Die Schreibwerkstatt "Das Textprojekt" bietet in regelmäßigem Rhythmus neue Kurse an.
März-April: Kursabschnitt 1 / Mai-Juni: Kursabschnitt 2 / August - Oktober: Kursabschnitt 3
Oktober-Dezember: Kursabschnitt 1 / Januar-Februar: Kursabschnitt 2
Anmeldung unter: thomas.piesbergen (at) gmx.de


Montag, 9. Juni 2025

Von der Rückkehr in den Körper - Dr. Thomas Piesbergen zur Ausstellung MANUFAKTORISCH von Llaura Sünner und Waltraut Kiessner

In seinem Roman Homo Faber beschrieb Max Frisch das Scheitern eines Mannes, der sich bis zuletzt an den Glaubenssatz klammert, die Welt sei durch Wissenschaft und Technik beherrschbar.
In Walter Faber, dem homo faber, der von dem Anthropologen Max Scheler definiert worden ist, als ein Wesen mit der Fähigkeit seine Umwelt willentlich zu verändern, begegnen wir einem Archetypus der westlichen Kultur.

Dem Dilemma Walter Fabers liegt ein Kernproblem unserer Perspektive auf die Welt zugrunde: Das ist der Glaube daran, dass die Beherrschung der aus der Natur abstrahierten Muster uns dazu befähigt, auch die ihnen zugrunde liegende Natur, also die faktische Wirklichkeit zu beherrschen; der Glaube an die Kontrolle unserer Welt durch die Macht unseres Verstandes. Denn Walter Faber ist zugleich ein Ingenieur, ein Techniker, dessen Wirkungsfeld die Wissenschaft ist, dessen erstes Werkzeug der Geist ist, dessen Aufgabe es wiederum ist, die Natur zu unterwerfen und zu optimieren. Seinem Weltbild zufolge steht das gestaltende Subjekt, der immaterielle Geist und Wille, der materiellen Objektwelt gegenüber, die er nach seinem Gutdünken und einem angestrebten Idealzustand entsprechend formen kann. Im Zentrum des Konflikts stoßen wir also auf den Dualismus von Geist und Materie, die Opposition von Logos und Körper, von Ideal und faktischer Existenz.

Diese Spaltung der Wirklichkeit in zwei grundverschiedene Sphären, tritt in der europäischen Kulturgeschichte erstmals bei den Pythagoreern voll entwickelt in Erscheinung und findet kurz darauf seine wirkmächtigste Form in Platons Höhlengleichnis. Darin werden die Erscheinungen der Welt als bloße Schatten beschrieben, die von der einzig authentischen Wirklichkeit, nämlich der Wirklichkeit der Idealbilder, geworfen werden. Zudem heißt es von diesen Idealbildern, sie existierten überzeitlich und befänden sich jenseits unserer vergänglichen und eigentlich unwirklichen Welt. Nur sie selbst seien tatsächlich und wirklich.

Durch die Neu-Platoniker weiter entwickelt, verschmolz diese Vorstellung in der späten Antike mit dem christlich-jüdischen Weltbild. Sie begegnet uns vor allem in den Episteln des Paulus, der die Opposition des sündigen Fleisches und des davon streng getrennten göttlichen Geistes betont.
Im Laufe der Kirchengeschichte wurde dieses Dogma immer wieder und mit großem theologischen Aufwand verteidigt und zementiert, zuletzt in dem Ersten Vatikanischen Konzil von 1870, in dem es hieß, dass man Gott „als wirklich und wesentlich von der Welt verschieden verkünden“ müsse.

In diesem Dualismus von Geist und Körper, von Gott und Welt, von diesseitiger fleischlicher Sünde und jenseitigem Heil, ist auch die in der westlichen Zivilisation tradierte Körperfeindlichkeit verwurzelt. Mit ihr wurde zugleich auch die Emotionalität diffamiert, die sich der Vernunft zu unterwerfen hätte und von ihr diszipliniert werden müsse.
Auch heute noch ist unsere Gesellschaft geprägt von einer Disziplinierung der Körper, von Idealen und Ideologien, deren abstrakte Konzepte mehr gelten, als das unversehrte Individuum; noch immer leben wir in einer Welt, in der das abstrakte Gesetz mehr Gewicht hat, als das akut empfundene Mitgefühl, in der Menschen ihre Emotionalität von sich abspalten, um den verschiedenen Konzepten der Rationalität oder Religiosität zu genügen.

Doch es ist ausgerechnet eine der höchst spezialisierten Wissenschaften, die schließlich diese Denktradition, die unsere Kultur zweieinhalb Jahrtausende dominiert hat und die gerade wieder auf dem Vormarsch ist, untergräbt. Denn die Erforschung der Gefühle und ihrer Verortung im Körper ist eines der fruchtbarsten Felder der aktuellen Neurowissenschaften.
Allen voran hat Antonio Damasio gezeigt, dass unser Bewusstsein untrennbar mit dem Körper verbunden ist, da es auf körperliche Selbstwahrnehmung zurück geht. Zudem haben seine Forschungen belegt, dass jegliche Handlungsmotivation emotional begründet ist und nur in einem Körper entstehen kann, der aus lebendigen, miteinander kommunizierenden Zellen besteht. All unsere Assoziationsfähigkeit, also unser Vermögen schöpferisch zu denken, ist ebenfalls nur möglich, wenn wir Wahrnehmungsinhalte emotional verknüpfen.
Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand ist also das menschliche Bewusstsein, all sein Bemühen und Tun, all sein Wollen nur möglich in einem empfindungsfähigen, lebendigen Körper, und der erste Tatbestand seines Bewusstseins ist das Gefühl. Damit sind auch die posthumanistischen Utopien von menschlichem Bewusstsein, das in einen Computer transferiert werden könne, oder einer künstlichen Intelligenz, die Selbstbewusstsein erlangen könne, als absurd entlarvt worden.

