlich den Fluktuationen in Gillichs Kugelschreiberzeichnungen, bringen die materialinhärenten Abweichungen, trotz des schematisierten Prozesses, in ihrer Summe ein jeweils vollkommen individuelles Gefüge hervor. <br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiPeXI-fky9cTWjGJZDQv_FR09lY1N3O-T8aKo8e6ffN72yupKQcbljK4Why7wu1YdSXG1Tch7AxcLIEDA-xKWBmHb8UsSnT-6j7wftizDkqXd787Acm_aJU78joWTC2bqXFm6XVuA6qjBQz7h7JkREpTGUHGZa1doCe15tGKygJxBJiXceLkQnb7bj-g/s7360/Jakubaschke.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="4912" data-original-width="7360" height="335" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiPeXI-fky9cTWjGJZDQv_FR09lY1N3O-T8aKo8e6ffN72yupKQcbljK4Why7wu1YdSXG1Tch7AxcLIEDA-xKWBmHb8UsSnT-6j7wftizDkqXd787Acm_aJU78joWTC2bqXFm6XVuA6qjBQz7h7JkREpTGUHGZa1doCe15tGKygJxBJiXceLkQnb7bj-g/w501-h335/Jakubaschke.jpg" width="501" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Ursuppe und Unvergängliches, Sigrun Jakubaschke, Ausstellungsansicht, 2022</td></tr></tbody></table><p style="text-align: justify;"><br />Ein weiteres Charakteristikum - sowohl der Einzelblätter als auch ihrer Agglomeration - ist die jeweilige Zufälligkeit der Begrenzung. Die Struktur der einzelnen abgezeichneten Mauerabschnitte ist keiner geschlossenen, hierarchischen Komposition unterworfen, sie könnte sich ins Grenzenlose fortsetzen, genauso wie auch wie die Anordnung und Zahl der Einzelblätter keiner zwingenden Komposition folgt und sich über den ganzen Raum ausbreiten könnte.<br /><br />Diese angedeutete Grenzenlosigkeit, bzw. die spontane Wahl von Ausschnitt und Größe des Bildgefüges, konterkariert einen weiteren Aspekt der aneignenden, hierarchischen Kunst. In einem Zitat von R.L. Stevenson heißt es: „<i>Das Leben ist monströs, unlogisch, unbegrenzt, sprunghaft und penetrant, ein Kunstwerk, verglichen damit, ist harmlos, begrenzt, beherrscht, vernünftig, fließend und gezähmt.</i>“ (7)<br />Denn für gewöhnlich sind Kunstwerke, ob ein Roman, eine Skulptur oder ein Bild, in sich geschlossen. In der Literatur werden Anfang und Ende, auch wenn es sich um Tatsachenromane handelt, gezielt gesetzt, damit sich die Bewegungen im Text zu einer dramaturgischen Einheit zusammenziehen. In der Kunst sind es Bildausschnitt und Komposition, die gezielt gesetzt werden. Das gilt jedoch nur für die aneignende, subjektivierende Kunst.<br />Die Vorgehensweise von Sigrun Jakubaschke macht hingegen deutlich, daß für die vorliegende Begrenzung des Abgebildeten keinerlei Notwendigkeit besteht. Sie ist beliebig und verlangt deshalb geradezu, in alle Richtungen weiter gedacht zu werden, denn das Abgebildete ist schließlich nur eine Spur, ein zufälliger Ausschnitt des Monströsen, Sprunghaften und Unbegrenzten.<br /><br />In die Mauerfragmente sind auch immer wieder Zeichnungen toter Kleintiere und Vögel eingefügt. Doch auch hier handelt es sich nicht um Darstellungen im herkömmlichen, planvoll gestalteten Sinne. Vielmehr sind es Blindzeichnungen. Das Auge der Künstlerin ruht dabei nur auf dem Gesehenen, nicht auf dem Gezeichneten. Das Gezeichnete ist also nicht Ergebnis einer kontrollierten Gestaltungsabsicht, sondern vielmehr das Ergebnis eines körperlichen Ereignisses, ausgelöst durch einen visuellen Reiz. <br /><br />Hier schlägt sich gewiß auch Sigrun Jakubaschkes Erfahrung mit ostasiatischer Kalligraphie nieder. Für die gilt, daß nicht das besonders virtuos ausgeführte Schriftzeichen gelungen ist, sondern das Schriftzeichen, in dem sich das spontane Nachempfinden des gemeinten Objekts am authentischsten zeigt. Hier wie dort soll sich also die Welt über den Umweg des Körpers selbst mitteilen, ohne daß sie vom Logos ausgemessen, kategorisiert und ästhetisiert wird. <br /><br />In Jakubaschkes Skulpturen teilen sich das Material und sein Verhalten während verschiedener Bearbeitungsprozesse noch unmittelbarer mit. Es handelt sich vor allem um gefärbten und ungefärbten Gips, der sich während des Abbindens transformiert. <br />In diesen Prozess greift Sigrun Jakubaschke zu verschiedenen Zeitpunkten ein und ruft damit Effekte hervor, in der sich der Prozess der Metamorphose selbst zeigt. Auch bei ihr tauchen, wie bei Gillich, zufällig gefundene, organische Objekte auf, die mit den Gipskörpern in Dialog gebracht werden. <br />Ihre organische Gestaltwerdung, die im Gegensatz zur willkürlichen Gestaltgebung durch nichts legitimiert werden muß, wird unterstrichen durch auffällige Färbung, z.B. durch Vergoldung.<br /><br />In allen Arbeiten sprechen also die Körper zu uns, die belebten, handelnden Körper der Kunstschaffenden, oder die unbelebten Körper, die sowohl bei Gillich als auch bei Jakubaschke von Transformation und Übergang zeugen.<br /><br />In dem Vorbereitungsgespräch fiel unter anderem ein Zitat von Friedrich Nietzsche, das ich hier im ganzen Zusammenhang nennen möchte:<br /><br />„<i>Leib bin ich und Seele“ — so redet das Kind.
Und warum sollte man nicht wie die Kinder reden?<br />Aber der Erwachte, der Wissende sagt: Leib bin
ich ganz und gar, und Nichts ausserdem; und Seele
ist nur ein Wort für ein Etwas am Leibe.<br />Der Leib ist eine grosse Vernunft, eine Vielheit
mit Einem Sinne, ein Krieg und ein Frieden, eine
Herde und ein Hirt.<br />Werkzeug deines Leibes ist auch deine kleine
Vernunft, mein Bruder, die du „Geist“ nennst, ein
kleines Werk- und Spielzeug deiner grossen Vernunft.<br />„Ich“ sagst du und bist stolz auf dieses Wort. Aber
das Grössere ist, woran du nicht glauben willst, — dein
Leib und seine grosse Vernunft: die sagt nicht Ich,
aber thut Ich. (</i>8)</p><div style="text-align: justify;">Und eben dieses Tun, dieses nicht abstrahierte, selbstbezeugende Handeln der Körper ist der große Grundakkord dieser Ausstellung.<br /></div><p style="text-align: justify;">Wir leben in einer Zeit, in der wir die Früchte davon ernten müssen, was uns gut 2500 Jahre dualistisches Denken eingebracht haben. Überall um uns sehen wir die Ergebnisse von der Ideologie der Unterwerfung des Körpers und der Unterwerfung der Welt. Der Dualismus hat uns dahin geführt, daß wir die Welt als Objekt der Ausbeutung heruntergewirtschaftet haben, genauso wie wir die Körper unserer Mitmenschen - und oft sogar unsere eigenen - zu einer wirtschaftlichen Ressource degradiert haben.</p><p style="text-align: justify;"></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgZJcJb2mD9agPTenE-MekpfUDvaldJ5dReXyeemqR7bB_3aG6m5U3rQVaO0Xpi-qDhKNeCqN4lNCvso0nMSYphK1c4tHkv9LGDwfIFxl5cquuBvVBIIonhipodMqN39W9RdzYCeIJh9GkT_Bk0-qvRvp8DihBpguLmIrjEEspjpaqgvTqhRJm5GTYZZw/s5472/Jakubaschke02.jpg" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="5472" data-original-width="3648" height="700" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgZJcJb2mD9agPTenE-MekpfUDvaldJ5dReXyeemqR7bB_3aG6m5U3rQVaO0Xpi-qDhKNeCqN4lNCvso0nMSYphK1c4tHkv9LGDwfIFxl5cquuBvVBIIonhipodMqN39W9RdzYCeIJh9GkT_Bk0-qvRvp8DihBpguLmIrjEEspjpaqgvTqhRJm5GTYZZw/w466-h700/Jakubaschke02.jpg" width="466" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;"><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;">Ursuppe und Unvergängliches, Sigrun Jakubaschke, Ausstellungsansicht, 2022</td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;"><br /></td></tr></tbody></table></td></tr></tbody></table><p style="text-align: justify;">Doch wir befinden uns an einer Zeitenwende, in der es schließlich zu einer essentiellen Notwendigkeit geworden ist, sich wieder den Gegebenheiten von Körper und Welt unterzuordnen. Es ist notwendig geworden, daß der Mensch in der Dingwirklichkeit sich als Gleicher unter Gleichem begreift, nicht als Herrscher über sie, sondern lediglich als ein Teil, ein beliebig gesetzter Ausschnitt einer ganzheitlichen Wirklichkeit.<br /><br />In diesem Zusammenhang zeugen die Arbeiten von Sigrun Jakubaschke und Frank Gillich von einem erforderlichen Paradigmenwechsel in der Beziehung von Mensch und Welt, vom Umgang des Menschen mit der Subjekt-Objekt-Spaltung und seinen Strategien, die als schmerzhaft empfundene Kluft zu überbrücken.<br /></p><p style="text-align: left;"><br />© Dr. Thomas J. Piesbergen / VG Wort, April 2022</p><p style="text-align: left;"></p><p style="text-align: left;"> Quellen:</p><p style="text-align: left;"><span style="font-size: x-small;">(1) Karl Jaspers: <i>Einführung in die Philosophie</i>. R. Piper, München 1953 / 1986, S. 24 f.</span></p><p style="text-align: left;"><span style="font-size: x-small;">(2) Joseph Campbell, <i>Mythologie der Urvölker</i>, dtv, München 1991, S. 317 ff.