Noch ist unsere Kultur aber weit davon entfernt, den lebendigen Körper bedingungslos zu bejahen, das Gefühl zu rehabilitieren und den Geist als Ausdruck der Materie anzuerkennen, und nicht umgekehrt. Ganz im Gegenteil erleben wir überall auf der Welt vor verschiedenstem kulturellen Hintergrund ein Erstarken des repressiven dualistischen Konzepts. Der entsprechende Diskurs ist also höchst aktuell und relevant. Und genau dort,  an der Kernproblematik dieses kulturellen Phänomens, setzen die Künstlerinnen Llaura Sünner und Waltraut Kiessner mit ihren Arbeiten an.


Waltraut Kiessner, Ausstellungsansicht, Kunstverein Quickborn


Waltraut Kiessner wendet sich dabei einer der wichtigsten Schnittstellen im Wechselspiel von Mensch und Welt zu: Der menschlichen Hand. In der Anthropologie Immanuel Kants heißt es: „Dieser Sinn ist auch der einzige von unmittelbarer äußerer Wahrnehmung. … Ohne diesen Organsinn würden wir uns von einer körperlichen Gestalt gar keinen Begriff machen können.“
Die Hand ist aber nicht nur ein Sinnesorgan, mit dem wir die Körperlichkeit und Faktizität unserer Welt erfassen können, sie ist auch unser maßgebliches Werkzeug, um auf die Umwelt einzuwirken, sie zu gestalten. Erst sie macht uns zu einem homo faber.
Dennoch taucht die Hand in Waltraut Kiessners Werk niemals als reines Werkzeug der abstrakten Autorität des Geistes auf, als das Mittel einer umformenden Macht, sondern vielmehr als ein sinnlicher, körperlicher Akteur, der uns ermöglicht, durch Spüren und Handeln in der Welt zu sein.

In ihrer Videoarbeit Der springende Punkt sehen wir eine Hand, die versucht, einen springenden Ball zu schlagen und ihn weiter springen zu lassen. Mal gelingt es ihr, mal scheitert sie. Es ist ein Versuchen, ein Lernen, ein Umgehen mit einer Welt, um sie zu begreifen. Dabei findet die Hand aber nicht zu einer Routine. Es ist nicht das Ziel ein grundlegendes Bewegungsmuster des Balles zu erkennen, um davon ausgehend einen idealen Handlungsablauf zu entwickeln, der schließlich die Kontrolle des Balls ermöglichen soll. Ziel und Sinn des Tuns ist vielmehr das Tun selbst, der Umgang mit einer körperlichen Welt, die nicht beherrscht werden muss, sondern mit der wir uns befassen möchten.


Waltraut Kiessner, Austellungsansicht, Kunstverein Quickborn

In einer Reihe von Zeichnungen sehen wir menschliche Hände, deren Finger zu verschiedenen Zeichen gekrümmt sind, ähnlich den Mudras, den symbolischen Handzeichen, die im Buddhismus, im Hinduismus und dort vor allem in tantrischen Schulen eine große Bedeutung haben.
Doch die Handzeichen Kiessners bleiben kryptisch, sie transportieren keine symbolische Bedeutung, die die Körperlichkeit der Hände überlagern könnte, so wie der Inhalt eines geschriebenen Textes für gewöhnlich die Gestalt der einzelnen Buchstaben überlagert. Anstatt eine Botschaft zu übermitteln, verweisen die Handzeichen auf die Hand selbst als möglichen Bedeutungsträger, und auf ihre physische Beschaffenheit und Faktizität. Die Aufmerksamkeit wird nicht auf das immaterielle Abstraktum, das wir Information nennen, gelenkt, sondern ganz und gar auf die Körperlichkeit und die Bewegungsmöglichkeiten der Hand.


Waltraut Kiessner, Ausstellungsansicht, Kunstverein Quickborn


Die Bedeutung dieser Körperlichkeit wird auch deutlich in Arbeiten, in denen wir mehrere Hände sehen, die sich aneinander festhalten, zugleich aber ausdünnen und zu verschwinden drohen. Vielleicht kann man darin eine Analogie zu dem Versuch Walter Fabers sehen, sich an der Vorstellung seiner eigenen Wirkungsmacht festzuhalten. Doch schwindet die Körperlichkeit gibt es weder etwas, das ergreifen kann, noch bleibt etwas, das ergriffen werden kann. Ohne den Körper endet alle Wahrnehmung, alles Begreifen, alles Tun, alles, was wir formen können, alles, was uns geformt hat, alles, was wir sind.


Kiessner / Sünner, Ausstellungsansicht, Kunstverein Quickborn, Foto: Llaura Sünner


Das führt uns schließlich zu einem nächsten Werkkomplex Kiessners, in dem nicht das Ergreifen, sondern das Loslassen thematisiert wird, in dem der Herrschaftsgedanke des Erfassens angesichts der Endlichkeit vollständig aufgegeben wird. Wir sehen Hände in verschiedenen Beziehungen zu einem leeren Bildraum oder Zonen wolkiger, amorpher Flecken, mal stützen sie, mal öffnen sie sich, um die Leere frei zu geben oder zu empfangen, mal geben sie das Handeln auf und ruhen abschließend ineinander. 