</span></p><p style="text-align: left;"><span style="font-size: x-small;">(3) Marshall Sahlins: <i>Kultur und praktische Vernunft</i>, Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1981, S. 288 ff.</span></p><p style="text-align: left;"><span style="font-size: x-small;">(4) Luigi der Marchi: <i>Der Urschock</i>, Luchterhand, Darmstadt, 1988</span></p><p style="text-align: left;"><span style="font-size: x-small;">(5) Mose 1.28, <i>Große Lutherbibel</i>, Deutsche Bibelstiftung, Stuttgart, 1979</span></p><p style="text-align: left;"><span style="font-size: x-small;">(6) A. Beutelspacher, B. Petri: <i>Der Goldene Schnitt</i>. Spektrum, Heidelberg / Berlin / Oxford 1988, S.148 ff.</span></p><p style="text-align: left;"><span style="font-size: x-small;">(7) R.L. Stevenson, nach A. Manguel: <i>Tagebuch eines Lesers</i>, S. Fischer Verlag, Frankfurt a.M., 2005, 193</span></p><p style="text-align: left;"><span style="font-size: x-small;">(8) F. Nietzsche: <i>Also sprach Zarathustra</i>, Insel Verlag, München , 1976, S. 37</span><br /><br /></p>Zettelhttp://www.blogger.com/profile/05972592629624420813noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-105331708839939436.post-46379416426068838392022-03-21T02:51:00.006-07:002022-04-25T02:03:22.510-07:00Schreibwerkstatt "Das Textprojekt" in Altona: Neues Kursmodul 1 ab dem 28.3.2022<p style="text-align: justify;">ACHTUNG: Kursbeginn verschoben auf den 2. Mai 2022: <a href="https://textprojekt.blogspot.com/2022/04/verschobener-kursbeginn.html" target="_blank">(KLICK) </a></p><p style="text-align: justify;"><br />Der Kursabschnitt 1 "Von der Idee zum ersten Entwurf" wendet sich vor allem an Schreibanfänger*innen, aber auch an Schreibende, die ihre handwerklichen Fertigkeiten verbessern wollen.<br /><br />Inhaltlich werden wir uns mit literarischen Grundkonflikten beschäftigen, mit der Gestaltung lebendiger Charaktere und dem Entwurf überzeugender und packender Handlungsverläufe und deren Struktur sowie allgemeinen dramaturgischen und handwerklichen Problemen.<br /><br />Die Unterrichtseinheiten werden begleitet von Hausaufgaben, in denen die Teilnehmer*innen die erlernten Techniken ausprobieren können - gerne auch im Rahmen eigener, bereits bestehender Projekte. Die so entstandenen Texte werden in der Gruppe besprochen. Alles darf, nichts muss...<br /><br />Nach derzeitigem Stand ist corona-konformer Präsenzunterricht geplant. Falls erwünscht ist aber auch eine hybride Teilnahme möglich.<br /><br />Ich freue mich auf Ihre Rückmeldungen!<br /><br />Mit herzlichen Grüßen,<br />Thomas Piesbergen<br /><br />Die Themen im Einzelnen:<br /><br />• Schreibmotivationen<br />• Authentizität und Fiktion<br />• Schreibmethoden<br />• Literarische Reduktion: Themen und Prämissen<br />• Konflikte und Transformation<br />• Charaktere: Protagonist und Antagonist<br />• Charaktere: Nebenfiguren und Dritte Kraft<br />• Charaktertiefe<br />• Charakterisierung<br />• Konflikte und ihre Entwicklung<br />• Akute Konfrontationen und verdeckte Konflikte<br />• Entwurf des Handlungsverlaufs: „Schicksalskurven“<br />• Gliederungsschemata: Dreiakter, Heldenreise, Regeldrama u.a.<br />• Struktur: Szenen, Schwellen, Spiegelungen, Motive<br />• Mechanismen der Eskalation<br />• Plot und Gegenplot<br />• Spannung erzeugen<br />• Das Setting<br />• Schauplätze<br />• Schreibhemmungen<br /><br />Ort: Atelierhaus Breite Straße 70<br />Kursdauer: 2 Monate (8 x 2 Stunden)<br />Teilnahmegebühr: 200,- € / ermäßigt 140,- €<br />Zeit: Montags 19:30 - 21:30<br /><br /><br />ANMELDUNGEN bitte per E-Mail an: thomas.piesbergen (at) gmx.de </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEi9K-u2R1zLWYFAN0WSPZAbdrR_nAdrAA8WfNvLmoHe-929uT7iUq2t_ElLNv2YUMW7y_m_3e6FQ7vgWun-0gR8rV8mCgx4DPaetpumYov1TUsxnLrKiBQMqmTI_ucmaBzO8gki9NeyYYYX1mh_BZwSs3WCTR6wfmyiUg_8ds-W8JizktCpHJXhjoV13Q=s789" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="789" data-original-width="558" height="575" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEi9K-u2R1zLWYFAN0WSPZAbdrR_nAdrAA8WfNvLmoHe-929uT7iUq2t_ElLNv2YUMW7y_m_3e6FQ7vgWun-0gR8rV8mCgx4DPaetpumYov1TUsxnLrKiBQMqmTI_ucmaBzO8gki9NeyYYYX1mh_BZwSs3WCTR6wfmyiUg_8ds-W8JizktCpHJXhjoV13Q=w433-h575" width="433" /></a></div><br /><p><br /></p>Zettelhttp://www.blogger.com/profile/05972592629624420813noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-105331708839939436.post-35562479404996093832022-03-03T01:10:00.002-08:002022-03-08T06:34:20.184-08:00Die Maskierung von Selbst und Welt - Thomas Piesbergen zur Ausstellung „Fit for life - On nymphs behind masks“ von Jana Rippmann<p style="text-align: justify;"><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEihDPzyS0RV7H2q7V-DVgSMsvIukLGa5RXUoddN4-oqlN0egiO7EpD-xOv2cNU49UxPm8P0OOY5kk-b2B1cGJoqe3bYA286Xx7vb3llZ0FrzvzJricWC1P3OJPcY4MM8bNkt42DiQwUknDrScoaX_0wrv81CIhFGh1SZJIW3MdolHTUwkW6iYMIdUKMDQ=s561" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="400" data-original-width="561" height="381" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEihDPzyS0RV7H2q7V-DVgSMsvIukLGa5RXUoddN4-oqlN0egiO7EpD-xOv2cNU49UxPm8P0OOY5kk-b2B1cGJoqe3bYA286Xx7vb3llZ0FrzvzJricWC1P3OJPcY4MM8bNkt42DiQwUknDrScoaX_0wrv81CIhFGh1SZJIW3MdolHTUwkW6iYMIdUKMDQ=w534-h381" width="534" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Jana Rippmann, Fit For Life, Atelieransicht, 2022, Foto: J. Rippmann<br /></td></tr></tbody></table><br /></p><p style="text-align: justify;">Beschäftigen wir uns mit der Frage nach Autonomie, also der Eigengesetzlichkeit und Selbständigkeit, müssen wir uns zunächst mit der Frage beschäftigen, wie sich denn ein Selbst, das sich innerhalb eines noch nicht näher bestimmten Zusammenhangs abgrenzt und eigengesetzlich handelt, eigentlich konstituiert. <br /><br />Der Existentialphilosophie Jean-Paul Sartres zufolge, kann sich der Mensch nur im akuten Erleben seiner selbst begreifen. Dieses Erleben kann sich nur im Handeln vollziehen. Was er ist, also die Essenz des Menschlichen, ist nicht gegeben. Der Essenz geht immer die Existenz voraus, also der Umstand, daß der Mensch überhaupt ist. Die Existenz manifestiert sich ihrerseits im Handeln, das erlebt wird und dadurch wiederum das Sein zeitigt.(1) <br /><br />Dieser Ansatz, das Handeln als maßgeblichen Aspekt des Seins und der Konstituierung des Selbst zu betrachten, ist jedoch nicht ganz neu. <br />Bereits 1795 postulierte Johann Gottlieb Fichte, das absolute Ich existiere nur im Handeln und in der Anschauung seiner selbst während dieser Handlung. Alles, was sich diesem konkreten Handeln und seiner Reflexion entzieht, wird vom Ich als Nicht-Ich geschieden. Dieses Nicht-Ich ist mit seinen irrationalen Anstößen, die uns zur Handlung motivieren, aber essentiell für den Prozess der Selbsterfahrung, da ohne das Nicht-Ich keine Handlungsanlässe gegeben sind (2). Das bedeutet also, das Ich erfährt sich selbst in der Interaktion mit dem Nicht-Ich, also in dem es an der Schnittstelle zwischen Selbst und Welt agiert. Wir konstituieren uns demzufolge im Spannungsfeld von dem, was wir sind und dem, was wir nicht sind. Ohne eine uns umgebende Welt ist die Selbsterfahrungen nicht möglich. <br /><br />Dieses essentielle Postulat begegnet uns bereits in der Spätrenaissance bei Michel de Montaigne, der schrieb: „Diese große Welt ist der Spiegel, in den wir hineinschauen müssen, um uns von Grund auf kennen zu lernen.“(3)<br />Die wechselseitige Bezogenheit von Selbst und Welt finden wir auch in „Die Lehrlinge zu Sais“ von Novalis, der unmittelbar von Fichte beeinflußt war. In dem Tempel der Göttin zu Sais suchen ihre Adepten nach der tiefsten Wahrheit der Welt, die sich hinter dem Schleier der Göttin verbergen soll. Dort heißt es: „<i>Einem gelang es, - er hob den Schleier der Göttin zu Sais - Aber was sah er? er sah - Wunder des Wunders - sich selbst.</i>“(4) So spiegelt sich nicht nur das Selbst in der Welt, sondern auch die Welt im Selbst.<br /><br />Doch natürlich ist es dem handelnden Selbst nicht möglich, sich in der allumfassenden Totalität der Welt zu spiegeln und sich an ihr zu messen. Denn, wie Pierre Bourdieu feststellt: „<i>Als Körper (und als biologische Individuen) sind menschliche Wesen immer ortsgebunden und nehmen einen konkreten Platz ein. (Sie verfügen nicht über Allgegenwart und können nicht an mehreren Orten gleichzeitig sein.)</i>“ Dasselbe gilt für den sozialen Raum, in dem sie sich bewegen, der sich seinerseits, so Bourdieu, durch „<i>wechselseitige Ausschließung</i>“ definiert.(5) <br /><br />Will man also wissen, anhand welcher Anhaltspunkte sich ein Selbst konstituiert, ist es notwendig, dessen konkreten und individuellen Erlebnisraum zu betrachten.