Waltraut Kiessner, Ausstellungsansicht, Kunstverein Quickborn


So schließt sich der Zyklus von dem tastenden Erkunden und Begreifen der faktischen Welt, über die Erkenntnis unserer eigenen Art darin zu agieren und zu interagieren, bis hin zur Aufgabe, zum Sich-Lösen von der Körperlichkeit der Dinge und uns selbst.

Laura Sünner rückt mit ihren Arbeiten zwei andere Aspekte des dualistischen Konzepts von Körper und Geist ins Blickfeld.
Einerseits ist für sie die tatsächliche Körperlichkeit, also die Materialität ihrer Arbeiten, von großer Bedeutung. Andererseits fokussiert sie sich auf die ergische Umgebung der Hand, auf Werkzeuge und Dinge, die gestaltet worden sind, um von einer Hand betätigt zu werden und die Vorhaben eines planenden Geistes zu verwirklichen.


Llaura Sünner, Ausstellungsansicht, Kunstverein Quickborn


Über das Verhältnis von Mensch und Werkzeug schreibt die Kognitive Archäologin Miriam Haidle: „Der Mensch wird nicht nur durch körperliche und geistige Eigenheiten charakterisiert, sondern wird erst verständlich durch seine unauflösliche Verknüpfung mit unbelebten Objekten, die durch ihn zu Teilen von Handlungen und dadurch der menschlichen Welt werden. Die Verbindung zwischen dem bewusst handelnden Subjekt Mensch und einem Objekt wird durch kognitive Prozesse geschaffen. Das Objekt wird dadurch als Werkzeug zu einer zeitlich begrenzten Erweiterung des Subjekts.“
Diese Werkzeuge sind aber schon lange Produkt der Technosphäre, Ergebnis von der Verknüpfung zahlreicher Abstraktionsvorgänge. Sie sind Hervorbringungen eines Selbstverständnisses, dass unsere Welt als Objekt begreift, das vom Verstand und Willen gemessen, umgeformt und optimiert werden kann. 

 

Llaura Sünner, Ausstellungsansicht, Kunstverein Quickborn

In einem zweiten Schritt wird der menschliche Körper zu etwas Unzureichendem erklärt, denn er kann die Aufgaben, die ihm vom Logos aufgetragen werden, in der Regel kaum selbst bewältigen. Aber derselbe Logos ist imstande, ihn durch Prothetik den Aufgaben gemäß zu verbessern. Wir können also Werkzeuge wie Hämmer, Sägen, Bohrer oder Äxte als Siege des Geistes über Natur und Körper betrachten. Sie sind wiederum Mittel, um unsere idealisierten Vorstellungen von Geometrie und Ordnung faktisch in Erscheinung treten zu lassen. Mit Werkzeugen richten wir die Welt derart zu, damit sie sich so weit wie möglich unseren Idealbildern annähert.


Llaura Sünner, Ausstellungsansicht, Kunstverein Quickborn


Doch die Materialität von Llaura Sünners Objekten verweigert den Dienst, der ihrer funktionalen Form zugedacht ist. An ihnen erleben wir, dass sie nicht nur Objekte unseres idealisierenden Willens sind, oder sogar von ihm als temporäre Prothesen ganz und gar vereinnahmt werden, sondern dass sie selbst subjektiven, in ihrer Materialität begründeten Impulsen folgen. Sie  werden wellig, ziehen sich zusammen oder werden schlaff - sie entfalten durch ihre spezifische Körperlichkeit ein eigenes Leben, dass sich unseren Plänen und Absichten widersetzt.


Llaura Sünner, Ausstellungsansicht, Kunstverein Quickborn

Zugleich reizt die Materialität unser Verlangen sie zu berühren. Aber nicht mit einer konkreten Handlungsabsicht, deren Ziel es ist, sie zu benutzen um etwas zu gestalten, das zunächst nur in unserem Geist existiert. Wir werden ganz im Gegenteil verleitet durch ein sinnliches Verlangen, dessen Ziel nur die bloße Berührung ist. Wir wollen die Objekte ertasten und spüren, ihre Materialität erkunden oder uns einer antizipierten Empfindung versichern.


Llaura Sünner, Ausstellungsansicht, Kunstverein Quickborn

Ebenfalls losgelöst von tatsächlicher Funktionalität sind Sünners Türklinken aus Filz. So wie die kryptischen Handzeichen Waltraut Kiessners als Symbolträger ohne symbolischen Inhalt auf ihre Körperlichkeit verweisen, so bleibt bei den Türklinken nur der sonst überlagerte Gedanke des Erfassen der Klinke zurück, ein sinnlicher Akt, dessen Erfüllung in sich selbst besteht, und nicht in einer zugeschriebenen Funktionalität, die die akute Existenz der Klinke verdeckt.
Zudem sind die Filzklinken an Metallstangen angebracht, die ihrerseits einen käfigartigen Kreis bilden. Selbst wenn wir also in die Idee eines Raumes eintreten könnten, zu dem die Klinken eine Tür öffneten, beträten wir einen Käfig aus einem Material, das wie kaum ein anderes auf die vom Logos beherrschte Technosphäre verweist.

 

Kiessner / Sünner, Ausstellungsansicht Kunstverein Quickborn, Foto: Llaura Sünner

Ganz ähnlich verhält es sich mit den Filztüren und -fenstern, die an den Wänden angebracht sind. Sie verweigern sich der Aufgabe, die ihnen unser teleologisches Denken zugewiesen hat, nämlich sich zu einem anderen Ort zu öffnen. Auch sie lösen sich aus einer Funktionskette, in der sie unserem Geist nur Mittel zum Zweck sind. Es bleibt einzig, dass sie dazu verlocken, sie zu berühren, ihre konkrete, sinnliche Aktualität zu erfahren und zuzulassen. Sie verlocken uns dazu, den Akt des sich selbst genügenden Befassens und Begreifens zu vollziehen.


Llaura Sünner, Ausstellungsansicht, Kunstverein Quickborn

Anstatt, dass sie auf einen anderen Ort verweisen, und unseren jetzigen als etwas markieren, das verlassen werden kann oder sogar sollte, fordern sie uns dazu auf, in der konkreten Gegenwart der interagierenden Körper zu bleiben.
Blaise Pascals schrieb in seinen Penseès, alles Unheil rühre daher, dass Menschen nicht imstande seien, zuhause zu bleiben. Angesichts der ausdrücklichen und ganz und gar gegenwärtigen Körperlichkeit der Filztüren, kann man diese Aussage auch so interpretieren, dass alles Unheil nur daher rührt, dass wir noch immer dem einzig möglichen Ort unserer Existenz, unserem Körper und seiner Sinnlichkeit, zu entfliehen versuchen. 

 

Kiessner / Sünner, Ausstellungsansicht Kunstverein Quickborn, Foto: Llaura Sünner

Noch immer flüchten wir in Projektionen, Ideologien, ablenkende Spielereien oder unter das Diktat des gefühllosen Logos, anstatt unseren Körper mit seiner ganzen erschütternden Faktizität, mit der Gefühlswirklichkeit seines Bewusstseins, voll und ganz zu bejahen. Denn unsere fühlenden Körper sind und bleiben die einzige Wirklichkeit, in der sich die Existenz des Menschen durch stete Interaktion von Materie mit Materie vollziehen kann, in der wir uns selbst spüren und begreifen können.
In diesem Sinne möchte ich schließen mit einer Passage von Friedrich Nietzsche, dessen Zarathustra von sich sagt:

Leib bin ich ganz und gar, und Nichts ausserdem;
und Seele ist nur ein Wort für ein Etwas am Leibe.
Der Leib ist eine grosse Vernunft, eine Vielheit
mit Einem Sinne


© Thomas Piesbergen / VG Wort, Mai 2025











Befragung durch die Dunkelheit - Dr. Thomas Piesbergen zur Ausstellung "It's time for..." von Peter Schindler

Ein Phänomen, das allen Menschen bekannt ist, aber in der Regel weitgehend aus unserem Alltag verdrängt wird, ist die Pareidolie.  Damit bezeichnet man den Vorgang in amorphen Dingen wie Wolken, Felsen oder Flecken, vertraute Formen zu erkennen, zumeist Gesichter oder Tiere.

Diese Neigung hat evolutionäre Ursachen. Unser Gehirn verdichtet wiederholte Wahrnehmungen zu Mustern, die dazu dienen, die Gegenstände und Lebewesen in unserer Umwelt so schnell wie möglich zu identifizieren, vor allem um mögliche Gefahrenquellen auszumachen. Entsprechend bevorzugt es unser Gehirn, etwas zu erkennen, auch wenn nichts da ist, anstatt etwas zu übersehen, das eine potenzielle Gefahr sein könnte. Je schneller wir uns ein Bild machen können, desto schneller können wir reagieren.

Doch dieses Verhalten beschränkt sich nicht nur auf optische Reize. In der Pareidolie zeigt sich vielmehr eine generelle Strategie unserer Wahrnehmungsprozesse.
Jedes Mal wenn wir etwas erleben, gleichen wir es ab mit bereits gemachten Erfahrungen. Sobald sie zur Deckung gebracht werden können, beginnen wir die Erfahrung zu einem Muster zu verdichten. Und je öfter dieses Muster bestätigt wird, desto stabiler wird es. Das ist der Grund, warum wir in Wolken oder Teppichmustern meist Gesichter sehen, denn Gesichter sind das visuelle Muster, das wir wohl am häufigsten abrufen.
Dass dieses Phänomen universell ist, wird z.B. durch die Art bestätigt, wie wir anderen Menschen begegnen. Auch hier rufen wir aus unserer Erfahrung Muster ab, mit denen wir versuchen, das Verhalten von uns unbekannten Personen vorherzusagen. Wir bilden unsere eigenen Typologien von Verhaltensweisen und Menschen. Teilen wir sie anderen mit, vollzieht sich die Überlagerung und Musterbildung erneut in der Kommunikation, die in gültigen Verallgemeinerungen, aber auch in Klischees und Vorurteilen enden kann.
Eine zunächst positive Strategie der Erkenntnis kann sich also schließlich in ihr Gegenteil verkehren und die kognitiven Muster können, anstatt zu helfen die Wirklichkeit schnell zu erfassen, die Wirklichkeit derart überlagern, dass sie eine unvoreingenommene Wahrnehmung verhindern.