<br /><br />Dieser Erlebnisraum war Jahrhunderttausende zusammengesetzt aus den unmittelbar biologischen und den naturräumlichen Bedingungen des Individuums, zu denen sich bald ein zunehmend eigendynamischer kultureller Kontext gesellte, in den das Individuum eingebunden ist. <br />So steht es einerseits einer gleichgültigen Natur gegenüber, die jederzeit imstande ist, das erlebende Selbst mit Unvorhersehbarem zu konfrontieren, andererseits den individuellen und kollektiven Impulsen einer eigendynamischen sozialen Umgebung, die ebenfalls Ereignisse und Umstände zeitigt, denen das Individuum mitunter unvorbereitet begegnen muß. <br /><br />Sollen der Handlungsrahmen und damit auch die Grenzen des Selbst erweitert werden, kann das Individuum entweder passiv auf zufällige Impulse aus der Außenwelt warten, zu denen es sich anschließend in Bezug setzen muß, oder es kann selbst aktiv nach neuartigen Impulsen suchen, wobei es zwar zunächst die Methodik der Suche gestalten kann, nicht aber die Gegebenheiten, auf die es dabei stößt und auf die es reagieren muß.<br /><br />Diese Situation hat sich mit der Entstehung eines weltumspannenden, digitalen Informationsnetzwerks drastisch geändert. War es in den ersten Dekaden des Internets noch normal, sich eigenständig mittels Suchmaschinen und den ersten sog. sozialen Netzwerken auf die Suche nach neuen Inhalten zu machen, wurden bald von verschiedenen Softwareentwicklern Algorithmen programmiert, um immer detailliertere Profile der im Netz agierenden Individuen zu erstellen. Die Aufgabe dieser Profile ist es, speziell auf das Individuum zugeschnittene Inhalte anzubieten, die dem bisherigen Rezeptionsverhalten entsprechen, um eine Anbindung des Einzelnen an den Anbieter und schließlich eine Kontrolle und maximale Ausnutzung dessen Konsumverhaltens zu erreichen. <br /><br />Mit dem Entstehen dieser digitalen, von Algorithmen gesteuerten und individualisierten Prothese der Wirklichkeit, hat sich also an der Begegnung von Ich und Welt etwas Entscheidendes geändert. Einerseits ist das Momentum des Unerwarteten und Zufälligen nicht mehr gegeben. Die Inhalte, mit denen uns die Algorithmen versorgen, liefern uns, sofern sie wie intendiert funktionieren, nur noch Informationen im Rahmen des Bekannten oder Naheliegenden. Wir müssen uns nicht mit einem Einbruch des Fremden und Überraschenden auseinandersetzen, das sich nicht mit unseren gewohnten Routinen verarbeiten läßt. <br /><br />Andererseits wird durch die Vorauswahl, die die Algorithmen für uns treffen, der Prozess der eigenständigen Suche überflüssig. Doch gerade dieser Prozess hat ganz eigene Qualitäten, die uns viel über uns selbst und die Wirklichkeit lehren können. So äußerte J.W. von Goethe in einem Gespräch mit Carolin Herder: "<i>Man reist ja nicht, um anzukommen, sondern um zu reisen.</i>"(6)<br />Denn eine Eigenart des Vorgangs der Suche ist ja gerade der, daß man dabei notgedrungen Stationen durchläuft, die mit dem Gesuchten nur mittelbar in Zusammenhang stehen und, selbst wenn das Gesuchte bekannt sein mag, uns dennoch Unerwartetes bieten, an dem wir wachsen können, da es die Grenzen des Bekannten und Antizipierten transzendiert.<br /><br />Treffen wir hingegen ohne den Prozess der aktiven Suche nur auf Dinge und Gegebenheiten, die entsprechend unserer Begehrlichkeiten gefiltert worden sind, maskiert sich die Welt mit unseren Projektionen. Anstatt Dingen zu begegnen, die unser Selbstbild in Frage stellen, wird es ausschließlich bestätigt. Unsere vermeintliche Begegnung mit der Welt, mit einem Nicht-Ich im digitalen Raum, entpuppt sich als eine Selbstbespiegelung in einem narzißtischen Loop, der uns nicht mehr an unsere Grenzen und darüber hinaus führt und uns dadurch zeigen kann, wer wir eigentlich sind, sondern uns statt dessen vorgaukelt, die Welt käme unseren Begehrlichkeiten und Sehnsüchten entgegen, sei auf uns regelrecht zugeschnitten. Aber indem wir den Algorithmen überlassen, die Wirklichkeit zu maskieren, rauben wir uns die Möglichkeit, uns selbst zu begegnen. Indem wir den Spiegel maskieren, maskieren wir auch uns selbst. Ohne das Korrektiv eines tatsächlichen Nicht-Ichs werden unsere falschen Selbstbilder nicht in Frage gestellt, sondern verfestigen sich durch die digitale Selbstbespiegelung immer mehr.<br /><br />Die Maskerade vollzieht sich nicht nur auf der hinlänglich bekannten Ebene der Täuschung anderer, in dem wir im Netz optimierte Avatare unserer selbst generieren und in den sozialen Netzwerken ein Leben vorspiegeln, das wir faktisch nicht führen, sondern diese Maskerade vollzieht sich auch auf einer subtilen Ebene, die sich unserer Wahrnehmung entzieht, und so zu einer ernstzunehmenden Störung des Selbstbildes führen kann.<br /><br />Der Topos der Maske rückt auch zwei andere wichtige Aspekte der digitalen Welt in den Fokus. In archaischen Kulturen mit einer starken mythologischen Struktur und einer zyklischen Auffassung von Zeit begegnet uns die Maske als Mittel des Übertritts in den überzeitlichen Bereich der numinosen Ordnung der Welt. Die von den Masken versinnbildlichten Götter und Geister sind lediglich Symbole der verschiedenen Aspekte dieser Ordnung. Indem menschliche Akteur*innen sich im Ritual maskieren, werden sie eins mit den Entitäten, die sie darstellen, und entziehen sich dem zeitlich linearen Kontinuum. Sie werden selbst zu den überzeitlichen Ordnungsprinzipien und helfen, deren Aufrechterhaltung in der menschlichen Sphäre zu gewährleisten.<br /><br />Im Hellenismus, vor allem unter dem Einfluß von Platons Lehre der Urbilder, entstand daraus schließlich das Konzept des Ideals. Im Gegensatz zu den göttlichen Entitäten, die mit Hilfe der menschlichen Akteur*innen die überzeitlichen Ordnungsprinzipien aktiv aufrecht erhalten, befindet sich das Ideal lediglich in vollkommener Übereinstimmung mit der überzeitlichen Ordnung, ist aber nicht für ihre aktive Erneuerung verantwortlich. <br />Ganz im Gegensatz zur Existentialphilosophie setzt diese Art des Denkens die Essenz des Menschlichen voraus. Das Handeln gilt hier also nicht als ein Prozess, in dem das Selbst durch das Erleben entsteht. Das Handeln dient lediglich dazu, das in der universellen Ordnung bereits angelegte ideale Selbst zu verwirklichen oder freizulegen. Dieses Konzept des Selbst begegnet uns in der Art und Weise, wie die digitalen Avatare aktuellen Idealen nachgebildet werden, und wie in öffentlichen Selbstdarstellungen sog. Perfektion angestrebt wird, die nichts anderes ist, als der Versuch, sich einer vermeintlich absoluten Ordnung anzunähern, an eine vorübergehende Übereinkunft im Mainstream, an eine Mode, deren Urheber das maskierte Selbst jedoch nicht ist.<br />Die Maskierung, die sich im Netz ereignet, entspricht also eher einer antiken Idealisierung als einer archaischen Maskierung. Der Prozess der Annäherung an ein Ideal, sowohl auf der Ebene des Individuums als auch auf der Ebene der Gestaltung virtueller Umgebungen und Prozesse, ist hinlänglich unter dem Begriff der „Optimierung“ bzw. „Selbstoptimierung“ bekannt.</p><p style="text-align: justify;"></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEh3s1KzTBghpkRVo05CotlwTr-ggD5z1pqQCfs_K_j9HEBht6JmE61-C6Sm9jbkRhvdLHG0BgDDxkiRYCEqcoYMO7dcH01eVtsAk6ew1ogztiYsNv3-0X6Cpf3tKPSQeeAJBOVGzYJyv2LpFHA7OBBZo15fR_gk8LGDpsTBsWlYpWRxitdd6agUzWWaag=s1600" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="1200" data-original-width="1600" height="377" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEh3s1KzTBghpkRVo05CotlwTr-ggD5z1pqQCfs_K_j9HEBht6JmE61-C6Sm9jbkRhvdLHG0BgDDxkiRYCEqcoYMO7dcH01eVtsAk6ew1ogztiYsNv3-0X6Cpf3tKPSQeeAJBOVGzYJyv2LpFHA7OBBZo15fR_gk8LGDpsTBsWlYpWRxitdd6agUzWWaag=w502-h377" width="502" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Jana Rippmann, Fit For Life, Ausstellungsansicht, 2022, Foto: J. Rippmann<br /></td></tr></tbody></table><p style="text-align: justify;">Jana Rippmann hat es sich mit ihrem aktuellen langfristigen und in stetem Wandlungsprozess befindlichen Projekt zur Aufgabe gemacht, diesem Selbst auf der Schwelle zwischen analoger und digitaler Wirklichkeit nachzuspüren.<br />Sie bedient sich dabei einer Technik, die in der Literatur maßgeblich von James Joyce und Virginia Woolf entwickelt worden ist und als „Stream of Consciousness“ bezeichnet wird. Arno Schmidt definierte sie wie folgt: „<i>Die möglichst exakte Wiedergabe des Gemischs aus subjektivem Gedanken-Stromgeschnelle plus Dauerberieselung durch eine Realität.</i>“(7) Wir erkennen in dieser Beschreibung unschwer das sich beobachtende Selbst an der Schnittstelle zwischen Ich und Nicht-Ich.<br />Die Realität, der sich Jana Rippmann dabei zuwendet, von der sie sich ganz bewußt „dauerberieseln“ läßt, ist allerdings eine digitale, von Algorithmen inszenierte Welt, auf deren Bildangebote sie wiederum reagiert und ihre Reaktionen im Sinne Sartres beobachtet, um so einem digitalen Selbst auf die Spur zu kommen.</p><p style="text-align: justify;"><br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEiKZWSxFCSZ7RCynxixVMS8_tjgWgnWaMkYOb9UJjBo62gzjqjnXmQ7v3VtvwvaTtCl0AowOVWIQLiRZffwWwdeG8PbG9YMLVC1uzHcAkuQqLGQk-taUdSZKHNDqg5tjdIGSUQ9yc5x8fm52N76C9HcAWAzZeTnoXrGE2aTwci9GfHSRmFjODLh5nWspw=s1440" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="1440" data-original-width="1440" height="520" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEiKZWSxFCSZ7RCynxixVMS8_tjgWgnWaMkYOb9UJjBo62gzjqjnXmQ7v3VtvwvaTtCl0AowOVWIQLiRZffwWwdeG8PbG9YMLVC1uzHcAkuQqLGQk-taUdSZKHNDqg5tjdIGSUQ9yc5x8fm52N76C9HcAWAzZeTnoXrGE2aTwci9GfHSRmFjODLh5nWspw=w520-h520" width="520" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Jana Rippmann, Fit For Life, Ausstellungsansicht, 2022, Foto: J. Rippmann</td></tr></tbody></table><p style="text-align: justify;">Im vollen Bewusstsein der von Algorithmen gestützten Idealisierung und Selbstoptimierung, die im Internet herrscht, hat sie die Filter durch gezielte Suchanfragen derart manipuliert, daß sie sie mit entsprechend vermeintlicher „Found Footage“ versorgen, auf der Objekte aus der Welt der Wellness und Körperoptimierung zu sehen sind, ebenso wie nahezu ideale Körper in akrobatischen Positionen oder einzelne Körpersegmente, die durch ihre Nacktheit eine vorgebliche Intimität suggerieren. Dazwischen tauchen, wie ein ironisches Zitat, Bruchstücke antiker Marmorstatuen auf - Verweis auf den platonischen Ursprung des Konzept vom Ideal als Denkansatz, sowie dessen Vergänglichkeit.<br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEjMojWThad0jUbNEaqexpVhb6K03QdBIQ_W1HIFIuOLwdA3NBYaQu1xNBJgTfeb74KizLevGAmrC8CMXOdGux3pZmu2CHxvtKwRuHXjFUPPUcUlbsJrlyRdjVuxR4RxAJHMuEHZWhK0wRVUklsJ2Q_wB2yXfBX_Iidno7djnCc8hEkj6RPldOU9buvx8A=s1125" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="878" data-original-width="1125" height="395" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEjMojWThad0jUbNEaqexpVhb6K03QdBIQ_W1HIFIuOLwdA3NBYaQu1xNBJgTfeb74KizLevGAmrC8CMXOdGux3pZmu2CHxvtKwRuHXjFUPPUcUlbsJrlyRdjVuxR4RxAJHMuEHZWhK0wRVUklsJ2Q_wB2yXfBX_Iidno7djnCc8hEkj6RPldOU9buvx8A=w505-h395" width="505" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Jana Rippmann, Fit For Life, Ausstellungsansicht, 2022, Foto: J. Rippmann</td></tr></tbody></table><p style="text-align: justify;">Einen gegenläufigen, irritierenden Verweis auf die gestörte Zeitlichkeit der Netzwelten stellen hingegen die Sakura-Emojis, also Kirschblüten-Symbole dar, die in der Installation immer wieder aufscheinen. In Japan gilt die Kirschblüte als Inbegriff der Schönheit, die all ihren Zauber jedoch aus ihrer Vergänglichkeit bezieht. Diese ephemere Qualität geht in der digitalen, zeitlosen Idealisierung vollständig verloren, das Symbol wird seiner ursprünglichen Bedeutung beraubt und damit leer.<br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEhLZFy5RV5k8fPSDMgwdaLpO6H_Fy5ngNtDXb508KiMAlZab7rlX8et8qjJfq0GJpyoGWhNoJVzwwksd-j7i_UmJ_Xl2hnEh38g9UtuKIEbDYxgTP3V5K4UIcN1fVuyOk75wDPfIN1yz_waF_LLjgOWfkBiZ5Jphiplut9ji8xn0juNS3g4I_kDNOmJ4A=s718" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="478" data-original-width="718" height="339" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEhLZFy5RV5k8fPSDMgwdaLpO6H_Fy5ngNtDXb508KiMAlZab7rlX8et8qjJfq0GJpyoGWhNoJVzwwksd-j7i_UmJ_Xl2hnEh38g9UtuKIEbDYxgTP3V5K4UIcN1fVuyOk75wDPfIN1yz_waF_LLjgOWfkBiZ5Jphiplut9ji8xn0juNS3g4I_kDNOmJ4A=w509-h339" width="509" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Jana Rippmann, Fit For Life, Atelliersansicht, 2022, Foto: J. Rippmann</td></tr></tbody></table><p style="text-align: justify;">Mit der narzisstischen Blase, die durch diese digitale Selbstbespiegelung mittels Projektionen der Begehrlichkeit auf das Nicht-Ich entsteht, korrespondiert eine beschwichtigende Klangtapete aus Wellness-Musik, die darauf ausgelegt ist, so wenig Konfrontation und Reibung wie möglich zu erzeugen, in dem sie nahezu vollständig auf Unerwartetes verzichtet.<br /></p><p style="text-align: justify;">Auf die Irrealität dieser Erlebniswelt verweisen schließlich phantastische Kreaturen wie Drachenabbildungen aus dem Repertoire westlicher Fantasy-Klischees oder aus dem asiatischen Kulturraum. </p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEjX8mpGdxoS5x0AHxBF4pUyQMvk5f1Js2oAGT8bQcpCH3v3f9sevMQc_rMB2ndrApPutg7FN-9Tt6ANgjT44qY1P9uH_3BBgzSilJpMtfTxYTMH7cZbNiKkEySEyJHuJ8AX163dRoS2DlXdh_fmBBenENsraitDyPx1X2rAcI9Id_Lpc0SRC9oe4gg2oA=s718" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="702" data-original-width="718" height="477" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEjX8mpGdxoS5x0AHxBF4pUyQMvk5f1Js2oAGT8bQcpCH3v3f9sevMQc_rMB2ndrApPutg7FN-9Tt6ANgjT44qY1P9uH_3BBgzSilJpMtfTxYTMH7cZbNiKkEySEyJHuJ8AX163dRoS2DlXdh_fmBBenENsraitDyPx1X2rAcI9Id_Lpc0SRC9oe4gg2oA=w488-h477" width="488" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Jana Rippmann, Fit For Life, Atelliersansicht, 2022, Foto: J. Rippmann</td></tr></tbody></table><p style="text-align: justify;"> <br />Gleichzeitig begegnen uns auf den von Algorithmen angebotenen Bildern die ersten Masken, die auf das Motiv des Übertritts von der Individualität in eine transpersonale, überzeitliche Welt verweisen; auf den Wunsch, das charakteristische, analoge und mangelhafte Selbst abzustoßen, um sich hinter einer Identität zu verschanzen, die einer mutmaßlich idealen Ordnung entspricht.<br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="height: 279px; margin-left: auto; margin-right: auto; width: 541px;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEiwe8ovX63wVbYTaRaa1v8uxiURzm8eChDO8rDmfOZDrFAiH9oyGm9LrMY3ZcV4oZIaN7V12DG-gCszjeLW6XQUB_knZAdFeZAlZGYhikHjnLWD6u9kzzpF0YL6FFilh_hP3PuwtMuVtgs4fALl8-sBv-RUH_cLSBzcpGKX8ADPdfCW2x__DPrcN9C_yA=s3888" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="2592" data-original-width="3888" height="327" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEiwe8ovX63wVbYTaRaa1v8uxiURzm8eChDO8rDmfOZDrFAiH9oyGm9LrMY3ZcV4oZIaN7V12DG-gCszjeLW6XQUB_knZAdFeZAlZGYhikHjnLWD6u9kzzpF0YL6FFilh_hP3PuwtMuVtgs4fALl8-sBv-RUH_cLSBzcpGKX8ADPdfCW2x__DPrcN9C_yA=w491-h327" width="491" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Jana Rippmann, Fit For Life, Ausstellungsansicht, 2022, Foto: J. Rippmann</td></tr></tbody></table><p style="text-align: justify;"><br />Die erste, im Reich des Realen fußende Reaktion auf diesen betäubenden, dem körperlichen Ideal hinterher schmachtenden Selbst- und Weltwahrnehmung-Loop in der digitalen Bildwelt, stellen physische Ready-Mades dar, die ursprünglich als Dekoration für Schaufenster hergestellt worden sind: Vielfarbiger Flitter, Glasobjekte, künstliche Schmetterlinge, Glanzpapier, Plastikblumen, Spiegel, Marmorimitat, Spitze. Mit ihnen wird die Qualität des Scheins und der Vorspiegelung, diesmal aus der analogen Sphäre der Massenfabrikation, noch einmal deutlich markiert und kommentiert.<br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEj6o0N0aS1uwFCumr61PojQ5WaqBhqAfpHnUDh0OZ79PKUEAkEy6qtk86PPfy9l96XOAKA4WpRhpz7o9cFtiajLjqggd91s4RIR8iEl7C_B4clC-F2wLWDLW60grJocR1BlvPWOtpQHYF0ium53spJmm4_vECOy0nXLJf-nRt1EjbNdBdvblVHqQq1FQg=s600" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="600" data-original-width="449" height="614" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEj6o0N0aS1uwFCumr61PojQ5WaqBhqAfpHnUDh0OZ79PKUEAkEy6qtk86PPfy9l96XOAKA4WpRhpz7o9cFtiajLjqggd91s4RIR8iEl7C_B4clC-F2wLWDLW60grJocR1BlvPWOtpQHYF0ium53spJmm4_vECOy0nXLJf-nRt1EjbNdBdvblVHqQq1FQg=w459-h614" width="459" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Jana Rippmann, Fit For Life, Ausstellungsansicht, 2022, Foto: C. Diekmann<br /></td></tr></tbody></table><p style="text-align: justify;">Und schließlich entdecken wir zwischen all diesen Bildern und Objekten, die lediglich das Ergebnis einer digitalen Ernte bzw. einer analogen Aneignung sind, Spuren tatsächlich erschaffenden Handelns: Denn inmitten dieser kruden, chaotisch anmutenden Inszenierung der Symptome einer unreflektierten Sehnsucht nach Perfektion liegen handgefertigte Objekte aus ungebranntem Ton. Mit ihrer bewußt unbeholfenen, plumpen Machart und ihrer materialbedingten Hinfälligkeit stechen sie einerseits scharf ab von den Abbildern der überzeitlichen Makellosigkeit, andererseits korrespondieren sie ganz organisch mit der unprätentiösen Art, mit der die Bilder und Dekorationsartikel zusammengewürfelt erscheinen.