Kehren wir aber zurück zu den evolutionären Wurzeln dieses Phänomens der Musterbildung, das uns helfen soll, Gefahren schnell zu erfassen. Denn wir können daraus auch einen anderen Aspekt der menschlichen Befindlichkeit ableiten: Wenn wir glauben, etwas klar erkennen zu können, fühlen wir uns sicher. Mit zunehmender Undeutlichkeit hingegen steigt unser Unsicherheitsgefühl. Das wiederum bestätigt eine praktische Regel der Narratologie: Spannend oder bedrohlich ist nicht das, was man weiß, und auch nicht das, von dem man keine Kenntnis hat, sondern das, was man erahnen kann. Es ist nicht die Dunkelheit an sich, die uns Angst macht, sondern vielmehr das, was in der Dunkelheit verborgen sein könnte.

Generell gilt: Sobald wir in unklare Situationen geraten, fühlen wir uns unsicher; Ambivalenz verunsichert uns ebenso sehr wie eine Zukunft, die nicht klar vorgezeichnet ist, sondern im Dunkeln liegt. Dieser Sachverhalt schlägt sich auch nieder in den metaphorischen Begriffen, die wir bilden. Wir sprechen vom Licht der Vernunft, wir bringen Licht in unklare Sachverhalte oder wir können jemanden hinters Licht führen. Zudem sind alle religiösen Heilsvorstellung auf das engste mit Lichtmetaphern verbunden.

Die Dunkelheit andererseits steht für Bedrohung und Tod. Menschen können geistig umnachtet sein, bei offenen Gerichtsprozessen besteht Verdunkelungsgefahr und im antiken Griechenland ging man nach dem Tod ins Schattenreich ein.

Hier wird bereits mehr als deutlich, dass die Menschen dazu neigen, die unfassliche ambivalente Gesamtheit der Wirklichkeit mit Hilfe von Polaritäten für sich zu ordnen: Licht und Dunkelheit, Ordnung und Chaos, Gut und Böse.

Die Geschichte wiederum zeigt uns, dass das Verlangen, die Welt nach klar benennbaren Polaritäten zu ordnen, stärker wird, je verunsicherter die Menschen werden. Die derzeitige Entwicklung der politische Weltlage spricht in diesem Zusammenhang für sich selbst. Je unsicherer die Situation, desto stärker werden  polarisierende Muster in die Ambivalenz der Welt projiziert und verhindern eine unvoreingenommene Wahrnehmung derselben.

Natürlich begegnet uns auch in der Kunst der Versuch, Muster aus der Welt herauszulesen und sie in visuelle Medien zu übersetzen. Das gilt für die gegenständliche genauso wie für fast alle abstrakte Kunst. Auch bei der Écriture automatique geht es um das Aufdecken von Mustern, die im Unbewussten verborgenen sind, und selbst die Action- und Drip-Paintings von Jackson Pollock, die sich für das Phänomen der Pareidolie geradezu aufdrängen, sollten den Gestus und Körperrhythmus des Künstlers abbilden, also ebenfalls ein Muster kenntlich machen.

Peter Schindler hingegen unternimmt in seinen neuen Arbeiten den Versuch, sich soweit wie möglich von jeder Gestaltungsabsicht zu lösen und mit seiner Malerei lediglich ein visuelles Substrat auf die Leinwand zu bringen, dass gezielt pareidolische Effekte provozieren soll, in dem es sich aller Eindeutigkeit entzieht.

Vor der Entstehung eines jeden Bildes steht jedoch die extreme Polarität von weißer Leinwand und dunkelstem Grau. Doch in der Art und Weise wie sie zusammengebracht werden, versucht Schindler bewusst weder augenscheinliche Strukturen mit Hell-Dunkel-Kontrasten zu erzeugen, noch eine bestimmte Komposition zu entwickeln. In dünn aufgetragenen, mitunter nur lasierenden Lagen und reduziertem Duktus werden die Leinwände vollständig bemalt, dabei entstehen dunkle, wolkige Strukturen verschiedenster Abtönung, ein schattenhaftes, amorphes Proto-Plasma aus dem vielfältigen Zusammenspiel von Schwarz und Weiß. Groß steht es uns gegenüber, ballt sich langsam zu uns vertrauten Formen, und bei längerer Betrachtung scheinen sogar Farben daraus hervorzutreten.
Die potenzielle Illusion eines Bildraum, der sich durch die fließenden Helligkeiten und den sichtbaren Pinselduktus aufdrängt, wird durch herabfließende Tropfen und andere Zufallsspuren gebrochen, wodurch Farbe und Bild ganz konkret als das hervortreten, was sie sind. Die von den Betrachter*innen unterstellte Absicht der Erzeugung einer Bildillusion wird dadurch unterwandert.

So werden wir einerseits dazu angeregt, in einen pareidolischen Prozess einzutreten und Dinge in die Bilder hinein zu sehen oder zu deuten, andererseits werden wir durch ihre konkret gemachte Oberfläche und die als Illusion erkannte Projektion von Farben in das farblose Grau-Spektrum darauf verwiesen, dass nur wir es sind, die versuchen einer verunsichernden Ambivalenz zu begegnen, indem wir eine Bedeutung generieren, die aber nicht im Bild angelegt ist.