<br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEiqCWURKe5ysbFjChpNgTG_5UA3VIY7gQWzg4nZVwURmONxceI-jkS1Cew0fiuymlQk27yfK7jAnSvGvEKB8pvHjmrA4ewNmzIJcVGIsMQ36uKBhqAcuU1h8kE4-Z5QhkI1_LK5mvLBMnzUEJPmNYYIUkJGXdaGceSxgOW1bsf_WUoXltvg1H1kDOzYNg=s500" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="500" data-original-width="374" height="561" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEiqCWURKe5ysbFjChpNgTG_5UA3VIY7gQWzg4nZVwURmONxceI-jkS1Cew0fiuymlQk27yfK7jAnSvGvEKB8pvHjmrA4ewNmzIJcVGIsMQ36uKBhqAcuU1h8kE4-Z5QhkI1_LK5mvLBMnzUEJPmNYYIUkJGXdaGceSxgOW1bsf_WUoXltvg1H1kDOzYNg=w419-h561" width="419" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Jana Rippmann, Fit For Life, Ausstellungsansicht, 2022, Foto: C. Diekmann</td></tr></tbody></table><p style="text-align: justify;"><br />Hier geht uns das Gefühl an, zum ersten mal mit dem authentisch handelnden und empfindenden Individuum in Berührung zu kommen, das diesen konkret gewordenen Stream of Consciousness, diesen Versuch einer Kartierung des digitalen Selbst, hervorgebracht hat. <br />Wir betrachten nicht nur die austauschbaren, von Algorithmen gefilterten und deshalb bedeutungslosen Repräsentationen von Sehnsüchten und möglichen Selbstbildern, sondern wir erleben im physisch gewordenen Bewußtseinsstrom den Versuch, mit einer kaum greifbaren, hybriden Wirklichkeit unmittelbar in Kontakt zu treten und sie schließlich selbstständig und eigengesetzlich zu kompilieren und ordnend zu gestalten und sich selbst dabei zu beobachten, um in dieser Handlung eine authentische Spiegelung des Selbst zu entdecken. <br />Diese Selbstbeobachtung zeigt sich uns in Form von Fotografien, auf denen Ausschnitte vorangegangener Zustände der Gesamtinstallation zu sehen sind, die, wie alle anderen Elemente, anschließend in den Strom der Dinge eingegliedert worden sind. <br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEi3tblz7cBx086hz3ctUAAjXH_QR7PMiFo5h9BoQ_S1mo3CefEk-pfYj30yV32zIj-tHZPZ-0CHAbZe42DwaR6SZvanTIFT5891ib2oH0UAv1yip0T2ovPPEnmnQbvVyBIE1H4Eu5w90ma_kV0ntxOsGb1fUdTm63yqyQytx2Txgxx3Z0ktiif0kV370A=s816" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="612" data-original-width="816" height="367" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEi3tblz7cBx086hz3ctUAAjXH_QR7PMiFo5h9BoQ_S1mo3CefEk-pfYj30yV32zIj-tHZPZ-0CHAbZe42DwaR6SZvanTIFT5891ib2oH0UAv1yip0T2ovPPEnmnQbvVyBIE1H4Eu5w90ma_kV0ntxOsGb1fUdTm63yqyQytx2Txgxx3Z0ktiif0kV370A=w489-h367" width="489" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Jana Rippmann, Fit For Life, Ausstellungsansicht, 2022, Foto: J. Rippmann</td></tr></tbody></table><p style="text-align: justify;">So wie die vorgeblich ungeübten Hände eines Menschen im ungebrannten Lehm tatsächlich einem Nicht-Ich begegnen und ebenso plump wie beharrlich nach einer Form suchen, so können wir schließlich auch dieses sich selbst konstituierende Ich in der Form erahnen, mit der es versucht, all die betäubenden Massen von widersprüchlichen Bildern und Dingen zu einem Ganzen zu formen, das, wie der Fluß des Heraklit, niemals statisch, ideal und sich selbst gleich bleiben kann, sondern im fortwährenden reflektierten Ringen mit der Erlebnissphäre das eigentliche Spiegelbild des nach sich selbst forschenden Ichs auf der Schwelle der digitalen Welt wiedergibt; eines Ichs, das sich niemals in einem Ideal, sondern nur im fortwährenden und autonomen Handeln manifestieren kann. <br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEjhbzomxOXgopTJCfhb5cxsa8XHHta85oH5imB2XgeDlytKd-x1jUdCLn31KupILXtvwlFSjqyW6CgaX1xCkqm0OeUS22lQdmFVbKUGguZMcUjxpRnfUTUU6-kl-Jv6Z9PiwAYY69w2PziUgfDKRh1kIUuQx1OhD0yXezxdYk8vt5uIfmxLF1JR2FnitA=s802" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="600" data-original-width="802" height="369" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEjhbzomxOXgopTJCfhb5cxsa8XHHta85oH5imB2XgeDlytKd-x1jUdCLn31KupILXtvwlFSjqyW6CgaX1xCkqm0OeUS22lQdmFVbKUGguZMcUjxpRnfUTUU6-kl-Jv6Z9PiwAYY69w2PziUgfDKRh1kIUuQx1OhD0yXezxdYk8vt5uIfmxLF1JR2FnitA=w494-h369" width="494" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Jana Rippmann, Fit For Life, Ausstellungsansicht, 2022, Foto: C. Diekmann</td></tr></tbody></table><br /><p><br />© Dr. Thomas J. Piesbergen / VGWort, März 2022<br /></p><p>Literaturverweise</p><p><span style="font-size: x-small;">(1) Jean-Paul Sartre: <i>Ist der Existentialismus ein Humanismus? Drei Essays</i>, Ullstein, Frankfurt 1989, S. 11</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(2) Johann Gottlieb Fichte: <i>Gesamtausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften</i>, Bd. I. Hrsg. von Reinhard Lauth, Erich Fuchs und Hans Gliwitzky, Stuttgart- Bad Cannstatt, 1962</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(3) Nikolaus Andreas Egel: <i>Montaigne. Die Vielheit der Welt im Spiegel des Selbst</i>. Magisterarbeit. Ludwig-Maximilians-Universität München, 2008</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(4) Novalis: <i>Gedichte - Romane</i>, Manesse Verlag, Zürich, 1968</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(5) Pierre Bourdieu: <i>Ortseffekte</i>, in ders.: <i>Das Elend der Welt</i>, Universitätsverlag Konstanz, 1997</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(6) Goethe, J. W.: <i>Gespräche</i>, dtv Verlagsgesellschaft, November, 1998</span></p><p><span style="font-size: x-small;">(7) Arno Schmidt: <i>Sylvie & Bruno</i>, in ders.: <i>Zürcher Cassette</i>, Haffmanns, 1996 </span><br /></p>Zettelhttp://www.blogger.com/profile/05972592629624420813noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-105331708839939436.post-65979724779318386312022-01-03T07:11:00.001-08:002022-01-03T07:11:36.251-08:00Neue Veröffentlichung: Doppelkatalog "vom Glück der genauen Betrachtung" mit zwei Essays von Dr. Thomas Piesbergen<p>Die schon länger währende Zusammenarbeit der Künstlerinnen Stilla Seis und Christiane Lüdtke ist nun, nach etlichen Ausstellungen, in einem Doppelkatalog zusammengefasst. Die jeweiligen Œuvres werden begleitet von den Essays "<i>Von Zeit und Glück</i>" und "<i>Die inneren Bilder der Natur</i>" von Dr. Thomas Piesbergen.</p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEhsKbYZ1drkipdnLt8VwleyFLvcd_IZX9wSdCwjbj0Uk1yluL_VSnqY9jwxAknNcsvWuMBaQnunp61iQ3x3JwNBs5aAE6BgjlegnUFaC8JX-QX6GjpgpD0c237dBHfeIOZXnQ4UdaAekd55iVRnEBXEGDyNKmIewYSpvrvRfUpYDHfRj5VRMtZyZduI2A=s401" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="401" data-original-width="401" height="414" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEhsKbYZ1drkipdnLt8VwleyFLvcd_IZX9wSdCwjbj0Uk1yluL_VSnqY9jwxAknNcsvWuMBaQnunp61iQ3x3JwNBs5aAE6BgjlegnUFaC8JX-QX6GjpgpD0c237dBHfeIOZXnQ4UdaAekd55iVRnEBXEGDyNKmIewYSpvrvRfUpYDHfRj5VRMtZyZduI2A=w414-h414" width="414" /></a></div><p style="text-align: center;">Format 21 x 20 cm, 32 Seiten und 28 farbige ganzseitige Abbildungen.<br />ISBN 978-3-948127-13-8</p><p style="text-align: center;">Ladenpreis 8,- € </p><p style="text-align: center;"> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEgDGjSsHEsCg3ZXH_yMZ2xnr5VKEdQSEKaw3Hk0JbZeY_IL6dUKYNEtSX6T4q42JeRfiaGY8cfmUPxwugT9Ipvp9cW8kl8X7_oGtImpA3xcNsOi2jDH-L8kmmGv5MVX1dZTEx-mnselAcrfdvUoafLPGLCp8tkWcPx40ziDA-jZVnMiaSRzAxV8YN83vQ=s403" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="403" data-original-width="401" height="414" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEgDGjSsHEsCg3ZXH_yMZ2xnr5VKEdQSEKaw3Hk0JbZeY_IL6dUKYNEtSX6T4q42JeRfiaGY8cfmUPxwugT9Ipvp9cW8kl8X7_oGtImpA3xcNsOi2jDH-L8kmmGv5MVX1dZTEx-mnselAcrfdvUoafLPGLCp8tkWcPx40ziDA-jZVnMiaSRzAxV8YN83vQ=w412-h414" width="412" /></a></div><p></p><p style="text-align: center;">Format 21 x 20 cm, 32 Seiten und 28 farbige ganzseitige Abbildungen<br />ISBN 978-3-948127-12-1
</p><p style="text-align: center;">Ladenpreis 8,- €
</p><h1 class="firstHeading" id="firstHeading"><br /></h1>Zettelhttp://www.blogger.com/profile/05972592629624420813noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-105331708839939436.post-17773402638348505392021-12-28T08:57:00.006-08:002022-04-25T02:04:45.162-07:00Neues Kursmodul 2 der Schreibwerkstatt ab dem 10.1.2022<p>Link zum aktuellen Kurs Mai 2022: <a href="https://textprojekt.blogspot.com/2022/04/verschobener-kursbeginn.html">(KLICK)</a><br /></p><p>Am Montag, den 10. Januar 2022, startet die Schreibwerkstatt Das Textprojekt mit einem neuen Kursabschnitt: „Modul 2 - Die Textarbeit: Eine Geschichte wird lebendig“.
Neueinsteiger und Schreibanfänger sind ausdrücklich willkommen!</p><p><br />Der Kursabschnitt thematisiert mit welchen Mitteln man eine Geschichte am angemessensten und effektvollsten umsetzt, aus welchen Elementen ein Textkörper entsteht und wie man sie formal zu einem dramaturgisch kohärenten Ganzen zusammenfügt.</p><p><br />Die kursbegleitenden Hausaufgaben bestehen vor allem aus akuten Schreibaufgaben, in denen die verschiedenen Erzähltechniken mit ihren spezifischen Effekten ausprobiert und verglichen werden können.</p><p><br />Die Themen im Einzelnen:
• Textkörper und Textarten • Triggern • Beschreibung • Narrative Schilderung • Narrative Zusammenfassung • Akute Handlung • Dialoge • Innenschau • Überleitungen • Perspektive • Szenendramaturgie • Handlungschronologie • Rückblenden • Narratives Tempus • Erzähltempo • Intellektuelle und sinnliche Resonanz • Originalität der Beobachtung</p><p><br />Leitung: Dr. Thomas Piesbergen
// Kursdauer: 2 Monate (8 Doppelstunden)
Termin: Montag 19:30 - 21:30 //
Teilnahmegebühr: 200,- / 140,- € ermäßigt
// Teilnehmerzahl: max. 10<br />Atelierhaus Breite Straße 70 // 22767 Hamburg (oberhalb des Fischmarkts)<br /> </p><p>Anmeldung unter: <b>thomas.piesbergen (at) gmx.de</b><br /><br /><i>Pandemie-Hinweis</i>:<br />Der Kurs findet unter 2G-Bedingungen statt, zusätzlich werden Atemmasken getragen, die aber abgenommen werden können, sobald Texte vorgetragen werden. Sollte ein Kurs wegen der Infektionslage nicht mehr im Präsenzunterricht stattfinden können, wird er im Online-Format fortgesetzt.<br /></p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEgNQje0JEIfDJ8vDG-Hpxz8MFBqDI_h_lc3dHNPEFdIfGRbi7Kf-iWmiM5IrOu211OuXVxm30iscWSww8YSLaLK_RYlogNAxPrWAlSq1pUXHfoA9Ks0YVvV3Sx8smKGokIp3HutmvR_REUS5iMEjqluEO5tJvim7nxQd1WTbUScHSTcFlOrbFoQc6a5vg=s791" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="791" data-original-width="559" height="634" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEgNQje0JEIfDJ8vDG-Hpxz8MFBqDI_h_lc3dHNPEFdIfGRbi7Kf-iWmiM5IrOu211OuXVxm30iscWSww8YSLaLK_RYlogNAxPrWAlSq1pUXHfoA9Ks0YVvV3Sx8smKGokIp3HutmvR_REUS5iMEjqluEO5tJvim7nxQd1WTbUScHSTcFlOrbFoQc6a5vg=w448-h634" width="448" /></a></div><br /><p><br /></p>Zettelhttp://www.blogger.com/profile/05972592629624420813noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-105331708839939436.post-12811237305244967462021-11-16T10:31:00.002-08:002021-12-15T04:21:32.583-08:00Zwischen Licht und Schatten - Dr. Thomas Piesbergen zur Ausstellung "Overcoming the Embrasure" von Elke Suhr<div style="text-align: justify;"><span style="font-size: small;">Die Ausstellung „<i>Overcoming the Embrasure</i>“ von Elke Suhr ist vom 13. - 28. November 2021 im Künstlerhaus Sootbörn zu sehen.</span><br /></div><p style="text-align: left;"><br /><span style="font-size: medium;">Licht und Schatten sind für den Menschen nicht nur Begriffe, mit denen ein optisches Phänomen beschrieben wird, das uns hilft unsere visuelle Welt zu strukturieren. Vor allem sind sie zu einer der grundlegenden Metaphern geworden, um die seelische Befindlichkeit auszudrücken - und um ausgehend davon die Beschaffenheit der Welt jenseits des Sichtbaren in Form von Religion und Metaphysik zu entwerfen.<br /><br />In nahezu allen Religionen wird das Licht gleichgesetzt mit der Anwesenheit des Göttlichen, dem Paradies, der Erleuchtung, während das Reich der Schatten vor allem gleichgesetzt wird mit dem Tod. Diese Verknüpfung von Dunkelheit und Tod kann zurückverfolgt werden bis in die mittlere Altsteinzeit, aus der die ältesten Kulthöhlen stammen. In ihre Dunkelheit stiegen die paläolithischen Jäger hinab, um dort die Wiedergeburt der von ihnen getöteten Jagdtiere zu bewirken und ihre Seelen aus dem Reich des Todes auferstehen zu lassen.<br /><br />Zwar waren Tod und Dunkelheit mit Erschütterung und auch mit Angst verbunden, gleichzeitig aber waren sie die Quelle neuen Lebens. Diese Verknüpfung bleibt über lange Zeit ein zentraler mythischer Komplex - im Neolithikum z.B. versinnbildlicht durch die lebensspendende Herrin der wilden Tiere aus Catal Hüyük, die uns zwar als Muttergöttin entgegentritt, aber begleitet ist von tödlichen Raubtieren. In den orientalischen Hochkulturen ist es der babylonische Gott Ea, der Herr des unterirdischen, lebensspendenden Urozeans. <br /><br />Auch in der europäischen Antike lebte die Einheit von Dunkelheit, Tod und Geburt zunächst weiter, z.B. im Mysterium der Demeter von Eleusis, in der die Mysten viele Stunden in absoluter Dunkelheit verbringen mußten, bevor Demeters Tochter Persephone, die Frau des Unterweltgottes Hades, als Kore, das wiedergeborene Mädchen, zwischen ihnen, umgeben von hellem Lichtschein, erschien, um das Leben und den Frühling zu bringen. Und in Indien gilt die schwarze Göttin Kali bis heute nicht nur als Göttin des Todes sondern auch als Symbol der Fruchtbarkeit und Erneuerung und als die lebensspendende Energie des Shiva. <br /><br />Doch spätestens im persischen Zoroastrismus wurde die Dunkelheit nicht mehr nur mit dem Tod, sondern auch mit dem Bösen identifiziert, in Gestalt des schwarzen Angra Mainyu, der dem Schöpfer- und Lichtgott Ahura Mazda entgegentritt, um mit ihm um die Vorherrschaft über die Welt zu ringen. Auch im Alten Testament begegnen uns Dunkelheit und Finsternis immer wieder als Synonyme für Qual und Marter (Ps. 107).<br />In der Mythologie des Christentums schließlich wird der vormalige „Lichtträger“ Luzifer in die Tiefe, unter die Erde zu den Toten gestoßen (Jesaja 14; Hesekiel 18) und dadurch zum Herren über die verfehmte dunkle Seite des Menschen. In seiner gehörnten Gestalt jedoch klingt nicht nur die Erscheinung des paläolithischen Herrn der Tiere an, der über die Tiergeister im Jenseits herrscht und sie wieder ins Licht und damit ins Leben führt, sondern auch die Verkörperung des Babylonischen Ea als Steinbock oder „Ziegenfisch“.<br /><br />Die Metapher des Lichts ist uns bereits aus vorchristlicher Zeit in Form verschiedener Sonnengottheiten, aber vor allem aus dem Alten Testament und aus Platons Höhlengleichnis bekannt. <br />In den Psalmen heißt es: „Der Herr ist mein Licht und mein Heil“ (Ps. 27) und „Denn bei Dir ist die Quelle des Lebens, und in deinem Lichte sehen wir das Licht.“ (Ps.36). Im Höhlengleichnis wirft das Licht, das von außen in die Höhle dringt, die Schatten, die wir für die Wirklichkeit halten, an deren rückwärtige Wand, bringt also unsere Dingwelt hervor, die aber nur Täuschung ist. <br />Im neuen Testament sagt Jesus von sich „Ich bin das Licht der Welt.“ Für die Neuplatoniker, in deren Denken sich die antike Philosophie mit dem Christentum verbindet, wurde das göttliche Licht zum einzigen, weltbegründenden Prinzip erhoben. Existent sind nur die Dinge, die in seinen Schein treten. <br />Diese Betonung der Lichtmetapher bei gleichzeitiger Diffamierung der Dunkelheit setzt sich ungebrochen bis in die europäischen Aufklärung fort, mit dem einzigen Unterschied, daß an die Stelle des göttlichen Lichts nun das Licht der Vernunft gesetzt wird. Die vormals sündenbehaftete, satanische Dunkelheit wird nun zum Reich der Unvernunft, des Emotionalen, Wilden und Unkontrollierbaren, das es zu beherrschen gilt. Auf politischer Ebene schlug sich diese Denkstruktur unter anderem nieder in Form von Suprematie und Kolonialismus, die sich unter anderem auf die Fahnen schrieben, den zwar sonnendurchglühten, aber dennoch „dunklen“ afrikanischen Kontinent zu unterwerfen, um ihm das „Licht“ der Zivilisation zu bringen.<br /><br />Erst mit der literarischen Romantik kehren die Dunkelheit und der Schatten als differenzierter Topos in das abendländische Bewußtsein zurück, vor allem im Motiv des Doppelgängers, wie wir es bei E.T.A. Hoffmann, Jean Paul oder später bei Edgar Allen Poe finden. <br />Der Doppelgänger stellt die abgespaltene dunkle Seite des Menschen dar, vor allem seine im christlichen Zusammenhang als sündig diffamierten Begierden und Triebe. Das plastischste Beispiel einer solchen Repräsentation der dunklen Seite schuf R.L. Stevenson mit seiner Novelle Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde von 1886.