Die Wahl der Farbe bzw. „Unfarbe“ Anthrazit ist dabei eine bewusste Setzung, die uns zu dem Kern der ursprünglichen Verunsicherung führt, nämlich zur Dunkelheit, in der unser Überlebensinstinkt versucht, mögliche Gefahren auszumachen.
Auch korrespondiert der Grad der Dunkelheit mit dem Moment der Dämmerung, in dem das Licht soweit gewichen ist, dass wir nur noch schwarz-weiß sehen können, um die jeweiligen Farben nur noch wissen und sie in das kaum noch Gesehene an der Schwelle zur vollständigen Finsternis hineindenken.
Bezüglich der amorphen Struktur der Grautöne drängen sich auch andere Assoziationen auf, die selbst bis zu einem gewissen Grad in dem Bereich Ambivalenz verharren: Sie erinnern uns an Qualm oder Gewitterwolken, beides sowohl bedrohliche Erscheinungen als auch selbst willkommene Matrizen für pareidolische Projektion.

Mit der bedrohlichen Ambivalenz und Dunkelheit korrespondiert auch das Format der Bilder. Zwar haben sie Proportionen, die am menschlichen Körper orientiert sind, doch sind sie eben um ein Stückchen zu groß und ragen ein wenig zu sehr über die menschlichen Dimensionen heraus. Wenn wir also etwas in der Dunkelheit auf ihnen erahnen, ist es sehr wahrscheinlich größer als wir und wirkt deshalb bedrohlicher.
Eine drastische, aber ebenfalls zulässige Interpretation von Größe und Format wäre, sie mit der Gestalt eines Grabes zu vergleichen. Damit wäre verwiesen auf die größte und unfassbarste Ungewissheit, die die Menschheit seit jeher verfolgt und antreibt: Den Tod.

Doch ist es nicht die Aufgabe der Bilder, uns zu einem bestimmten Bedeutungszusammenhang zu führen, da, wie bereits erwähnt, jede Gestaltungsabsicht vermieden werden soll. Vielmehr wird ein Rahmen geschaffen, der uns hilft die Angst und das Unbehagen, das wir angesichts von Ambivalenz und Dunkelheit empfinden, zu objektivieren und zu überwinden, in dem wir die Ambivalenz auch als Möglichkeit erkennen, konkret zu erleben, wie wir der Wirklichkeit aktiv mit unseren inneren Bildern begegnen - und das ohne befangen zu sein in einem System von Symbolen, gesellschaftlichen Übereinkünften oder Klischees, die sich mitteilen oder sich uns aufzwängen wollen.

Einen etwas anderen Ansatz verfolgt Peter Schindler in einer Serie von kleinformatigen Bildern. Ihnen gehen zahlreiche nächtliche Waldspaziergänge in weitgehender Dunkelheit und Depravation des visuellen Sinns voraus. Die dabei erlebten Wahrnehmungsereignisse sind wiederum pareidolische Projektionen. Sie werden ergänzt durch die uferlosen Geräuschen des Nachtwaldes und deren synästhetische Verarbeitung. Das, was in das Dunkel hineingesehen wird, wird also zusammengebracht mit dem, was die visuelle Vorstellungskraft aus den Umgebungsgeräuschen hervorbringt. Die Muster aus dieser Überlagerung hat Peter Schindler anschließend in die Bilder übertragen, die sich aber jeder Wiedererkennung entziehen, da sie nur einen vagen Eindruck von dem wiedergeben, was von einem spontan sich bildenden, vielschichtigen Wahrnehmungsgewebe in Erinnerung geblieben ist.
Außer dem Verweis auf synästhetische und pareidolische Effekte, bieten sie keine weiteren Anhaltspunkte, die sie der Ambivalenz entziehen könnten. Wiederum sind wir es, die wir mit unserem entsprechenden Verlangen nach Eindeutigkeit und unserer Neigung zur Überformung des Ungestalteten konfrontiert werden.

Auf einer dritten Bildergruppe tritt ein anderes Element hinzu, das sich der Verweigerung einer Gestaltungsabsicht bis zu einem gewissen Grad widersetzt:

Auf großen Formaten, die den anthropomorphen Bezugsrahmen wieder verlassen haben, erstrecken sich chaotische Liniengeflechte, schwarz auf dunkelgrau, darüber feine Gespinnste und Flecken von Graphit. Trotz der ersten Anmutung handelt es sich aber nicht um Écriture automatique oder Neurographische Zeichnungen. Den Liniennetzen liegen reale Vorbilder zugrunde, Dinge, die vom Menschen konstruiert worden sind, um feste Struktur und physiche Sicherheit zu gewährleisten: Es sind Bewehrungen von Stahlbeton, die bei Abrissen wieder aus ihrer Ummantelung herausgeschlagen worden sind.
Im Englischen heißt Beton concrete, das wie das deutsche Wort konkret, auf das lateinische Verb concrēscere zurückgeht, mit der Bedeutung: zusammenwachsen, sich verdichten, gerinnen, verhärten.
Wir sehen also etwas, das zur Stabilität unserer Lebenswirklichkeit verdichtet, geronnen und verhärtet ist, das sich nun aber in einem Auflösungsprozess befindet, in der Dekonstruktion. Es wird in einen chaotischen amorphen Zustand zurückgeführt und verliert dadurch die Form, die den von uns gespeicherten und wiedererkennbaren Mustern entspricht. Es will nicht erkannt sein, sondern fordert uns statt dessen wiederum ab, etwas Neues darin zu suchen, mittels unserer kreativen Wahrnehmung etwas Neues aus der Ambivalenz zu erschaffen.

Vielleicht können wir daraus sogar die Aufforderung lesen, unsere verhärteten Wahrnehmungsroutinen zu durchbrechen, um sie angesichts einer dann wieder unvoreingenommen rezipierten Wirklichkeit neu aufzubauen, ohne Angst vor ihrer Ambivalenz zu haben.