<br /><br />Vor diesem Hintergrund entwickelte schließlich Sigmund Freud seine Theorie des Unterbewußten. Das in das Dunkel Verdrängte wurde erstmals als maßgeblicher Impulsgeber aller menschlicher Handlungen benannt. In der Psychologie von C.G. Jung wurde es zum kollektiven Unterbewußten erweitert und individuell mit dem Archetypus des Schattens identifiziert. Das Dunkle wurde als integraler Bestandteil des menschlichen Geistes anerkannt und seine Erforschung gilt seitdem als ein Weg der Selbsterkenntnis und Heilung. <br /><br />Mit diesem Schritt wurde auch das sog. Böse, das zuvor im Reich der Religion noch als konkrete und ursächliche Größe existierte, als bloßes Symptom entlarvt. Doch obwohl seit Freuds „Traumdeutung“ von 1899 die Polarität von Gut und Böse sowie von Licht und Schatten in Kunst und Literatur systematisch dekonstruiert worden ist, überlebte sie im populären und populistischen Zusammenhang unbeschadet das 20. Jhd., und tritt im 21. Jhd. noch immer im alten sowie in einem neuen Gewand in Erscheinung. <br />So erlebten wir nach dem 11. September einerseits das Postulat von sog. „Schurkenstaaten“ und die Auferstehung des Narrativs vom „bösen Mann“ als Wurzel allen Übels, der mal in Form von Gaddafi, Saddam Hussein oder Osama Bin Laden zur Strecke gebracht werden muß, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen.<br />Andererseits sind wir Zeuge einer neuen Inkarnation der Lichtmetapher geworden, die unter dem Begriff der „Transparenz“ unsere Gesellschaft durchdringt und etwas hervorgebracht hat, für das der Philosoph Byung-Chul Han unter anderem die Bezeichnung „Positivgesellschaft“ gefunden hat. <br />„Transparent werden Dinge, wenn sie jede Negativität abstreifen, wenn sie geglättet und eingeebnet werden, wenn sie sich widerstandslos in glatte Ströme des Kapitals, der Kommunikation und der Information einfügen. Transparent werden die Handlungen, wenn sie operational werden, wenn sie sich dem berechen-, steuer- und kontrollierbaren Prozess unterordnen. (…) So manifestiert sich die Transparenzgesellschaft zunächst als Positivgesellschaft.“<br /><br />In dem alles menschliche Denken, Fühlen und Handeln „durchleuchtet“ werden soll, um im Sinne einer reibungslosen Kommunikation alle vermeintlichen Fehlerquellen auszuschalten, wird alles Dunkle und Unverständliche erneut diffamiert und deshalb verdrängt - oder vor der Öffentlichkeit verborgen. Denn der Zweifel, das Verharren, die Angst, das Begehren, alles Irrationale stehen dem erfolgreichen ökonomischen Prozess im Wege - aber nur der ist heute von Bedeutung. In dem vom Menschen verlangt wird, sein Handeln und sich selbst transparent zu machen, wird er unausgesprochen dazu gezwungen, seine dunkle, unerwünschte Seite zu leugnen.<br />Denn „Der Mensch ist nicht einmal sich selber transparent. Freud zufolge verneint das Ich gerade das, was das Unbewußte schrankenlos bejaht und begehrt. Das ,Es‘ bleibt dem Ich weitgehend verborgen. Durch die menschliche Psyche geht also ein Riß, der das Ich nicht mit sich selbst übereinstimmen läßt.“ <br /><br />So gerät der Mensch, von dem in unserem post-industriellen Zusammenhang eine utopische Übereinstimmung mit sich selbst, eine Nachvollziehbarkeit und Sichtbarmachung aller Regungen und Vorgänge gefordert wird, unter einen permanenten Optimierungsdruck, der nicht nur seine öffentliche, sondern auch seine private Person belastet. <br />Als Beleg müssen wir uns nur vor Augen halten, wie viele Menschen sich daran gewöhnt haben, das eigene Leben nicht nur anhand seines Ausstellungswerts zu beurteilen, der ihm bei permanenter Zurschaustellung auf sog. sozialen Netzwerken zugemessen wird, sondern es schließlich sogar im Sinne dieses Ausstellungswertes zu gestalten.<br /><br />Doch was geschieht mit all den Vorgängen im Dunkeln, all den Ereignissen und Regungen, Gedanken und Begierden, derer wir uns im Licht der Öffentlichkeit schämen müßten, da sie sich nicht in den fließenden Prozess einfügen mögen?<br />Sie erleiden das gleiche Schicksal wie unter dem Regime christlicher Moral, abgesehen von dem Detail, daß sie nicht mehr als „Sünde“ bezeichnet werden: Sie werden verdrängt und erzeugen das von Freud als „Unbehagen in der Kultur“ bezeichnete Gefühl, das sich vor allem in der Ausbildung von Schuldkomplexen, aber auch von Aggression zeigt.<br /><br />In seinem Hauptwerk „Lanark“ gibt der schottische Schriftsteller Alasdair Gray diesem psychosozialen Problem eine manifeste Form: In einer Art Limbus wächst dem Protagonisten Lanark, weil er ständig bemüht ist, seine inneren Vorgänge von der Außenwelt abzuschirmen und gleichzeitig um sich vor Verletzungen zu schützen, eine Drachenhaut. Dieser Panzer wird zusehends fester, und ihm steht schließlich eine vollständige Erstarrung bevor, während der steigende innere Druck droht, diesen endgültig verhärteten Panzer in einer tödlichen Detonation zu sprengen. <br /><br />Was Alasdair Gray vor vierzig Jahren beschrieb, erleben wir in der Zeit der Pandemie und nach der Erfahrung des Lockdowns in besonders drastischer Weise. Vor allem in der Zeit der häuslichen Isolation sind große Teile der Bevölkerung in Alltagsmuster verfallen, deren Ausstellungswert gegen null geht und in denen sich Negativität und Irrationalität entfaltet haben. Das Spektrum dieser Verhaltensweisen reicht von gemütlicher Verwahrlosung über Depression bis hin zu häuslicher Gewalt. <br />Die Folge ist eine Abschottung dieser seelischen und faktischen Zustände von einer Öffentlichkeit, die ihrerseits z.B. via Zoom-Konferenz immer mehr einfordert in unsere Privatsphäre Einlass zu finden. <br />Doch der Rückzug hinter einen verbergenden Verteidigungswall ist nur eine der möglichen Reaktionen. Eine andere ist die aggressive Projektion der dunklen, gesellschaftlich diffamierten und deshalb Schuldgefühle erzeugenden Aspekte unseres Selbst. Um das Gefühl der Schuld und Mangelhaftigkeit von uns selbst abzuwehren, wird es auf andere projiziert, auf unsere dunklen Doppelgänger, die als Sündenböcke attackiert werden können - ein klassisches, schon von C. G. Jung beschriebenes Muster.</span></p><p style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;"></span></p><p style="text-align: left;"><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEipFejlkxMWlqhSwmgitO8N3mHWGCM2xCRK_EnGILR21Tz0d3iAIkh4j5RvYWhz-J0A-34PD6jn1DJXU7NK6KbOZe0HwQskehldCjlTIGRsBXHu3AgIcxGWDj_B3N2D6IZqhvtPBZEHY2PDOuzUYkIF_8xy0u_rnTpFH4EgYDfOfXjl43lf0oEZKasAbQ=s902" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="676" data-original-width="902" height="380" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEipFejlkxMWlqhSwmgitO8N3mHWGCM2xCRK_EnGILR21Tz0d3iAIkh4j5RvYWhz-J0A-34PD6jn1DJXU7NK6KbOZe0HwQskehldCjlTIGRsBXHu3AgIcxGWDj_B3N2D6IZqhvtPBZEHY2PDOuzUYkIF_8xy0u_rnTpFH4EgYDfOfXjl43lf0oEZKasAbQ=w506-h380" width="506" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Elke Suhr, Overcoming the Embrasure, Ausstellungsansicht, Sootbörn, 2021<br /></td></tr></tbody></table><span style="font-size: medium;"><br />Dieser Zusammenhang führte Elke Suhr zu der Raumgestaltung ihrer Ausstellung „Overcoming the Embrasure“, was übersetzt werden kann mit „Die Schießscharte überwinden“.<br />In der Mitte des Raumes befinden sich zwei angedeutete Trennwände, die trapezförmig aufeinander zulaufen und sich schließlich wieder weiten, ganz so, wie es Schießscharten in mittelalterlichen Wehranlagen tun. Diese Schießscharten dienten aber nicht nur zum Abschießen von Pfeilen oder Bolzen, sondern wurden auch genutzt, um heißes, schwarzes Pech auf die Feinde zu gießen. Die architektonischen Metapher steht entsprechend sowohl für das Verteidigungsbollwerk, das wir um unser Selbst errichten, als auch für den Auslass der dunklen Aggression.<br /></span></p><p style="text-align: left;"><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEhQNqIPQ-4sAvjqYyYiYnRW9ccnowMXQ-9ObBVeJyQTVt6rjLGEmIB760E6pcCkW-kSeWhx48ZYXY7_Kpjt9oK2qKDjlq5fmqCTV9I05kRTu37waDoO3lF6lfi887kIwWHbGpB3_wnIHBHoP-Qq1ii-aZnJKVRD2nGy3fbRIUXVcQ6IDZaleLqqBkcAPw=s667" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="500" data-original-width="667" height="373" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEhQNqIPQ-4sAvjqYyYiYnRW9ccnowMXQ-9ObBVeJyQTVt6rjLGEmIB760E6pcCkW-kSeWhx48ZYXY7_Kpjt9oK2qKDjlq5fmqCTV9I05kRTu37waDoO3lF6lfi887kIwWHbGpB3_wnIHBHoP-Qq1ii-aZnJKVRD2nGy3fbRIUXVcQ6IDZaleLqqBkcAPw=w497-h373" width="497" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Elke Suhr, Overcoming the Embrasure, Ausstellungsansicht, Sootbörn, 2021</td></tr></tbody></table><span style="font-size: medium;"><br />Die Zeichnungen, Aquarelle und Objekte im Inneren der Struktur thematisieren entsprechend das verworrene Dunkel, das sich hinter unseren Verteidigungsanlagen aufstaut und seine Negativität akkumuliert, in all seinen Facetten. <br /><br />Auf den umgebenden Malereien sehen wir es jedoch meist wieder in einer Bezogenheit auf das Licht. Mal fungiert es als Fundament für aufstrebende Bildelemente, auf denen leuchtende Farben und spielerische Ordnung herrschen, mal fügt sich es im Zusammenspiel mit hellen Zonen zu integralen Momenten der Bildarchitektur.