Doch auch diese Interpretation meinerseits bleibt nur eine Antwort, die ich auf die Fragen gebe, die uns die Bilder stellen. Und schließlich müssen wir, jede und jeder für sich, selbst die uns befragende Ambivalenz der Bilder beantworten.

© Dr. Thomas J. Piesbergen / VG Wort, Juni 2025





Samstag, 24. Mai 2025

Von eingefrorener und erodierender Gegenwart - Dr. Thomas Piesbergen zur Ausstellung Same/Same No.5 "Unaufgefallenes" von Elizaveta Ostapenko und Gerald Chors

(veröffentlicht im ArtZine "Same Same No.5", April 2025)


Die künstlerischen Positionen von Elizaveta Ostapenko und Gerald Cohrs scheinen auf den ersten Blick nur wenig miteinander gemein zu haben, ebenso unterschiedlich muten ihre Werkprozesse zunächst an. Betrachtet man sie jedoch im Detail, werden eine ganze Reihe von Übereinstimmungen sichtbar.

Zunächst ist beiden ein mehrstufiger Arbeitsprozess eigen, in dem verschiedene Techniken und Bildtransfers zum Einsatz kommen. Beide gehen aus von der Fotografie, die meist im Stadtraum entsteht. Ostapenko überträgt die Bilder in Malerei oder bearbeitet die Abzüge mit Übermalungen. Die so entstandenen Bilder werden manchmal Ausganspunkt für skulpturale Arbeiten, die als Bildmotive schließlich auch wieder in die Malerei überführt werden können. Cohrs hingegen überträgt seine Fotografien, die er meist mit abgelaufenem Polaroidmaterial macht, in Drucke.

Eine weitere Gemeinsamkeit der Arbeiten ist der selektive Blickt. In dem Werk von Elizaveta Ostapenko sind es vor allem die großflächigen monochromen Übermalungen, durch die die ausgesparten Fragmente inszeniert werden. Gerald Cohrs nutzt vor allem die zufälligen, aber bewusst eingebundenen Materialfehler, von denen das Motiv teilweise, und manchmal sogar ganz, ausgelöscht wird. Andererseits wird der Blick gelenkt durch den gezielten Einsatz eingeschränkter Tiefenschärfe. Durch diese Eingriffe wird die Konstruktion unserer Wahrnehmung sichtbar gemacht und in Frage gestellt - diese Konstruktion unserer visuellen Wirklichkeit, die permanent vorgenommen wird, die selbst aber durch die Allgegenwart der Zurschaustellung eines vorgeblich authentischen Alltags in den sozialen Medien völlig aus dem Bild verschwunden ist.
Dadurch geben Ostapenko und Cohrs auch die vermeintliche Objektivität der Fotografie auf zugunsten einer selbstbewussten Subjektivität des Blicks.

Elizaveta Ostapenko bedient sich auch des Mittels der Sammlung. Bei der Auswahl für konkrete Umsetzungen greift sie zurück auf einen großen Fundus an Bildern, die sich mitunter selbst zu Motivgruppen zu ordnen scheinen. Aus dieser Sammlung werden identitätsstiftende Motive herausgefiltert, wie z.B. eine Serie von Türmen, die ihr während ihres Studiums in Berlin als psychogeographische Orientierungspunkte gedient haben.

Die fragmentarischen Aussparungen auf den übermalten Bildern zeigen oft ephemere Dinge z.B. Müll, Dinge, die sich im Verfall befinden, oder Ensembles, die nur von kurzer Lebensdauer oder Ortsfestigkeit sind, wie Konfigurationen von Absperrbänder oder Verkehrshütchen. Dadurch wird das Thema des Übergangszustandes und der Vergänglichkeit einer nur vermeintlich stabilen Welt in Szene gesetzt.
Indem die Fragmente durch die Farbfelder isoliert und hervorgehoben werden, gewinnt man zugleich den Eindruck einer unmittelbaren Gegenwärtigkeit der einzelnen Wahrnehmung, so als wenn man einen Gegenstand im Vorbeigehen kurz und scharf fokussiert, und dann das Bild wie eingefroren im Gedächtnis behält, auch wenn man weiß, es ist nur ein Schnappschuss aus einer sich stetig wandelnden Welt.

Auch im Werk von Gerald Cohrs spielt die Zeit eine wichtige Rolle - und das auf verschiedenen Ebenen. Zunächst benutzt Cohrs analoges Material, das jedoch schon längst abgelaufen ist, also „seine Zeit hinter sich hat“. Vor allem bei den Polaroids führt das zu den genannten Verfremdungseffekten und Auslöschungen.
Die Motive sind meist alte Bauwerke, Gebäude, die ihre Funktion eingebüßt haben, wie z.B. Fernsehtürme, oder Häuser kurz vor ihrem Abriss. Die so entstehenden Bilder wirken wie Erinnerungen, die mit der Zeit überschrieben worden oder erodiert sind, womit die ewige Gegenwart der Dokumentation konterkariert wird.

Durch das Material ist Cohrs Arbeitsweise, im Vergleich zur heutigen Digitalfotografie, zudem ausgesprochen entschleunigt. Sie bringt sowohl lange Wartezeiten als auch Überraschungen mit sich, die nicht im Handumdrehen ungeschehen gemacht werden können durch unbegrenzt wiederbare Ablichtung des gleichen Motivs. Gleichzeitig bringen die Alterungserscheinungen des Materials mit sich, dass der Prozess der Bildentstehung Spuren hinterlässt. Es wird also etwas sichtbar gemacht, was man sonst nicht sehen kann: Während das Motiv nur bedingt abgebildet wird, wird durch die Evidenz der technischen Bildgenese eben diese dokumentiert. Es entsteht eine Art Meta-Fotografie, die sich deutlich absetzt von der allgegenwärtigen Digitalfotografie und deren ausgeblendetem Kontext, der durch diese Gegenposition zugleich ins Bewusstsein gerückt wird.

Beide, Elizaveta Ostapenko und Gerald Cohrs, suchen ihre Motive jeweils  im öffentlichen Raum, der auch immer ein politischer Raum ist. Sie bilden Gebäude ab, die aus stadtplanerischen Gründen umstritten sind; Türme, die, bis auf seltene Ausnahmen, immer auch Herrschaftszeichen sind, oder eine wichtige Funktion innerhalb von Herrschaftsstrukturen haben; Ephemeres, das als Kollateralschaden sozio-ökonomischer Machtstrukturen gelesen werden kann, oder Motive wie Landschaften, zusammengesetzt aus Fragmenten chinesischer Containerschiffe, die von globaler Handelsmacht zeugen. So widersetzen sich ihre Perspektiven auf unsere urbanen Kontexte nicht nur formal dem visuellen Mainstream, sondern bringen die widerspenstigen Pfade von Bildgenese und sichtbar gemachter Konstruktion zusammen mit Bildinhalten, die durch diese Art der Inszenierung kritisch kommentiert werden.

© Dr. Thomas Piesbergen / VG Wort, April 2025

Mittwoch, 14. Mai 2025

Schreibwerkstatt: Neuer Kurs ab dem 26. Mai 2025

 Liebe Literaturfreund*innen!

Am Montag, den 26. Mai 2025, startet die Schreibwerkstatt Das Textprojekt mit einem neuen Kursabschnitt: „Modul 2 - Die Textarbeit:  Eine Geschichte wird lebendig“. 

Neueinsteiger und Schreibanfänger sind ausdrücklich willkommen!

 Die inhaltlichen Schwerpunkte des Kurses sind:

 
- die Strukturierung von Texten
- der richtige Einsatz der unterschiedlichen Textarten
  (Beschreibung, akute Handlung, narrative Zusammenfassung, 
   narrative Schilderung, Innenschau, Dialoge etc.)
- Szenendramaturgie
- der richtige Umgang mit verschiedenen Perspektiven 
  (1. und 2. Person, Personal, Auktorial, Neutral)
- Rückblenden
- Varianten der narrativen Chronologie
- Zeitstufen des Erzählens

- Erzähltempo
- Überleitungen
- Resonanz
- metaphorische Ebenen
- sinnliche Elemente
 und andere Mittel und Handgriffe, um eine Geschichte zu einem lebendigen Leseerlebnis zu machen.



Leitung: Dr. Thomas Piesbergen

 
Kursdauer: 2 Monate (8 Doppelstunden)
Termin: Immer montags 19:30 - 21:30

Teilnahmegebühr: 200,- / 160,- € ermäßigt

Teilnehmerzahl: max. 10


Atelierhaus Breite Straße 70

(Hamburg - Altona, oberhalb des Fischmarkts)


 
Anmeldung: thomas.piesbergen (at) gmx.de
 

 

 

Sonntag, 9. Februar 2025

Schreibwerkstatt: Neuer Kurs ab dem 17. März 2025

 Liebe Literaturfreunde*innen!

Am 17. März 2025  beginnt ein neuer Kursabschnitt 1 der Schreibwerkstatt "Das Textprojekt".

Der Kursabschnitt 1 "Von der Idee zum ersten Entwurf" wendet sich vor allem an Schreibanfänger, aber auch an Schreibende, die ihre handwerklichen Fertigkeiten verbessern wollen.

Inhaltlich werden wir uns mit literarischen Grundkonflikten beschäftigen, mit der Gestaltung lebendiger Charaktere und dem Entwurf überzeugender und packender Handlungsverläufe und deren Struktur sowie allgemeinen dramaturgischen und handwerklichen Problemen.

Die Unterrichtseinheiten werden begleitet von Hausaufgaben, in denen die Teilnehmer die erlernten Techniken ausprobieren können - gerne auch im Rahmen eigener, bereits bestehender Projekte. Die so entstandenen Texte werden in der Gruppe besprochen. Alles darf, nichts muss...

Ich freue mich auf Eure Rückmeldungen unter: thomas.piesbergen (at) gmx.de

Aus dem Inhalt:

• Was sind eigentlich Geschichten?
• Authentizität und Fiktion
• Schreibmethoden
• Literarische Themen
• Charaktere: Protagonist, Antagonist, Dritte Kraft
• Charaktertiefe
• Innerer Konflikt und Transformation
• A-, B- und C-Story
• Charakterisierung
• Konfrontationen
• Dramaturgie des Handlungsverlaufs
• Struktur: Story Arcs, Szenen, Spiegelungen, Schwellen, Motive
• Multiple Handlungsstränge
• Worldbuilding
• Das Setting: Zeit und Ort der Handlung
• Schauplätze
• Schreibhemmungen

Kursgebühr: 200,- / ermäßigt 160,- // Breite Straße 70 (Hamburg-Altona) max. 10 Teilnehmer // 8 Doppelstunden

ACHTUNG: Kursgebühren auf dem Flyer sind nicht korrekt! Sie betragen 200,- / 160,-