</span></p><p style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;"></span></p><p style="text-align: left;"><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEjcbrlwZHfgyeAbnQuTNNARhmgPOOQK6nnJvnKTIEtB6iO3X4tU7BiFSEWu7TB61KyBwgemEBbouD6D6lRKDKQ75MlslGu0Ee72RbfyKXRop8qvB71_OTQUi7MOFY_aWUKMAfOqlo4HlQoa5cc_TY2OfGTr2R6Z2l82PLc7et1lLFgki1_awdmftByefA=s500" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="500" data-original-width="375" height="646" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEjcbrlwZHfgyeAbnQuTNNARhmgPOOQK6nnJvnKTIEtB6iO3X4tU7BiFSEWu7TB61KyBwgemEBbouD6D6lRKDKQ75MlslGu0Ee72RbfyKXRop8qvB71_OTQUi7MOFY_aWUKMAfOqlo4HlQoa5cc_TY2OfGTr2R6Z2l82PLc7et1lLFgki1_awdmftByefA=w485-h646" width="485" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Elke Suhr, Overcoming the Embrasure, Ausstellungsansicht, Sootbörn, 2021</td></tr></tbody></table><span style="font-size: medium;"><br />Die nachempfundene Grundform der Schießscharte öffnet sich auf die rückwärtige Wand des Ausstellungsraums. Dort finden wir ein Schlüsselsymbol zu Elke Suhrs Werk, das altgriechische Theta. Es wird geschrieben als Kreis mit einer horizontalen Linie. Alternative Schreibweisen aus der Antike zeigen es auch mit einem Kreuz oder Punkt in der Mitte, die die symbolische Bedeutung des Thetas als Weltganzes nahelegen. Geblieben ist schließlich nur der Kreis, unterteilt von einem Strich in zwei Sphären. <br />Doch ist diese Grenze bei Elke Suhr nie absolut, denn sie ist als Schwelle gestaltet, die das Überschreiten der Grenze, den Übergang von der einen in die andere Sphäre bereits impliziert.</span></p><p style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;"></span></p><p style="text-align: left;"><br /><br /><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEjTQP6-LXtLnR4NqwOZthqMEooVVHxsmCRONsfji_frLyrAUXgCJabRj7xiul2oUXrs3c6glVgXKNPUTijSct18DtOVQFc-kw6vEopX6qsr-aARMEXbhZ3zqbx2862GKlHW7rJSYuwngNm7lyCpBsJ22ytvQcrNgjLoSHMs3mBpnRboCRdjoutBD2Z5ig=s901" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="676" data-original-width="901" height="364" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEjTQP6-LXtLnR4NqwOZthqMEooVVHxsmCRONsfji_frLyrAUXgCJabRj7xiul2oUXrs3c6glVgXKNPUTijSct18DtOVQFc-kw6vEopX6qsr-aARMEXbhZ3zqbx2862GKlHW7rJSYuwngNm7lyCpBsJ22ytvQcrNgjLoSHMs3mBpnRboCRdjoutBD2Z5ig=w485-h364" width="485" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Elke Suhr, Overcoming the Embrasure, Austellungsansicht Sootbörn, 2021<br /></td></tr></tbody></table><br /></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEg6FNhmT2Pb_bOsW0qf0-XzZU7NyYO2dB2ruMHLxcUChcZ5PXIXHBy6dwM4td_UoA67EvYOPFYFeOLz9KBGuDz5iMXkTTdka3d2NlSAZGeOjchnGoengQxv8i7PBsGJIjwVQn8oyGaOCCaOIwFxS5b5l29kJO2IQP8rsNuaZ0CzKV2UvVgRbtVUEXMX9g=s667" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="500" data-original-width="667" height="363" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEg6FNhmT2Pb_bOsW0qf0-XzZU7NyYO2dB2ruMHLxcUChcZ5PXIXHBy6dwM4td_UoA67EvYOPFYFeOLz9KBGuDz5iMXkTTdka3d2NlSAZGeOjchnGoengQxv8i7PBsGJIjwVQn8oyGaOCCaOIwFxS5b5l29kJO2IQP8rsNuaZ0CzKV2UvVgRbtVUEXMX9g=w482-h363" width="482" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Elke Suhr, Overcoming the Embrasure, Austellungsansicht Sootbörn, 2021</td></tr></tbody></table><span style="font-size: medium;"><br />Dieses Zwiefältige durchzieht als roter Faden fast alle Arbeiten Elke Suhrs, häufig auch in Form von Richtungsvektoren, die z.B. gebildet werden von den Bildecken der um 45° gedrehten Leinwände, deren Flächen zudem fast immer in eine obere und untere Zone unterteilt sind.</span><br /><p></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEg16ZIyl8hTeo7tk9fd-IYTkKBFY2Kp8Gs_6Wo5DOSzY8MYrIX46BJ241VPXO9MjEiv1h3Nznr6rA0jFSE7esLH9jrfidIADMI21Zz2gLO44ItbAH6k3ryiBNTJCV01YSkAaqfLk6OytoVHvz4kQnmI9j1BWfUVwLLektAoW6I4GywpcWQ-2XY_mkuN7Q=s901" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="676" data-original-width="901" height="365" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEg16ZIyl8hTeo7tk9fd-IYTkKBFY2Kp8Gs_6Wo5DOSzY8MYrIX46BJ241VPXO9MjEiv1h3Nznr6rA0jFSE7esLH9jrfidIADMI21Zz2gLO44ItbAH6k3ryiBNTJCV01YSkAaqfLk6OytoVHvz4kQnmI9j1BWfUVwLLektAoW6I4GywpcWQ-2XY_mkuN7Q=w486-h365" width="486" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Elke Suhr, Overcoming the Embrasure, Ausstellungsansicht, Sootbörn, 2021</td></tr></tbody></table><p style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">So erleben wir in der gegenwärtigen Ausstellungen zahlreiche Variationen der unabdingbaren Verbindung von Licht und Dunkelheit, deren Opposition nie zu einem zoroastrischen Krieg zwischen Gut und Böse ausufert. Vielmehr wird ihre Polarität als ein Zusammenspiel gezeigt, durch das sie sich gegenseitig hervorbringen und konstituieren, ganz ähnlich dem ursprünglichen Dunkel der paläolithischen Jäger, das sowohl der Ort des Todes, als auch der Ort der Wiedergeburt war.<br /></span></p><p style="text-align: left;"><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEgu0t0BCWhDKHOwQINoCIHyifB4WEKgSeLaQWygY_BLE5E_Pc3oTEsXM7t-NBFSGEAm721XH7joKwt5sclt9U6WIRDdrouxNZkzhLeIFtda3qq8foACRdnqLNfH0NGztmgXAOv2_BUGfgkKZGTv8TdQiXhZ-jgcxmTGSziO4sqiNbLIFtTbVb_HHtvebQ=s1024" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="768" data-original-width="1024" height="365" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEgu0t0BCWhDKHOwQINoCIHyifB4WEKgSeLaQWygY_BLE5E_Pc3oTEsXM7t-NBFSGEAm721XH7joKwt5sclt9U6WIRDdrouxNZkzhLeIFtda3qq8foACRdnqLNfH0NGztmgXAOv2_BUGfgkKZGTv8TdQiXhZ-jgcxmTGSziO4sqiNbLIFtTbVb_HHtvebQ=w486-h365" width="486" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Elke Suhr, Overcoming the Embrasure, Austellungsansicht Sootbörn, 2021</td></tr></tbody></table><span style="font-size: medium;"><br />Als Schlußwort möchte ich ein Zitat des japanischen Schriftstellers Tanizaki Jun‘ichirō wählen, das aus seiner ästhetischen Schrift „Lob des Schattens“ stammt. <br />Zwar nennt er ein ganz konkretes Beispiel, um die Bedeutung des Zusammenwirkens von Licht und Schatten in der Dingwelt zu erläutern, doch kann man es auch als einen Fingerzeig lesen, wie auch wir unser inneres Dunkel als notwendigen Bestandteil unseres Erfahrungsraums wahrnehmen können, nämlich als einen Ort oder Zustand, in den wir gegebenenfalls hinabsteigen müssen, um dort eine Erneuerung und Vervollständigung des Lebens zu bewirken: eine Notwendigkeit, um das Licht in Erscheinung treten zu lassen.<br /><br />„Wie ein phosphoreszierender Stein, der im Dunkel glänzt, aber bei Tageshelle jeglichen Reiz als Juwel verliert, so gibt es ohne Schattenwirkung keine Schönheit.“<br /><br />© Dr. phil. Thomas Piesbergen / VG Wort, November 2021</span></p><table align="center" cellpadding="0" cellspacing="0" class="tr-caption-container" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><tbody><tr><td style="text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEjWnMwejmiuIYEn6ihGDkZqFhGMkOBW0iq_bhkmu-E_wlStlo1O3S76DtXahBJmrMrjCF-YTrEt04Rdoj9JFOniiOopQsBBwJm9zKdP_3ZphiFW8XtumT_xHf1aq7WDA8FTMX55Q4JCE2OgqlYBV34CI7ww-rB6YjcZgjVBFLkmh3uWmg8F7Pmzp746sw=s901" imageanchor="1" style="margin-left: auto; margin-right: auto;"><img border="0" data-original-height="674" data-original-width="901" height="352" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/a/AVvXsEjWnMwejmiuIYEn6ihGDkZqFhGMkOBW0iq_bhkmu-E_wlStlo1O3S76DtXahBJmrMrjCF-YTrEt04Rdoj9JFOniiOopQsBBwJm9zKdP_3ZphiFW8XtumT_xHf1aq7WDA8FTMX55Q4JCE2OgqlYBV34CI7ww-rB6YjcZgjVBFLkmh3uWmg8F7Pmzp746sw=w471-h352" width="471" /></a></td></tr><tr><td class="tr-caption" style="text-align: center;">Elke Suhr, Overcomin the Embrasure, Ausstellungsansicht Sootbörn, 2021<br /></td></tr></tbody></table><br /><p style="text-align: left;"><span style="font-size: medium;">Literatur:<br /><br />• Die große Lutherbibel, Stuttgart, 1975<br />• Joseph Campbell, Die Masken Gottes Bd.2, Mythologie des Ostens, Nördlingen 1996<br />• Sigmund Freud, Das Unbehagen in der Kultur, in: Gesammelte Werke, Köln, 2014<br />• Alasdair Gray, Lanark, Rogner & Bernhard, 1992<br />• Brigitte Groneberg, Die Götter des Zweistromlandes, Stuttgart, 2004<br />• Byung-Chul Han, Transparenzgesellschaft, Matthes & Seitz, Berlin 2012<br />• Tanizaki Jun’ Ichirō, Lob des Schattens, Manesse, Zürich, 1987 </span><br /><br /></p>Zettelhttp://www.blogger.com/profile/05972592629624420813noreply@blogger.com0